Haas-Teamchef über Mick Schumacher: «Ein harter Kämpfer»

Der Name Schumacher ist in der Formel 1 eine eigene Marke. Das weiß Haas-Pilot Mick Schumacher natürlich, schließlich ist er als Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher aufgewachsen.

«Mick geht mit dem Nachnamen seines Vaters sehr gut um. Er nutzt ihn nicht zu seinem Vorteil und deswegen kann man stolz auf ihn sein», sagte Haas-Teamchef Günther Steiner der Deutschen Presse-Agentur in Bahrain im Interview vor dem ersten Grand Prix der Saison. «Diesen Nachnamen im Rennsport zu haben, ist wie im normalen Leben Adeliger zu sein. Du trägst diesen Nachnamen und musst zeigen, dass du seiner würdig bist. Mick ist damit aufgewachsen und macht das gut.»

Steiner, der aus Meran in Südtirol kommt, sprach außerdem über die Trennung vom russischen Fahrer Nikita Masepin und vom Titelsponsor Uralkali aus Russland. Außerdem erläuterte er die Vorzüge von Südtiroler Speck und wie cool ihn seine Tochter Greta nach den Auftritten bei Netflix findet.

Herr Steiner, wie geht’s Ihnen nach dem Wirbel der vergangenen Wochen?

Günther Steiner: Die letzten Wochen waren ziemlich anstrengend, aber sie sind ein Teil des Jobs. In solchen Situationen muss man stark sein, Entscheidungen treffen und durchziehen. Ich habe ein sehr gutes Team um mich herum, deswegen haben wir das auch durchgestanden.

Sind Sie froh, dass Sie die Russen los sind?

Steiner: Froh ist das falsche Wort. Nach dem, was in der Ukraine passiert ist, gab es keine andere Lösung für mich als Teamchef, für mich als Mensch und auch für das gesamte Team.

Waren Sie schon mal zuvor so stark als Diplomat gefragt?

Steiner: Man muss bei gewissen Sachen sehr diplomatisch sein, weil wenn es sonst schiefgeht. Das kann sehr große Konsequenzen haben, sportlich und finanziell. Es gehört aber einfach dazu, das lernt man mit diesem Job. Man muss auch viel mit Politik umgehen können.

Wie ist Ihr Eindruck von Mick Schumacher vor dem Start?

Steiner: Mick ist zuversichtlich, dass es nach vorne geht. Er hat das vergangene Jahr genutzt, um zu lernen. Ich sehe ihn in sehr guter Verfassung, auch mental. Ich glaube, Kevin (Magnussen) ins Team zu holen, war für ihn positiv. Er hat einen erfahrenen Teamkollegen, der sich hier auskennt, und Mick lernt schnell. Wenn du als Fahrer eine Referenz hast, hilft es dir, besser zu werden. Mick kann Kevin dazu nutzen, noch schneller zu wachsen.

Ist Schumacher ein Blitzlerner?

Steiner: Ich glaube schon, dass er das ist. Er hat Dinge ziemlich schnell drauf. Wenn man ihm etwas zeigt, versteht er schnell. Er erkennt auch, wenn etwas das Potenzial hat, ihn schneller zu machen. Das übernimmt er dann, und das ist schlau.

Schumacher wird abseits der Rennstrecke für seine Höflichkeit und seine guten Manieren gelobt. Ist so jemand hart und gnadenlos genug, um in der Formel 1 ganz weit nach vorne zu kommen?

Steiner: Man kann höflich und ein harter Kämpfer sein. Das eine schließt das andere nicht aus. Es ist doch etwas Gutes, eine gute Erziehung zu haben. Man sollte immer höflich sein. Wenn es dann aber für einen Sportler ums Geschäft geht, muss man auch hart sein. Mick hat das schon gezeigt, dass er höflich und ein harter Kämpfer ist. Er hat gezeigt, dass er nicht als Wasserträger hier ist.

Wie realistisch ist es für Schumacher, in diesem Jahr die ersten Punkte zu holen?

