Faszination und Mühen einer zweiten Profi-Karriere

Fünf Uhr morgens, der Wecker klingelt. Wie immer. Frisch machen, auf den Weg zur Arbeit, eine Stunde später sitzt Valeria Kleiner am Schreibtisch.

Bis zur Mittagspause. Während andere essen oder entspannen, steht für die 30-Jährige aus Lindau am Bodensee das erste Training des Tages auf dem Programm. Erledigt, wieder arbeiten, ehe es noch vor der Heimfahrt vom Arbeitsplatz zur zweiten Einheit geht. Zuhause angekommen, Training Nummer drei, dehnen, danach kochen auch schon für den nächsten Tag.

Mit dem Leben, das Valeria Kleiner als Profi-Fußballerin führte, hat das reichlich wenig zu tun. Erst recht, wenn wie manchmal das erste Training schon um sechs Uhr in der Früh ansteht. Aus der U20-Weltmeisterin von 2010 unter anderem mit Almuth Schult, Dzsenifer Marozsán, Kim Kulig oder Alexandra Popp ist in rasantem Tempo eine Triathletin geworden, die im kommenden Jahr Schwimmen, Radfahren und Laufen als Profi-Sportlerin betreiben will.

Selbstständigkeit gefordert

«Gerade jetzt merke ich, um was man sich alles kümmern muss. Das ist so ein Mehraufwand, den es beim Fußball einfach nicht gab», erzählt Kleiner in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. Reisetickets, Hotels – «man musste sich um gar nichts kümmern», erinnert sie sich und findet: «So eine gewisse Selbstständigkeit würde da auch nicht schaden.» Genau die wird ihr nun abverlangt.

Triathlon kostet viel Zeit, kostet viel Aufwand und kostet viel Geld. Es sei schon viel härter, weil sie im Moment vom Sport ja nicht leben könne, sagt Kleiner auch im Vergleich zur Fußballerinnen-Karriere, die sie von 2007 an zum SC Freiburg, dem 1. FFC Frankfurt, zum FC Bayern München und zu Bayer Leverkusen geführt hatte. Eine Knieverletzung beendete letztlich die Laufbahn, in der sie auch in den deutschen Juniorinnen-Teams erfolgreich gewesen war.

Insbesondere mit Maren Meinert als Trainerin. Als «sehr fleißig und sehr akribisch», beschreibt die 48-Jährige im Interview der Deutschen Presse-Agentur Kleiner. Vom neuen Karriereweg ihrer einstigen Auswahlspielerin wusste Meinert gar nichts. «Sie hat ja bei mir als Innenverteidigerin gespielt, da kommt es auf Laufleistung nicht so an», antwortet Meinert auf die Frage, ob Kleiner schon damals besonders durch Ausdauer aufgefallen wäre.

Erster Triathlon-Wettkampf 2019

Fleiß und Akribie gehören auch zu den wichtigen Voraussetzungen im Triathlon. Durch die langwierigen Verletzungs- und Rehapausen wurde aus der Mannschaftssportlerin und Auswahlspielführerin Valeria Kleiner, unter anderem ausgezeichnet mit der Fritz-Walter-Medaille in Bronze, eine Einzelkämpferin. Nach dem Karriereende 2014 begann Kleiner in München ein BWL-Studium, Wirtschaftswissenschaften hatte sie schon während ihrer Fußballerinnenzeit studiert.

Ende 2019 dann der erste richtig ernsthafte Wettkampf im neuen Metier. Dass sie einst nach 25 Metern im Wasser schon mal ein Päuschen einlegen musste, war ihr da schon nicht mehr anzumerken. Die Anfänge mit einem Leihrad sind auch längst passé. In ihrer Altersklasse gewann Kleiner bereits Rennen. Die Profi-Athletinnen, mit denen sie 2022 konkurrieren will, zogen ihr aber noch davon.

Zusammen mit Trainer Utz Brenner, der unter anderem Ironman-Hamburg-Siegerin Laura Zimmermann coacht, bereitet sich Kleiner auf ihre erste Profi-Saison vor. In die Top Fünf oder sogar aufs Podest soll es in der zweiten Jahreshälfte schon gehen, geplant sind bisher sechs Starts bei Mitteldistanz-Rennen, dazu noch ein paar auf kürzeren Strecken zur Vorbereitung und Einstimmung.

«Ich hatte mir am Anfang auch nicht vorgestellt, dass es wieder in die Profi-Richtung gehen würden», sagt sie. «Aber es fasziniert mich, was man mit Disziplin und harter Arbeit schaffen kann.»

Suche nach Sponsoren

Doch das allein reicht nicht. Neben Training und Arbeit muss sich Kleiner auch noch um potenzielle Sponsoren kümmern. Die vermutlich ernüchterndste Disziplin im Berufs-Dreikampf einer Profi-Triathletin in der Anfangszeit. «Es ist echt ein Problem. Diesen Druck zu haben, dass man arbeiten muss, um Geld zu verdienen und andererseits hohe Ausgaben zu haben», betont sie: «Da ist man auch nicht wirklich befreit.»

Zumal sich die Suche nach Sponsoren eher schwierig gestaltet. «Da interessiert sich kaum jemand für eine junge Triathletin», sagte sie. Das Interesse gelte eher Mannschaftssportarten und vor allem dem Fußball. «Das ist schon hart», sagt Kleiner, die ehemalige Profi-Fußballerin.

Von Jens Marx, dpa