Darts-Profi Hopp: «Social Media ist so eine Scheinwelt»

Max Hopp sitzt im Auto. Nach der verpassten Qualifikation für die Darts-WM hat der einstige deutsche Hoffnungsträger am Ende einer Frustsaison plötzlich viel Zeit.

Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht Hopp über seine Niederlagen, den 16 Jahre jungen Fabian Schmutzler, Anfeindungen gegen seine Person und wie er aus dem sportlichen Tief wieder herauskommen will.

Wie fällt Ihre Bilanz für 2021 aus?

Max Hopp: Ich würde sagen, das ist die schlechteste Saison meiner Karriere. Sowohl von den Resultaten als auch von der Spielweise her. Ich gewinne aber trotzdem etwas, ich gewinne Zeit. Zeit, mich aufs neue Jahr vorzubereiten. Ich gewinne die Zeit, die ich nicht bei der WM bin.

Sie waren die deutsche Nummer eins und haben es nun nicht unter die 96 WM-Starter geschafft. Was ist schiefgelaufen?

Hopp: Es gibt ja ein bekanntes und schönes Interview, in dem es heißt: ‚Woran hatt et denn jelegen?‘ Das sind natürlich Fragen, die kann ich nicht aus dem Stegreif beantworten. Fakt ist, dass ich derzeit nicht gut Darts spiele. Dass ich keine Resultate an die Scheibe bringe. Für mich steht auch fest, dass ich das ändern muss.

Was macht Mut?

Hopp: Ich glaube, dass ich Darts spielen kann habe ich schon bewiesen. Ich denke oft an meinen 119er Average gegen Ian White. Das ist bis heute das beste Spiel meiner Karriere. Das schaue ich mir oft auf Youtube an. Da frage ich mich: was ist da gut gelaufen? Ich hatte damals schon eine gewisse Konstanz. Auch heute habe ich noch lichte Momente, die machen mir Mut. Ich weiß, was ich kann. Um es mit Autos zu vergleichen: Ich weiß, dass ich PS habe – ich kriege sie nur nicht auf die Straße.

Trotz ihres Fehlens sind bei der WM in London vier Deutsche dabei. Sehen Sie das als positive Entwicklung?

Hopp: Das ist definitiv eine positive Entwicklung. Martin Schindler hat ein Riesencomeback gestartet und spielt wohl die Darts seines Lebens. Es freut mich, dass diese Entwicklung jetzt endlich stattfindet. Man darf nicht vergessen, was wir für ein Luxusproblem haben: wir haben vier WM-Starter, meine Wenigkeit und dazu auch Nico Kurz. Das heißt, wir haben schon viele konkurrenzfähige Spieler. Es sind bei jedem Turnier ein bis zwei Profis dabei, die mitmischen können. Das spricht für die Entwicklung. Klar, es hat gedauert, aber man merkt, dass viele gute junge Spieler nachkommen. Spieler wie einen Florian Hempel hat man gar nicht auf der Rechnung gehabt. Das ist schön zu sehen.

Fabian Schmutzler debütiert nun mit 16 Jahren in London.

Hopp: Das ist natürlich die Geschichte schlechthin. Ich habe ihn lustigerweise kürzlich erst kennengelernt und fand es bemerkenswert, dass er eine Woche nach der geschafften WM-Qualifikation ein hessisches Ranglistenturnier in einer stinknormalen Turnhalle spielt. Wir haben uns alle miteinander kurz ausgetauscht. Seine Mutter hat gesagt: Egal, was kommt, ich stelle mich vor meinen Sohn. Er hat ein gutes Umfeld. Ich bin sehr gespannt, wie er sich schlägt. Er ist ein Riesentalent und ich hoffe, er kann das alles gut wegstecken.

Sie selbst waren auch mit 16 bereits bei der WM. Was können Sie Schmutzler raten?

Hopp: Ich möchte ihm da konkret nichts raten, schon gar nicht über den öffentlichen Weg. Sowohl er als auch seine Mama haben meine Nummer, ich stehe jederzeit gerne zur Verfügung. Ich habe gesagt: Meldet Euch, wenn ihr irgendetwas wissen wollt. Ich habe es mir abgewöhnt, sowas über den öffentlichen Weg zu kommunizieren.

