Nach «Ängsten und Bedenken»: Kimmich kündigt Impfwende an

Fußball-Nationalspieler Joshua Kimmich will sich nach emotionalen Debatten und einer Corona-Infektion nun doch impfen lassen. Der 26-Jährige bedauert inzwischen, sich nicht früher zu dem Piks entschlossen zu haben.

«Generell war es für mich einfach schwierig mit meinen Ängsten und Bedenken umzugehen, deshalb war ich auch so lange unentschlossen», sagte der Mittelfeldchef des FC Bayern in einem am Sonntag veröffentlichten ZDF-Interview. Ein «Ja» von Kimmich und seine Impfwende könnten auch eine öffentliche Signalwirkung in der Impffrage zur Folge haben. Rund 70 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind vollständig geimpft.

Das Impfzaudern von Kimmich hatte viel Kritik für den schon seit über einen Monat ausgebremsten Nationalspieler zur Folge gehabt und den Familienvater sehr beschäftigt. «Das geht an keinem Menschen spurlos vorbei», sagte Trainer Julian Nagelsmann und versicherte. «Er kommt stark zurück.» Das wird aber noch einige Wochen dauern, weil Kimmich trotz leichten Verlaufs noch Probleme mit der Lunge hat.

Nachdem der kürzlich geimpfte Nationalmannschaftskollege Jamal Musiala als Matchwinner beim 2:1 gegen den FSV Mainz Trainer Nagelsmann den 100. Sieg in der Fußball-Bundesliga geschenkt hatte, vergrößert Kimmichs Ankündigung die Münchner Hoffnung auf weniger Corona-Turbulenzen im kommenden Jahr weiter. Der praktisch als Herbstmeister feststehende FC Bayern war in den vergangenen Wochen wiederholt von Ausfällen ungeimpfter Corona-Kontaktpersonen betroffen. Dazu infizierten sich Profis. Zuletzt traf es Kimmich, der vor seiner Infektion zweimal als Kontaktperson in Quarantäne musste.

Den Rückkehrplan bekräftigte auch Mannschaftsarzt Roland Schmidt. Kimmich werde nach derzeitigem Stand wieder voll belastbar sein, sagte der Mediziner dem «Kicker». Mit «Beginn der Rückrunde», die der FC Bayern am 7. Januar gegen Borussia Mönchengladbach startet, könne Kimmich wieder ins Teamtraining einsteigen.

Auch Musiala geimpft

Nagelsmann verkündet vor dem Kimmich-Vorstoß, dass der 18-jährige Musiala im Kampf gegen die Pandemie ebenfalls den Empfehlungen der Mediziner gefolgt ist. «Ich freue mich darüber, dass er jetzt geimpft ist und dass wir dann hoffentlich in der Rückrunde keine Probleme haben werden», sagte Nagelsmann. Kürzlich war bereits die Nachricht einer Impfung von Serge Gnabry an den Bayern-Coach herangetragen worden, diese ist aber noch nicht bestätigt. «Sollte es der Fall sein, dann freue ich mich darüber, dann ist es ein erster Schritt», hatte Nagelsmann gesagt.

Wie Kimmich hat auch Gnabry eine Corona-Infektion hinter sich. Die Ständige Impfkommission empfiehlt für immungesunde Personen, die eine Infektion durchgemacht haben, zunächst die Verabreichung einer Impfstoffdosis. In der Regel soll die Impfung sechs Monate nach der Erkrankung erfolgen, frühestens jedoch vier Wochen nach Ende der Covid-19-Symptome. Später soll dann eine Auffrischungsimpfung erfolgen. Gnabrys Infektion liegt schon mehr als ein halbes Jahr zurück.

Leichte Infiltrationen in der Lunge

Bundestrainer Hansi Flick wird sich wenige Wochen vor dem Start in das WM-Jahr über die Impfnachrichten seines DFB-Trios freuen. Der Nationalcoach hatte bereits durchblicken lassen, dass Kimmichs «Tendenz» zu einer Impfung gegen das Coronavirus gehe. Die eigene Erkrankung dürfte Kimmichs Kalkül weiter beeinflusst haben. Wegen leichten Infiltrationen in der Lunge kann der Schlüsselspieler für die DFB- und Bayern-Elf aktuell noch nicht voll trainieren. Das gilt auch für den Münchner Kollegen Eric-Maxim Choupo-Moting, der sich wie Kimmich mit dem Virus infiziert hatte.

Kimmich, der zusammen mit Leon Goretzka die Hilfsinitiative «We Kick Corona» gründete, hatte sein Impfzaudern mit «ein paar Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht» erklärt. Vielen Experten zufolge sind solche langfristigen Nachwirkungen bei Impfungen gegen Covid-19 aber ausgeschlossen. Neben Kimmich waren bis vor einigen Wochen noch vier weitere Profis des FC Bayern ungeimpft.

Deutlich mehr als 90 Prozent der Spieler geimpft

Kimmichs Umdenken wurde auf politischer Ebene begrüßt. «Es ist eine gute Entscheidung», schrieb die neue Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) bei Twitter. «Als Fußballprofi und Nationalspieler ist er für viel Menschen Vorbild. Mehr Impfungen sind der Weg aus der Pandemie», fügte Stark-Watzinger hinzu.

Insgesamt haben sich in den beiden Fußball-Profiligen nach Angaben der Deutschen Fußball Liga deutlich mehr als 90 Prozent der Spieler impfen lassen. «Im Fußball sind wir, was die Impfquote angeht auf einem herausragenden Weg», sagte Nagelsmann nach dem Erfolg gegen die Mainzer durch Tore von Kingsley Coman und eben Musiala.

Seinen bislang letzten Einsatz absolvierte Kimmich beim 2:1 gegen den SC Freiburg am 6. November. «Von der Couch aus» wollte Kimmich seinen Kollegen für die letzten drei Spiele des Jahres gegen Mainz, Stuttgart und Wolfsburg die Daumen drücken. «Ab Januar attackieren wir dann wieder zusammen», kündigte er via Instagram an.

Bedenken wegen der Leistungsfähigkeit von Kimmich hat Nagelsmann keine. «Ich mache mir gar keine Sorgen, weil die Infiltration nicht so dramatisch ist», sagte der Coach bereits am Freitag. «Es ist nicht so dramatisch, dass man irgendwelche Folgeschäden erwarten kann.»

Von Christian Kunz, Christian Hollmann und Robert Semmler, dpa