Doll überrascht als Zweiter: «Ich wusste, ich kann’s»

Beim Anschießen vor dem Biathlon-Sprint von Ruhpolding musste sich Benedikt Doll noch Frotzeleien über seine Schießkünste gefallen lassen.

Erst fünfmal war der 31-Jährige in seiner langen Karriere zuvor in der Eliteliga fehlerfrei geblieben – doch drei Wochen vor den Olympischen Winterspielen ist es dem 31-Jährigen endlich in einem Einzelrennen wieder gelungen. «Es ist so ein befreiendes Gefühl. Ich bin sehr stolz, und es gibt mir Selbstvertrauen für die nächsten Wochen», sagte Doll, dem als Zweiter nur 7,2 Sekunden auf den siegreichen Franzosen Quentin Fillon Maillet (0 Fehler) fehlten.

Doll: «Endlich mal fehlerfrei»

Und mit Blick auf den Saisonhöhepunkt in Peking war Doll nach seiner ersten perfekten Schießeinlage seit zwei Jahren – zuletzt auch in Ruhpolding – klar: «Das war sehr wichtig für mich, denn bei Olympia ist ein fehlerfreies Schießen der Schlüssel für das Podium.»

Als erster Gratulant umarmte ihn nach dem Zieleinlauf Erik Lesser, der mit einem starken sechsten Platz ebenfalls zur Siegerehrung in der coronabedingt leeren Chiemgau Arena durfte. Ein Fehler kostete den 33-Jährigen in Abwesenheit der norwegischen Topleute, die ein Höhentrainingslager einlegten, aber den Sprung auf das Podest. «Es hat Spaß gemacht, sich zu schinden. Aber es tut schon weh, wenn man weiß, was drin gewesen wäre», sagte Lesser, der aber immer besser in Schwung kommt und sich mit Blick auf die Nominierung für die Olympia-Rennen immer mehr in Position bringt.

Aber vor allem für Doll war es eine riesige Erleichterung und Befreiung. Läuferisch war der Schwarzwälder, auch «Rennsemmel» genannt, immer in der Weltspitze dabei – diesmal war er Zweitschnellster. Das bringt nur nichts, wenn man nicht trifft. «Es macht keinen Spaß, in den Interviews immer wieder die gleiche Kassette abspulen zu müssen», gab Doll, dem man auch hinter seiner Schutzmaske die Zufriedenheit ansehen konnte, zu.

Zuvor hatte es der Routinier in dieser Saison nur einmal unter die Top Ten geschafft. Aber pünktlich vor dem Olympia-Start in China meldete sich der Sprint-Weltmeister von 2017 nun zurück. «Den größten Schritt habe ich eher mental gemacht, nicht so bei der Technik», sagte Doll zu seiner tadellosen Schießleistung, die sogar den sonst eher kühlen Bundestrainer Mark Kirchner euphorisch jubeln ließ.

Lesser wird 6. – Kühn fehlt

Mit ihren Topergebnissen ließen Doll und Lesser, die nun eine hervorragende Ausgangsposition für die Verfolgung am Sonntag haben, den bitteren Ausfall von Johannes Kühn vergessen. Deutschlands bester Skijäger der vergangenen Wochen fehlte in Bayern aufgrund einer am Mittwoch festgestellten Corona-Infektion. Roman Rees (1 Fehler) schaffte es aus Platz 20, David Zobel (1) auf Rang 24. Philipp Nawarth (3) musste sich mit Rang 41 zufriedengeben. Der für Kühn nachgerückte Philipp Horn (2) wurde nur 59.

Eine Party gibt es für Doll nicht. Denn Corona schwebt über allem und besonders die Angst, sich noch kurz vor dem Saisonhöhepunkt anzustecken. «Wenn du jetzt in Quarantäne musst, kannst du Olympia vergessen», sagte Lesser.

Der Heim-Weltcup wird am Freitag (14.30 Uhr/ZDF und Eurosport) mit der Damen-Staffel fortgesetzt. Für die Frauen geht es in der Besetzung Vanessa Voigt, Vanessa Hinz, Franziska Hildebrand und Denise Herrmann nach dem enttäuschenden Sprint um eine Steigerung. Hildebrand war am Mittwoch als beste DSV-Skijägerin 17. geworden.

Von Sandra Degenhardt und Thomas Wolfer, dpa