In den Sozialen Medien werden Sie immer wieder attackiert und beleidigt. Steckt man das weg oder beschäftigt Sie das?

Hopp: Das geht mir schon nah. Ich selbst bin es ja gewohnt. Ich finde es oft schade, dass da auch meine Familienmitglieder betroffen sind, bei mir zum Beispiel mein Cousin, der dann in der Schule gemobbt wird. Dass es gegen den Namen Hopp in Deutschland einen Hass gibt, kennen wir ja vom Fußball. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich das überträgt. Ich finde es schade, dass der Name so ein Feindbild erzeugt, zumal ich mit Dietmar Hopp in absolut keinem Verhältnis stehe. Mich lässt es nicht kalt, ich finde es einfach schade. Wir sind eine sehr demotivierende Gesellschaft. Es gibt zwei Extreme. Entweder du bist der Depp – oder gleich der Superheld.

In einer Zeit, in der Sie die deutsche Nummer eins waren, haben Sie sich sehr selbstbewusst geäußert. War das ein Fehler?

Hopp: Natürlich kann ich offen und ehrlich sagen: Als ich in der Position eins in Deutschland war, habe ich natürlich viel zum Hype beigetragen. Es ist nicht so, dass ich mich versteckt habe und immer nur tiefgestapelt habe. Ich habe schon mal Sprüche geklopft, weil es natürlich auch einen Vorteil neben dem Darts haben kann, wenn du eine gewisse Plattform hast. Ich habe schon mal deutlichere Aussagen getroffen und Erwartungen geschürt.

War das der Rolle geschuldet oder ist das Ihr Naturell?

Hopp: Das kann man kurz fassen: das war eher der ‚Maximiser‘. Max Hopp privat ist eine ganz andere Person. Ich bin ein ganz normaler Junge aus einer Kleinstadt in Hessen. Du kommst in so eine Showman-Rolle. Auch Peter Wright ist nicht der Peter Wright, den er auf der Bühne verkauft. Wir sind irgendwo Charaktere, jeder verkauft sich anders. Ich finde, dass ich nie groß polarisiert habe wie Gerwyn Price oder Wright. Aber einen Tick offensiver als manch anderer habe ich mich schon geäußert.

Wie würden Sie ihr eigenes Social-Media-Verhalten beschreiben?

Hopp: Social Media kann man abgeben, ich mache das selbst. Ich kriege natürlich auch die Reaktionen mit. Der Mann hinter dem Handy ist Max. Es ist schade, was ich da manchmal lesen muss. Die Fanpost holt mein Vater und dann wird da gefiltert. Was man da für Anfeindungen und Drohungen kriegt, das ist jenseits von Gut und Böse. Privat – für mich selbst – brauche ich gar kein Social Media. Das ist so eine Scheinwelt. Deshalb gibt es nur das offizielle Profil. Für mein Privatleben hat Social Media keine Bedeutung.

Wie kann der Weg wieder nach oben führen?

Hopp: Ich bin erst 25 geworden. Ich glaube, für mich ist es wichtig, dass ich vieles beiseite lege und mich neu ausrichte und neu fokussiere und dann sportlich wieder glänze. Das ist das, was ich will: sportlichen Erfolg. Ich möchte konkurrenzfähig sein und Erfolg haben. So ein Jahr wie 2018, da möchte ich wieder hin. Wie weit die Reise dann geht, da war ich damals vielleicht einen Schritt zu weit und habe mich vom Hype anstecken lassen. 25 ist im Darts noch kein Alter. Theoretisch habe ich noch viele, viele Jahre. Es geht darum, jetzt die richtigen Akzente zu setzen.

Zur Person: Max Hopp (25) war über einige Jahre Deutschlands bester Darts-Spieler. Nun wurde er von Gabriel Clemens abgelöst. In diesem Jahr ist er zum ersten Mal seit 2018 nicht für die Weltmeisterschaft in London qualifiziert.

Interview: Patrick Reichardt, dpa