Steiner: Sehr realistisch. Das Mittelfeld ist in diesem Jahr sehr eng. Wenn wir mit dem Auto einen guten Job machen und die Fahrer auch, dann müsste das möglich sein.

Schumacher trägt einen berühmten Nachnamen. Haben Sie das bei ihm schon mal als Bürde wahrgenommen?

Steiner: Mick geht mit dem Nachnamen seines Vaters sehr gut um. Er nutzt ihn nicht zu seinem Vorteil und deswegen kann man stolz auf ihn sein. Diesen Nachnamen im Rennsport zu haben, ist wie im normalen Leben Adeliger zu sein. Du trägst diesen Nachnamen und musst zeigen, dass du seiner würdig bist. Mick ist damit aufgewachsen und macht das gut.

Der Corona-Fall Sebastian Vettel hat im Fahrerlager eingeschlagen. Sensibilisiert er noch mehr im Umgang mit der Pandemie?

Steiner: Absolut. Die Pandemie ist noch nicht vorbei. Wir müssen immer noch aufpassen, überall. Man kann heute mit dem Virus aber besser umgehen, es sterben weniger Leute daran als noch am Anfang. Das Virus wird uns aber noch begleiten. Deswegen habe ich auch immer einen Reservefahrer dabei. Früher hatten wir das nie.

Wie haben Sie die Pandemie verkraftet?

Steiner: Meine Familie und ich hatten, soweit wir wissen, das Virus nicht. Einer meiner Onkel ist gestorben, er war aber auch schon über 90 Jahre alt. Es gab Phasen, in denen einem auch in der Arbeit alles so mühsam vorkam. Ich musste mir aber klarmachen und das weiß ich auch zu schätzen: Ich konnte im Gegensatz zu anderen Menschen arbeiten. Uns in der Formel 1 ging es verhältnismäßig gut.

Sie kommen aus Meran in Südtirol. Ihre Eltern hatten dort eine Metzgerei. Was bekommt man als Metzgersohn fürs Leben mit?

Steiner: Man muss arbeiten, um etwas zu erreichen. Meine Eltern haben immer sehr hart gearbeitet. Sie haben sich aus dem Nichts eine Metzgerei aufgebaut. Ich musste schon als Kind mitarbeiten, aber es hat mir nichts ausgemacht, das war ich einfach gewohnt. Ich bin meinen Eltern dafür sehr dankbar, dass sie mich so erzogen haben. Ohne Arbeit geht es nicht.

Haben Sie aus Ihrer Kindheit in der Metzgerei Vorlieben für besondere Würste oder Speck?

Steiner: Natürlich Speck, welcher Südtiroler hat denn keine Vorliebe für Speck (lacht)? Ich kaufe meinen Speck auch immer bei einem Metzger in den Bergen, der selbst produziert und es sehr gut macht. Ich versorge dann auch meine Freunde damit.

Sie haben durch die Netflix-Doku «Drive to Survive» wegen ihres Klartexts auch außerhalb der Formel 1 Bekanntheit erlangt. Können Sie sich selber eigentlich auf dem Bildschirm anschauen?

Steiner: Ich höre mir nicht gerne zu und ich schaue mich noch weniger gern an. Ich bekomme aber natürlich viel mit, weil jeder einen Kommentar abgibt, auch meine Familie. Meine Tochter ist zwölf Jahre alt und jetzt bekommt sie langsam mit, was der Vater so macht. Ich schaue mir aber nicht zu, weil ich auch nicht verlieren möchte, wie ich bin. Ich würde sonst versuchen, zu schauspielern. Ich bin aber kein Schauspieler. Dafür wäre ich auch zu hässlich (lacht).

Findet Ihre Tochter Ihre TV-Auftritte cool oder peinlich?

Steiner: Cool sagt sie zu mir nicht. Aber manchmal bin ich weniger peinlich, manchmal mehr peinlich. Wenn es weniger peinlich ist, ist das schon positiv (lacht).

Interview: Martin Moravec, dpa