«Du bist unsterblich» – Wie geht es weiter mit Nadal?

Von neuen Herausforderungen wollte Rafael Nadal erst einmal nichts wissen.

Müde und irgendwie auch unsicher blieb der Spanier nach einer «der größten Heldentaten in der Geschichte des Sports», wie die spanische Zeitung «As» seinen Australian-Open-Triumph beschrieb, vage. «Ich weiß nicht, was in der Zukunft passieren kann», gab Nadal zu: «Ich würde es lieben, zu versuchen, ein bisschen mehr zu spielen dieses Jahr.»

Er hat gezeigt, was auch mit 35 Jahren in seinem geschundenen Körper steckt. Und dass er noch lange nicht genug hat. Offen bleibt aber, wie oft der Spanier in den kommenden Monaten auf der Tennis-Bühne zu sehen sein wird und was er künftig zu leisten imstande ist.

Im Wettstreit der «Big Three» hat der neue Rekord-Grand-Slam-Sieger zwar angesichts der Impffrage von Novak Djokovic und des maroden Körpers von Roger Federer nun (erst einmal) die besten Karten. Er könnte sogar der Einzige aus dem Trio sein, der die French Open spielt. Und ja, sein historischer Erfolg hat ihm frische Energie und Zuversicht verliehen. Ob er 2023 wieder in Melbourne antreten wird? Nein, das kann er nicht sagen, so Nadal.

Nadal zeigte sich in Bestform

Über seine Turnierplanung für die kommenden Wochen habe er noch nicht entschieden. «Ein bisschen mehr» lässt vieles offen. Schließlich bestritt der Mallorquiner in der zweiten Jahreshälfte 2021 nur zwei Matches. Seine Fußverletzung bedrohte seine schillernde Karriere, hielt jetzt aber dem Stress stand. Auch deswegen schätzt Nadal seinen zweiten Titel Down Under und ersten seit 2009 besonders.

Nach einer kurzen Nacht mit wenig Schlaf brachte Nadal die letzten offiziellen Termine in Melbourne hinter sich, ehe er seinen 21. Grand-Slam-Titel in der Heimat ein paar Tage auskosten wollte. Sein Körper fühle sich «nicht gut» an, räumte Nadal ein, als er am Nachmittag mit dem Norman Brookes Challenge Cup posierte. Dankbar nahm er einen Schirm als Schattenspender an, schwerfällig setzte er sich am Amtssitz des Governors von Victoria auf den Rasen.

Bei der Siegerzeremonie nach dem packenden 2:6, 6:7 (5:7), 6:4, 6:4, 7:5 gegen den zehn Jahre jüngeren Russen Daniil Medwedew hatte Nadal einen Stuhl gebraucht. Erstmals seit Wimbledon 2007 war es ihm gelungen, einen 0:2-Satzrückstand zu drehen. «Rafael Nadals Körper mag knirschen, aber seine Begierde bleibt ungedämpft. Der 35-Jährige war in Bestform, um seinen 21. Grand-Slam-Titel zu gewinnen, und es mag noch mehr geben, trotz seiner Verletzungsgeschichte», schrieb die englische Zeitung «The Guardian». Die italienische «La Gazzetta dello Sport» dichtete: «Nadal, du bist unsterblich!»

Medwedew Anführer der nachrückenden Generation

Auch Medwedew war angetan: «Es war unwirklich.» Der 25-Jährige vergab die Chance auf seinen zweiten Grand-Slam-Titel und die Aussicht, Djokovic im Laufe des Februars als Nummer eins ablösen zu können. Er bewies aber, dass er der Anführer der nachrückenden Generation ist, die die Phalanx der großen Drei zunehmend zum Bröckeln bringen will. Medwedew eilt momentan Olympiasieger Alexander Zverev voraus und wird auch in Paris, Wimbledon und London verhindern können, dass Nadal (21), Djokovic (20) und Federer (20) ihre Titelsammlung ausbauen.

Wenn die Altstars überhaupt antreten. Intensiv war seit dem Wimbledonsieg von Djokovic über die Jagd nach Titel 21 geredet worden. Im Mittelpunkt stand der Serbe – und nicht Nadal. Schließlich waren weder Nadal noch Federer auf der Tour. In Melbourne nahm der verlorene Corona-Gerichtsstreit um sein Visum Djokovic aus dem Spiel.

In Dubai Ende Februar will er zwar auf die ATP-Tour zurückkommen. Doch wenn der 34-Jährige ungeimpft bleibt, muss er auch bei den French Open und in Wimbledon mit dem Ausschluss rechnen. Während der 40 Jahre alte Schweizer Federer sich fragt, wann und ob er zurückkommt und eine Teilnahme in Wimbledon überraschend käme, kann Nadal bei den French Open im Mai Titel 22 angreifen. «Ich bleibe mehr im Moment, ohne zu weit nach vorn zu denken», sagte der Spezialist für die rote Asche. Den Wettstreit um die Grand-Slam-Sammlung sieht er gelassen. «Am Ende zählt es nicht so viel, ob einer 21 hat und die anderen 20. Ob einer mit 23 aufhört und die anderen mit 21.»

Von Kristina Puck, dpa