Olympia bei schwierigen Gastgebern: Winterspiele eröffnet

Begleitet von politischen Boykotten und Corona-Sorgen haben die 24. Olympischen Winterspiele in Peking begonnen.

Unter dem Motto «One World, one Family» («Eine Welt, eine Familie») versuchten die chinesischen Gastgeber, sich bei der Eröffnungsfeier mit einer bunten und technisch aufwendigen Show im Olympiastadion als modern, weltoffen und friedlich, aber auch selbstbewusst und unbeeindruckt von der Kritik an den Menschenrechtsverletzungen zu präsentieren.

Mit der traditionellen Formel «Ich erkläre die XXIV. Olympischen Winterspiele von Peking für eröffnet» gab Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping am Freitag um 21.51 Uhr Ortszeit das Startsignal für das erste Weltfest des Wintersports in China.

25 Minuten später steckten die Skilangläuferin Dinigeer Yilamujiang, die zu der von China verfolgten Minderheit der muslimischen Uiguren zählt, und der Nordische Kombinierer Zhao Jiawen gemeinsam die olympische Flamme in eine übergroße Schneeflocke. Nach den Sommerspielen 2008 ist Peking damit der erste Ort der Olympia-Geschichte, der nun auch Schauplatz für Winterspiele ist.

Insgesamt werden bis zum 20. Februar in Peking und in den 200 Kilometer entfernten Bergen von Zhangjiakou und Yanqing knapp unter 2900 Sportlerinnen und Sportler aus 91 Nationen starten. In 109 Wettbewerben werden Medaillen vergeben.

Stadion bei Eröffnungsfeier nur halb voll

Das als Vogelnest bezeichnete Olympiastadion war bei der Zeremonie bei minus 5 Grad wegen der Corona-Pandemie nur zur Hälfte gefüllt. Auf der Ehrentribüne fehlten zudem zahlreiche hochrangige Regierungsvertreter vor allem aus dem Westen. Länder wie die USA, Großbritannien, Kanada und Australien boykottieren die Winterspiele diplomatisch.

Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) und Innenministerin Nancy Faeser (SPD) werden nicht nach China reisen, von einem Boykott will die Bundesregierung wie auch Japan aber nicht sprechen. Dagegen war der russische Präsident Wladimir Putin nach Peking gereist und bei der Eröffnung dabei. Vor Olympia-Beginn hatte er mit Chinas Präsident Xi große Einigkeit in der Ukraine-Krise und bei den wachsenden Spannungen mit den USA demonstriert.

«In unserer brüchigen Welt, in der Spaltung, Konflikte und Misstrauen ständig zunehmen, zeigen wir der Welt: Ja, es ist möglich, erbitterter Gegner zu sein, zugleich friedlich und respektvoll zusammen zu leben», sagte IOC-Chef Thomas Bach in seiner Rede an die Teilnehmer gerichtet. Auf Kritik am Gastgeber ging er nicht ein. Auch zuvor hatte Bach immer wieder die Neutralität des Internationalen Olympischen Komitee betont und damit klare Aussagen zur Verfolgung der Uiguren und Tibeter, der Unterdrückung der Demokratie-Bewegung in Hongkong oder der Meinungsfreiheit durch China vermieden.

Deutschland lief als 85. Nation ein

Die Aufführung vor einem weltweiten TV-Publikum waren reich an Hinweisen auf den Frühling, der mit dem auch Frühlingsfest genannten und noch laufenden Neujahrsfest zum Jahr des Tigers eingeläutet wird. Zudem zog sich das Motiv der Schneeflocke durch das Programm, mit der die Unterschiedlichkeit der Menschen symbolisiert werden sollte, die ein gemeinsames globales Zuhause bauen.

Beim Einzug der Nationen lief das deutsche Team als 85. Team der 91 Mannschaften ins Stadion. Angeführt wurde die Delegation von der fünfmaligen Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein und dem zweimaligen Bob-Olympiasieger Francesco Friedrich. Rund 75 Mitglieder des Teams waren dabei, darunter etwa 20 Athletinnen und Athleten. Insgesamt sind 149 Sportlerinnen und Sportler für die Peking-Spiele nominiert worden.

China setzt Null-Covid-Politik konsequent um

Wie sehr das Thema Corona die Winterspiele bestimmt, bekam die deutsche Mannschaft wenige Stunden vor Beginn der Eröffnungsfeier erneut zu spüren. Die Nordischen Kombinierer Eric Frenzel und Terence Weber mussten laut dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) nach positiven Tests in die Corona-Quarantäne. Als ersten deutschen Sportler hatte es am Mittwoch Eiskunstläufer Nolan Seegert erwischt.

China setzt auch bei dem Spektakel auf Eis und Schnee seine Null-Covid-Politik konsequent um. Zuschauer aus dem Ausland sind nicht zugelassen. Sportler, Trainer, Funktionäre oder Medienvertreter leben abgeschottet in einer Blase und werden täglich getestet. Im Vorfeld waren auch Vorbehalte laut geworden, China könnte die Ergebnisse der Corona-Tests manipulieren und so möglicherweise unliebsame Konkurrenten ausschalten.

Allerdings ist China noch keine klassische Wintersport-Nation. Bei den Spielen in Pyeongchang hatten die Athleten des Riesenreichs mit neun Medaillen nur Platz 16 in der Nationenwertung belegt. Die Spiele sollen für China aber der Startschuss sein zum Aufstieg zu einer führenden Wintersport-Macht. Auch die Wintersportindustrie hofft auf ein Geschäft: Laut Xi und Bach gibt es angeblich 300 Millionen Wintersportler in China.

Von Martin Kloth, Andreas Landwehr und Claas Hennig, dpa