Niederlagen in der NHL ist Leon Draisaitl in dieser Saison nicht gewohnt. Das unerwartete 2:4 bei den Detroit Red Wings war erst die zweite Pleite der Saison für die Edmonton Oilers – und erst das zweite Spiel ohne Torbeteiligung von Deutschlands Sportler des Jahres.
Weil Moritz Seider mit dem zweiten NHL-Treffer seiner Karriere den Endstand herstellte, traf zwar ein Deutscher, doch die Laune Draisaitls war deswegen natürlich trotzdem nicht gut. Dabei läuft es für den Kölner in dieser Saison grundsätzlich wie erhofft. Nach elf Saisonspielen kommt er auf zehn Treffer, nur Superstar Alexander Owetschkin hat noch ein Tor mehr. Viel wichtiger aber: Sein Team wirkt endlich wie ein Titelkandidat.
Vor dem ersten von fünf Auswärtsspielen in Serie hatten die Oilers neun von zehn Spielen gewonnen und waren damit so gut in eine Saison gestartet wie noch nie in ihrer Geschichte. «In dieser Liga spielt Selbstvertrauen eine große Rolle und wir haben derzeit viele Jungs, die großes Selbstvertrauen haben», hatte Draisaitl vor der Partie in Detroit berichtet.
NHL-Topscorer
Er selbst kommt auf 23 Scorer-Punkte, niemand in der NHL hat mehr. Auf ähnlichem Niveau spielt derzeit nur noch Owetschkin von den Washington Capitals, der in der ewigen NHL-Torjägerliste nur noch drei andere Profis vor sich hat – und Draisaitls Teamkollege Connor McDavid. Dass die beiden besten Angreifer der besten Eishockey-Liga der Welt in einem Team stehen, ist nicht neu. Dass die Oilers um sie herum aber genug Mitspieler haben, die dem Team insgesamt genug Qualität geben, um richtig konkurrenzfähig zu sein, dagegen schon. «Ich glaube, dass jetzt unsere Zeit gekommen ist», sagte der 26 Jahre alte Weltklasse-Stürmer schon vor dem Saisonstart. «Ich denke, dass wir jetzt auch die Mannschaft dafür haben. Jetzt liegt es an uns.»
Dass er selbst und McDavid es alleine nicht richten können, haben die Oilers immer wieder aufs Neue bitter erfahren müssen. In der vergangenen Saison etwa war bereits in der ersten Runde der Playoffs Schluss, nach vier Niederlagen in Serie gegen die Winnipeg Jets. Im Jahr zuvor in der Anti-Corona-Blase hätten die Oilers alle Playoff-Spiele bis zum Stanley-Cup-Finale in der eigenen Eishalle haben können – und scheiterten in der Qualifikationsrunde an den Chicago Blackhawks. Draisaitl wurde für seine Saison vor zwei Jahren mit persönlichen Auszeichnungen überhäuft und als erster Deutscher zum wertvollsten Spieler der Hauptrunde gewählt. Doch bei aller Freude: Der Frust über eine weitere verpasste Chance saß tiefer.
«Wenn unser Plan wäre, einfach mehr Tore zu schießen, als wir Fehler machen, dann würden wir nicht viele Spiele gewinnen. Wir reden auch viel übers Verteidigen», sagte Oilers-Trainer Dave Tippett vor dem Spiel in Detroit. «Klar, es gibt diese Abende, wo du einfach siehst, was sie machen und dir denkst: Das ist großartig. Aber einfach unsere Fehler übertreffen zu wollen, reicht nicht.» Gegen die sich im Aufbau befindende Mannschaft um Seider wurden die Oilers schmerzhaft daran erinnert. Mehr als ein Kratzer und ein Weckruf sollte die verdiente Niederlage nach dem starken Start aber erst mal nicht sein.