Flick: Bayern-Beispiel eine Katar-Warnung – Kracher im März

Der FC Bayern München ist für Hansi Flick in der heiklen Katar-Frage ein warnendes Beispiel.

Vor seiner in der kommenden Woche anstehenden Inspektionsreise samt Quartiersuche mit DFB-Direktor Oliver Bierhoff ins WM-Gastgeberland sieht der Bundestrainer daher sich selbst und die Fußball-Nationalspieler in einer großen Verantwortung. Mit dem Thema Menschenrechte im Emirat am Golf muss in den kommenden zwölf Monaten richtig umgegangen werden.

«Bayern München hat gezeigt, dass man das Ganze sehr ernst nehmen muss. Ich denke, auch unsere Fans wollen von uns eine klare Stellungnahme da haben», spielte Flick in einem «Sportstudio»-Interview des ZDF auf die wegen des umstrittenen Katar-Engagements jüngst turbulent verlaufene Jahreshauptversammlung seines früheren Arbeitgebers an.

Schulung für Nationalspieler

Flick wird sich nicht hinter dem erhofften WM-Triumph als sportlichem Großauftrag verstecken können. Das ist dem 56-Jährigen schon jetzt völlig klar. «Das sind Dinge, die wir sehr ernst nehmen. Ich habe auch gesagt, dass wir uns die Zeit nehmen, uns intensiv auch damit zu beschäftigen, zu informieren», versprach der Bundestrainer eine gründliche Auseinandersetzung mit der politischen und gesellschaftlichen Lage am Persischen Golf.

Bierhoff kündigte für den nächsten Länderspieltermin im März 2022 schon eine Katar-Schulung für die Profis an. «Wir wünschen uns mündige Spieler, die auch über den Sport hinaus gut informiert sind», sagte er. Die Nationalspieler um Manuel Neuer und Thomas Müller sieht Flick gut vorbereitet. Die Mannschaft sei «sehr reflektiert», meinte der DFB-Chefcoach. Bierhoff hatte zuvor in einem Interview von RTL und ntv schon die Bedeutung klar gemacht: «Das Thema wird uns das ganze Jahr 2022 begleiten, und wir müssen uns damit auseinandersetzen, das tun wir auch schon.»

WM-Quartier soll soziale Kriterien erfüllen

Wenn Flick und Bierhoff von kommenden Montag bis Freitag im Emirat nach einem geeigneten WM-Hotel mit möglichst nahem Trainingsgelände schauen, steht das Thema Menschenrechte auf der Agenda. «Es wird nicht reichen, allein zu schauen, welches Quartier die besten Bedingungen für den sportlichen Erfolg bietet. Wir wollen anhand von Gesprächen, Analysen und Vereinbarungen sicherstellen, dass unsere Geschäftspartner und Dienstleister vor Ort sich zur Einhaltung menschen- und arbeitsrechtlicher Standards bekennen und dies auch dokumentieren», sagte der DFB-Direktor in einem Interview auf der Verbandshomepage.

Kontakt zu Human Rights Watch oder Amnesty International bestehe schon. Auch die laufende Diskussion um die Olympischen Winterspiele in Peking und die politischen Verhältnisse dort verfolge man genau. «Wir wollen nicht blind reinlaufen», sagte Bierhoff dem «Kicker» und «Sportbuzzer».

Kracher zum Test-Auftakt

Ein klares Bild für die sportliche Vorbereitung soll nach der Auslosung zur Nations League am kommenden Donnerstag (18.00 Uhr), die Flick und Bierhoff noch aus Katar verfolgen, möglich sein. Und Flick konkretisierte das Kracher-Versprechen für den Test-Auftakt im März. «Es ist so, wir haben eine Anfrage von England, wir haben Anfragen von Holland und Spanien. Da werden wir gegen eine Mannschaft spielen», sagte der Bundestrainer.

Die endgültige Entscheidung über den Kontrahenten sowie den Spielort und Spieltag Ende März ist erst nach der digitalen UEFA-Loszeremonie in Nyon möglich. Spanien und England sind mögliche Kontrahenten der DFB-Elf im Juni und September 2022 in der Nations League und würden als solche für einen zusätzlichen Test nicht infrage kommen. Die Niederlande ist hingegen im gleichen Lostopf wie Deutschland und würde wohl den Testzuschlag bekommen, wenn die DFB-Elf tatsächlich eine Hammergruppe mit Spanien und England zugelost bekäme.

Für den Heimspielauftakt am 26. März 2022 in Sinsheim wünscht sich Flick mit Blick auf die WM-Vorbereitung einen nichteuropäischen Gegner. Laut «Kicker» ist Südafrika der Kandidat. Der WM-Gastgeber von 2010 hat die Katar-Teilnahme schon verpasst und ist daher im Gegensatz zu anderen afrikanischen Top-Teams oder den Südamerika-Größen wie Brasilien oder Argentinien verfügbar, die ihre Qualifikationsrunde im März noch zu Ende spielen müssen.

Von Arne Richter, dpa