Meister-Novize Nagelsmann bereit für «Bierkur» – Süle zurück

Seiner ersten Bierdusche blickt Meister-Novize Julian Nagelsmann ganz gelassen entgegen: «Ich habe mal gelesen, dass eine Bierkur für die Haare ganz gut sein soll.»

«Es ist eine Tradition und Traditionen sollte man pflegen», sagte der Trainer des FC Bayern vor der angestrebten ersten Titel-Krönung im deutschen Clásico gegen Borussia Dortmund. Auf der Zielgeraden seiner ersten Münchner Saison mit vielen Aufs, aber eben auch zwei kräftigen Abs strahlte Nagelsmann allerdings nur gedämpfte Vorfreude auf seinen Premierentitel in der Fußball-Bundesliga aus.

«Die letzten zwei Wochen trüben das Stimmungsbild»

«Die mega Euphoriewelle wird erst entstehen, wenn wir es geschafft haben», sagte der 34-Jährige, der nach Matthias Sammer vor 20 Jahren beim Triumph mit dem BVB der zweitjüngste Bundesliga-Meistercoach werden kann. «Aktuell trüben die letzten zwei Wochen schon das Stimmungsbild», stellte Nagelsmann zerknirscht fest.

Das deprimierende Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen den FC Villarreal nagt weiter an dem selbst ernannten «Ehrgeizling». Dazu sorgten auch ausbleibende personelle Nachrichten, wie etwa neue Verträge für Weltfußballer Robert Lewandowski (33), Kapitän Manuel Neuer (36) und Dauermeister Thomas Müller (32), oder die Ankündigung klanghafter Neuzugänge nicht für Stimmungsaufheller.

Bei Neuer und Müller rücken die Einigungen aber immer näher. Im Gespräch ist laut «Kicker» die Verlängerung um ein weiteres Jahr bis 2024. Beide sollen zudem das Signal erhalten haben, auch darüber hinaus beim FC Bayern spielen zu können.

Müller kann sich durch einen Sieg am Samstag gegen den seit Jahren klar distanzierten Rivalen mit seiner elften Meisterschale zum alleinigen Spieler-Rekordmeister krönen. Bei einem Remis wäre die Entscheidung bei einem Vorsprung von weiter neun Punkten und 27 Toren bei noch drei ausstehenden Spielen nur aufgeschoben.

Nagelsmann wird Stil «nicht großartig verändern»

Wann auch immer das zehnte Liga-Championat am Stück feststeht, wird ausgiebig gefeiert. Nagelsmann, der nach seinem Meistertitel mit der Hoffenheimer A-Jugend im Jahr 2014 «ein paar Tränchen» verdrückte, dürfte dann auch emotional werden.

Acht Clubs, darunter die ersten sechs der vergangenen Saison, wechselten vor dieser Spielzeit den Trainer. Zwar wird in München der Übergang nach der Erfolgsära von Sieben-Titel-Trainer Hansi Flick zu Nagelsmann als geglückt bewertet. Doch in der nächsten Saison muss der für eine Rekordablöse von Konkurrent RB Leipzig verpflichtete Nagelsmann in Pokal und Champions League mehr liefern.

Hier zogen das krachende Zweitrundenaus bei Borussia Mönchengladbach (0:5) und der Champions-League-K.o. mit Niederlage und Remis gegen Villarreal die Bewertung klar nach unten. Von Präsident Herbert Hainer gab’s eine «Zwei minus».

«Natürlich hinterfragt man immer alle möglichen Sachen», räumte Nagelsmann ein. «Aber ich werde meinen Stil nicht großartig verändern. Ich versuche mich zu entwickeln, aber ihr werdet nächstes Jahr keinen anderen Julian Nagelsmann sehen.»

«Vollgas geben, dass es schon am Samstag gelingt»

Beim «Traumjob» stand er bei der brisanten Debatte um Impfzauderer Joshua Kimmich oder der hitzigen Jahreshauptversammlung mit dem Reizthema Katar im vergangenen Jahr auch als Außenminister des Clubs im Fokus. «Grundsätzlich habe ich einen wunderschönen Job, ich liebe den Job, Fußballtrainer zu sein», konstatierte Nagelsmann. «Aber es gibt sicher entspanntere und schönere Momente als in den letzten drei Wochen.»

Zurück in den Kader kehrt gegen den BVB der künftige Dortmunder Niklas Süle nach auskurierter Grippe. Für diesen sei es sicher «ein besonderes Spiel», sagte Nagelsmann und erwartet vom Nationalspieler eine «normal gute bis sehr gute Leistung».

Auch der Coach will «Vollgas geben, dass es schon am Samstag gelingt.» Und dann wird nach langer Pandemie-Tristesse bald endlich auch wieder eine große rot-weiße Party mit Tausenden Fans vor dem Rathausbalkon stattfinden. «Wenn wir Meister werden, wird sicherlich auch was auf dem Marienplatz stattfinden.»

Von Christian Kunz und Martin Moravec, dpa