Werder erkämpft Unentschieden gegen Schalke

Wenige Stunden nach dem Rücktritt von Trainer Markus Anfang hat Werder Bremen zumindest einen weiteren sportlichen Rückschlag verhindert.

Im Topspiel der 2. Fußball-Bundesliga erkämpften sich die Grün-Weißen am Samstagabend gegen den FC Schalke 04 ein verdientes 1:1 (0:0) und zeigten ungeachtet der Turbulenzen um die Impfpass-Affäre ihres bisherigen Chefcoaches eine beherzte Leistung.

Niclas Füllkrug verwandelte in der Nachspielzeit nach Videobeweis einen höchst umstrittenen Strafstoß zum 1:1. «Der Elfmeter war heute eine absolute Frechheit, wie ich sie noch nie erlebt habe. Aber den Leuten ist das egal», sagte Schalkes Trainer Dimitrios Grammozis zu der Entscheidung von Schiedsrichter Tobias Stieler nach dem Duell zwischen Schalkes Henning Matriciani und Bremens Roger Assalé.

Zuvor hatte Simon Terodde die Gäste vor 42.100 Zuschauern im ausverkauften Weserstadion in der 82. Minute in Führung gebracht. Terodde ist damit nun mit 154 Toren alleiniger Rekordtorschütze der Zweiten Liga.

«Ich muss der Mannschaft ein Kompliment machen, weil wir über die ganze Zeit einen geilen Kampf geliefert haben», sagte Bremens Stürmer Marvin Ducksch im Sky-Interview. Von der Unruhe um den Trainer habe sich das Team nicht aus dem Konzept bringen lassen. «Da sieht man, was für eine Truppe wir sind, wie wir zusammenhalten», meinte Ducksch.

Anfang war am Vormittag zusammen mit seinem Co-Trainer Florian Junge zurückgetreten. Das Duo reagierte damit auf die gegen sie derzeit laufenden staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen wegen vermeintlich gefälschter Impfzertifikate. Beide kamen mit dem Rücktritt einer Freistellung zuvor. Stattdessen betreute Danjiel Zenkovic das Team. Sport-Geschäftsführer Frank Baumann kündigte an, zeitnah einen neuen Coach präsentieren zu wollen.

Anfang hat die Vorwürfe bislang zurückgewiesen. Trotzdem entschied er sich nun für einen Rücktritt, ansonsten hätte wohl der Verein reagiert. «Der Vorwurf, der im Raum steht, ist massiv», sagte Werder-Geschäftsführer Frank Baumann am Samstag in einem auf der Club-Homepage veröffentlichten Interview.

«Ausschlaggebend war, dass wir am Freitagabend noch einmal Besuch von der Polizei im Weserstadion hatten. Dort wurde uns eine sehr klare Indizienlage übermittelt», sagte Baumanns Geschäftsführer-Kollege Klaus Filbry am Samstagabend in einer Medienrunde im Weserstadion. «Wir hätten uns aufgrund der Indizienlage natürlich auch mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen auseinandergesetzt. Erst einmal mit dem Thema Beurlaubung, aber dann eventuell auch mit einer Verdachtskündigung.» Durch Anfangs Rücktritt ist das nun nicht nötig. Der Vertrag wurde mit sofortiger Wirkung aufgelöst, Anfang bezieht ab sofort kein Gehalt mehr.

Die Staatsanwaltschaft Bremen hat mittlerweile den Impfpass von Anfang beschlagnahmt. «Inwieweit der Impfausweis tatsächlich falsch ist, das werden wir zeitnah klären können», sagte Staatsanwalt Frank Passade am Samstag der Deutschen Presse-Agentur. Zuerst hatten Radio Bremen und danach die «Deichstube» über die Beschlagnahme der Impfpässe berichtet. Eine Durchsuchung war aber nicht notwendig. Anfang hätte wie auch Co-Trainer Florian Junge kooperiert, hieß es vom Staatsanwalt.

Anfang äußerte sich nur knapp in der Werder-Mitteilung. «Ich habe aufgrund der inzwischen extrem belastenden Lage für den Verein, die Mannschaft, meine Familie und auch mich selbst entschieden, dass ich meine Aufgabe als Cheftrainer von Werder Bremen mit sofortiger Wirkung beende.»

Außer Anfang erklärte auch dessen Co-Trainer Junge seinen Rücktritt. Gegen den 35 Jahre alten Anfang-Assistenten gibt es ebenfalls staatsanwaltschaftliche Ermittlungen. Auch bei Junge soll es Unregelmäßigkeiten mit dem Impfpass geben.

Anfang hatte den Cheftrainerposten in Bremen erst im Sommer übernommen und sollte bei den Grün-Weißen nach dem ersten Abstieg seit 41 Jahren den Wiederaufbau einleiten und nach Möglichkeit den sofortigen Wiederaufstieg schaffen. Nach 13 Spielen liegt Werder auf Rang acht.

Werder-Geschäftsführer Baumann muss sich nun wieder auf die Suche nach einem neuen Trainer machen. «Natürlich ist es unser Wunsch, dass wir eine schnelle Lösung finden, aber es ist auch wichtig, dass wir den richtigen finden», sagte Baumann. «Das kann auch ein paar Tage dauern.» Ein Kandidat soll Ole Werner sein, der vor einigen Wochen bei Holstein Kiel zurückgetreten war und schon im Sommer ein Kandidat war.

Von Lars Reinefeld, dpa