100-Millionen-Durchbruch? Bayern im Kane-Poker vor dem Ziel

Gibt Harry Kane dem FC Bayern wirklich sein Ja-Wort? Im Transferpoker um den englischen Starstürmer ist den Münchnern nach monatelangen Spekulationen angeblich der Durchbruch gelungen.

Die Münchner haben sich übereinstimmenden Medienberichten zufolge mit Tottenham Hotspur und dessen knallhartem Clubboss Daniel Levy auf einen Wechsel Kanes geeinigt. Aber will der Goalgetter nach zähem Warten noch wechseln?

Tottenham lässt Kane ziehen – doch will er?

Nach Informationen von «The Athletic» hat Kane einem Wechsel zum FC Bayern München zugestimmt und sich mit dem deutschen Rekordmeister auch auf die Details eines Transfers verständigt. Das berichtete das Online-Portal am frühen Morgen ohne Angabe von Quellen.

Kane wartet laut «The Athletic» nun auf das grüne Licht für die Reise zum Medizincheck nach München. Der Stürmerstar ist seit Wochen Wunschtransfer des FC Bayern und wäre mit einer erwarteten Ablöse von mehr als 100 Millionen Euro der Rekordzugang der Bundesliga. 

Sky Sports in England hatte am Donnerstag ohne Nennung einer Quelle berichtet, es sehe «immer wahrscheinlicher» so aus, als ob Kane diese Saison doch bei Tottenham Hotspur bleiben wolle. Sky berichtete nun aber, Kane stehe zu seiner mündlichen Zusage zum FC Bayern München zu wechseln. Der TV-Sender Sky in Deutschland schrieb, dass der Kapitän der englischen Nationalmannschaft trotz der angeblich mündlichen Einigung mit den Münchnern zögere. Auch hierfür wurde keine Quelle genannt. Kanes Entscheidung liege im Moment bei «50/50».

Konflikt: Beraterhonorare

Laut «Bild» gebe es noch ein finanzielles Problem zu lösen. Dabei soll es auch um Berater-Honorare gehen. Beraten wird der Topstürmer unter anderem von seinem Vater Pat und seinem Bruder Charlie. Deshalb sollen die Bayern-Bosse laut «Bild» noch mal Gespräche mit der Kane-Familie und Tottenham gesucht haben. 

Transferfenster eröffnen auch immer wieder den Blick auf die Aufgeregtheit einer Branche. Und mitunter kommt es auch zu überraschenden Wendungen – etwa auch im Fall Kane?

Kaderlücke schließen

Die Bayern würden mit seiner Verpflichtung die größte Baustelle ihres Kaders schließen. Der Rekordtorschütze der englischen Nationalmannschaft würde zum teuersten Zugang der Bundesliga aufsteigen. Bisheriger Rekordhalter war der Franzose Lucas Hernández, den der FC Bayern 2019 für 80 Millionen Euro von Atlético Madrid verpflichtet hatte. Der Linksverteidiger wurde in diesem Sommer aber für angeblich rund 50 Millionen Euro inklusive Boni an Paris Saint-Germain abgegeben.

Kane würde beim FC Bayern auch absehbar zum Topverdiener aufsteigen und einen wichtigen Platz in der Hierarchie neben dem derzeit verletzten Nationaltorwart Manuel Neuer, dem längst nicht mehr unantastbaren Offensiv-Allrounder Thomas Müller und dem Mittelfeldantreiber Joshua Kimmich einnehmen.

Klarheit vor Start der Premier League

Noch ist aber der bajuwarische Wunschspieler am Zug. Kane wollte angeblich noch möglichst vor dem Premier-League-Start an diesem Wochenende Klarheit über seine Zukunft haben. Dafür kann er nach intensiven Verhandlungsrunden – zwischen Vertretern des FC Bayern und von Tottenham – sowie angeblich mehrfach nachgebesserten Münchner Angeboten – nun selber sorgen. Kane und die Bayern sollen sich schon länger einig gewesen sein. Zuletzt kamen jedoch Berichte aus England auf, dass der Stürmer gut mit dem neuen Spurs-Trainer Ange Postecoglou harmoniere. Hat Kane das Warten auf einen Wechsel zum FC Bayern in diesem Sommer einfach satt?

Einen Fall Kyle Walker wollen die Münchner vermeiden. Der FC Bayern soll sich mit Kanes Nationalmannschaftskollegen mündlich schon einig gewesen sein, ehe sich der Außenverteidiger dann doch für einen Verbleib bei Pep Guardiolas Manchester City entschied. Droht so ein Szenario nun wieder?

Kane hat in Tottenham noch einen Vertrag bis zum Sommer 2024. Die Spurs, allen voran Club-Besitzer Joe Lewis, sind aber nicht bereit, ihren Starstürmer ablösefrei zu verlieren. Lewis hatte daher einen sofortigen Verkauf von Kane gefordert, falls dieser sich weigere, ein neues Arbeitspapier in London zu unterzeichnen. Clubboss Levy, dem sein Ruf als unerbittlicher Verhandler vorauseilt, war nun am Zug.

Nach dem Abschied von Goalgetter Robert Lewandowski im Sommer 2022 hätten die Münchner mit Kane wieder einen Neuner von Weltklasse-Format – und einen internationalen Prestige-Wumms. Kane mache «auf jeden Fall» den Unterschied aus und er «macht dich gleich zu einem Favoriten auf den Titel, wenn er sich schnell zurechtfindet», befand Englands Fußball-Legende Gary Lineker in einem Interview der «Sport Bild» und sprach dabei von den Chancen des FC Bayern auf den Gewinn der Champions League.

Weltklasseniveau

Kane liefert seit Jahren – und wie. Allein in der vergangenen Spielzeit kam er in 38 Partien der Premier League auf 30 Treffer, nur Erling Haaland (36 Tore) von Meister Manchester City war besser. Allerdings spielt Kane für Tottenham und damit in einer deutlich schwächer besetzten Mannschaft.

Mit insgesamt 213 Toren steht er in der ewigen Liste der besten Premier-League-Torschützen nur noch hinter Alan Shearer (260). Auch im Nationalteam trifft der Rekordtorschütze verlässlich. Und es ist genau diese Verlässlichkeit, die ihn für die Bayern unter anderem interessant gemacht hat.

Münchens Coach Thomas Tuchel kennt die Qualitäten Kanes bestens, der Fußball-Lehrer arbeitete früher selbst in England als Trainer des FC Chelsea in London. Die Verpflichtung des Wunschspielers würde auch bei Tuchel vor dem Pflichtspielstart der Münchner mit dem Supercup am Samstag gegen RB Leipzig für Erleichterung sorgen. Sofern es nicht doch zu einer irren Wendung kommt.

Martin Moravec, Jordan Raza und Nils Bastek, dpa