Trotzig haben Deutschlands Eishockey-Männer auf die frühen Rückschläge bei den Olympischen Winterspielen reagiert.
Beim bitteren 1:5 (0:3, 1:1, 0:1) gegen den stärker als erwarteten Rekord-Olympiasieger Kanada war das Team von Bundestrainer Toni Söderholm in Peking noch weit von der erhofften Medaillenform entfernt. Zudem bereitet der Ausfall von Führungsspieler Marco Nowak Sorgen. Der Verteidiger der Düsseldorfer EG wurde nach einem harten, aber nicht geahndeten Check gegen den Kopf schon nach fünf Minuten aus dem Spiel genommen.
«Das kann man sicher aus verschiedenen Winkeln sehen», sagte der verärgerte Söderholm zu der heftigen Szene und dem Angriff des Kaanadiers Eric O’Dell. Ob der 31 Jahre alte Verteidiger Nowak am Samstag (9.40 Uhr/ZDF und Eurosport) gegen Außenseiter China wieder spielen kann, erscheint sehr fraglich.
«Turniere werden nicht in einem Spiel gewonnen»
Weniger besorgt trotz der Ernüchterung und vor allem des fatalen Anfangsdrittels gegen Kanada war der Olympiazweite von 2018 hingegen im Hinblick auf den Turnierverlauf. «Es ist ein Prozess, wir haben es vor vier Jahren gesehen. Turniere werden nicht in einem Spiel gewonnen. Die Mannschaft ist stabil», sagte Angreifer Patrick Hager, einer von neun Silbergewinnern von Pyeonchang gegen Kanada.
Der neunmalige Olympiasieger nahm eindrucksvoll Revanche für das 3:4 im Halbfinale in Südkorea. 1448 Tage nach dem «Jahrhundertspiel» damals, als Deutschland das Eishockey-Mutterland lange vorgeführt hatte, reichte es diesmal nur zum Anschlusstreffer durch den früheren NHL-Stürmer Tobias Rieder (31. Minute) von den Växjo Lakers aus Schweden zum zwischenzeitlichen 1:4. Die Kanadier, die vielleicht wie keine andere Nation unter der erneuten Nicht-Teilnahme der NHL-Spieler leiden, profitierten von einem Anfangsdrittel nach Maß.
Drei Gegentore im ersten Drittel
Alex Grant von Jokerit Helsinki (5.), Ben Street (10.) vom EHC Red Bull München und Daniel Winnik (11.) von Servette Genf schossen bereits früh ein 3:0 heraus. «Nicht der Start, den wir uns erhofft hatten. Wir haben heute wirklich nicht unser bestes Spiel gespielt, aber es ist ein langes Turnier», sagte Kapitän Moritz Müller. «Wir sind eiskalt erwischt worden. Kanada war einfach gedankenschneller.»
Naxim Noreau (33.) von den ZSC Lions aus Zürich und Jordan Weal (52.) von Bars Kasan in Russland schossen die weiteren Treffer. «Auf dem Niveau ist es die alte Leier: Wenn man 15 Minuten schläft, dann reicht es halt nicht», sagte Hager, dem allerdings die leichte Leistungssteigerung nach dem ersten Drittel Hoffnung machte.
DEB-Auswahl in Überzahl zu uneffektiv
In der Tat wehrte sich Deutschland nun und hielt kämpferisch dagegen, allerdings war etwa auch das Überzahlspiel viel zu schwach. «Das Spiel hatte einen guten Lernfaktor für uns. Wir haben gesehen, wie schnell wir hier spielen müssen», sagte Söderolm, der niedergeschlagener wirkte als seine Spieler.
Diese erinnerten auch an den Silbercoup 2018. Damals hatte es beim 2:5 gegen Finnland einen ähnlich schwachen Turnierstart gegeben. «Vor vier Jahren war es Finnland – kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken», sagte Hager. «Wir wissen, dass wir jeden Gegner hier schlagen können. Aber dafür brauchen wir 60 Minuten Top-Eishockey.»
2018 hatte es zum Auftakt gar zwei Niederlagen gegeben. Im zweiten Spiel hatte das Team des damaligen Bundestrainers Marco Sturm 0:1 gegen Schweden verloren. Einen solchen Start sollte es diesmal nicht geben. Am Samstag gegen China ist ein Sieg Pflicht. Der Gastgeber ist trotz 16 eingebürgerter Nordamerikaner großer Außenseiter im Turnier. Gegen die USA hieß es zum Auftakt 0:8.
«Gegen China müssen wir halt besser starten und dann machen ich mir keine Sorgen hier im Turnier», sagte Hager. Das Ziel des Teams nach Olympia-Silber vor vier Jahren und dem WM-Halbfinale 2021 ist eigentlich wieder eine Medaille. Zumindest die angestrebte direkte Viertelfinal-Qualifikation wird nun aber bereits schwer.