Lattek, Rehhagel und Co.: Ü65-Trainer als Retter in der Not

Den Job des sogenannten Feuerwehrmannes gibt es in Zeiten von Konzepttrainern im Fußball eigentlich nicht mehr.

Doch wenn die Not am größten ist, greifen Bundesliga-Clubs immer wieder auf Altmeister zurück, die mit der Erfahrung von Jahrzehnten und klaren Worten mitunter schon mehr bewirkt haben als andere mit Laptops und Taktiktafeln. Ob Felix Magath Hertha BSC vor dem Abstieg bewahren kann, werden die kommenden Wochen zeigen. Fünf vergleichbare Beispiele aus der Vergangenheit:

Udo Lattek: Eigentlich hatte sich Udo Lattek schon 1993 aus dem Trainergeschäft zurückgezogen und arbeitete nur noch als TV-Experte. Dann half er Borussia Dortmund ab Mitte April 2000 doch noch einmal als Interimstrainer bis zum Saisonende. Sein Assistent damals: Matthias Sammer. Der Europameister wurde nach geschaffter Rettung der neue Chef. Lattek reichten die fünf Spiele: «Ich möchte nicht eines Tages tot von der Bank fallen», sagte er zum Abschied.

Otto Rehhagel: Auch im Februar 2012 ging es der Hertha schlecht. König Otto sollte helfen. Dafür holten die Berliner den einstigen Meistercoach und griechischen EM-Helden mit 73 Jahren aus der Trainer-Rente. Sein letztes Bundesliga-Engagement in Kaiserslautern lag schon gut elf Jahre zurück. Das Oldie-Experiment ging schief. Mit Rehhagel rutschte die Hertha in zwölf Spielen von Platz 15 auf den Relegationsrang und scheiterte dramatisch gegen Fortuna Düsseldorf.

Jupp Heynckes: Eigentlich hatte es sich der damals 72-Jährige auf seinem umgebauten Bauernhof schon eingerichtet in der Trainerrente. «Eine Herzensangelegenheit» sei es gewesen, nicht ablehnen können habe er sein viertes Engagement bei den Münchnern, erzählt Heynckes später. Mehr als vier Jahre lag sein letzter Einsatz zurück. Nach dem Rauswurf von Carlo Ancelotti befriedet er das Team, holt noch einmal den Meistertitel. Im Sommer 2018 ist endgültig Schluss.

Huub Stevens: Zweimal sprang Schalkes Jahrhunderttrainer in den vergangenen Jahren ein. 67 Tage dauerte die geglückte Rettungsmission vor drei Jahren. «Ich hoffe, hier nicht mehr zu sein», sagte der Niederländer nach der letzten Partie Mitte Mai 2019. Vor Weihnachten 2020 half Stevens noch einmal für zwei Pflichtspiele aus und stellte immerhin fest: «Ich habe Spaß gehabt in den fünf Tagen.» Am Saisonende stieg der FC Schalke 04 trotzdem in die 2. Liga ab.

Friedhelm Funkel: Die Bierdusche nach geschaffter Relegation mit dem 1. FC Köln ließ der aus der Rente geholte Trainer-Altmeister gern über sich ergehen. «Ich bin vollkommen platt, aber glücklich», sagte Funkel Ende Mai 2021 nach dem 5:1 im Rückspiel bei Holstein Kiel. Erst Mitte April hatte er als Retter bei seinem Ex-Club angeheuert, obwohl er nach dem Aus bei Fortuna Düsseldorf eigentlich keinen Trainerjob mehr übernehmen wollte.

Felix Magath: «Quälix» is back! Die Rückkehr von Felix Magath auf die Bundesliga-Bühne bei der zu jeder überraschenden Volte fähigen Hertha sorgt für Erstaunen, aber auch Häme. Die Großtaten des 68-Jährigen in Nürnberg, Bremen, Frankfurt, Stuttgart, München und Wolfsburg liegen lange zurück. Das Scheitern auf Schalke auch. Sein Image als harter Hund wurde aber konserviert. Acht Spiele hat Magath bis Mitte Mai, um seinen Ruf zu bestätigen und die Berliner doch noch zu retten.

Von Robert Semmler, Arne Richter und Christian Hollmann, dpa