Donata Hopfen war noch keine zwei Monate Geschäftsführerin der Deutschen Fußball Liga, da hatte sie schon den wortgewaltigen Bayern-Patron Uli Hoeneß gegen sich aufgebracht.
Mit ihren kecken Aussagen («Wenn uns Playoffs helfen, dann reden wir über Playoffs») erzürnte die neue starke Frau der Bundesliga nicht nur viele Fußballfans und Traditionalisten, sondern auch und insbesondere Hoeneß, der die gegenwärtige nationale Dominanz der Münchner über Jahrzehnte mitaufgebaut hatte.
Dementsprechend deutlich giftete Hoeneß zurück: «Die neue Geschäftsführerin der DFL denkt jetzt Tag und Nacht darüber nach, wie können wir die Dominanz des FC Bayern brechen. Und jetzt kommen sie auf diese Idee.» Er sprach in seiner typischen Deutlichkeit von «Witzidee». Es gehe nicht um mehr Spannung und Attraktivität, sondern um «ein Gesetz gegen Bayern München». Ein paar Monate ist diese Diskussion wieder aktueller denn je, verbunden mit der Frage: Wie kann diese Bundesliga überhaupt mal wieder spannend werden?
Ende der Serie nicht in Sicht
Die Bayern sind zehnmal in Serie Meister, eine in den europäischen Topligen beispiellose Serie. Doch damit nicht genug: Das von den immer noch bestens aufgelegten Routiniers Manuel Neuer und Thomas Müller angeführte Team holt nicht nur Schale um Schale, sondern tut dies Jahr für Jahr auch in beeindruckender Manier. Acht Titel wurden mit zweistelligem Punkte-Vorsprung eingefahren, danach sieht es auch in dieser Spielzeit wieder aus. Nur 2018/19 gab es ein enges Duell mit Borussia Dortmund. Kurzum: ein Ende der Serie ist nicht in Sicht.
Fußballfachmann Matthias Sammer, der von 2012 bis 2016 Sportvorstand der Münchner war, sieht neben der finanziellen und personellen Überlegenheit auch die Mentalität des FC Bayern als großes Plus. «Gibt es ein Scheitern, wird alles hinterfragt. Bei anderen Vereinen herrscht eine andere Denkweise vor. Dort gibt man sich mit kleineren Erfolgen schon zufrieden, Misserfolge werden schöngeredet», sagte Sammer der «Sport Bild» und nannte beispielhaft das enttäuschende Aus in der Königsklasse gegen den FC Villarreal.
«Bei Bayern gibt es nur: Sieg oder Katastrophe! Das wirkt sich auf Geist, Spirit und Mentalität jedes Spielers aus», erklärte Sammer. Dies sei manchmal anstrengend, müsse sich bei der Konkurrenz aber auch bilden. «Diese Gier zu entwickeln ist ein Prozess, das geht nicht von heute auf morgen. Aber genau das ist der Schlüssel des FC Bayern», schilderte Sammer, der die Anfangsphase dieses dominanten Jahrzehnts gemeinsam mit dem damaligen Trainer Pep Guardiola massiv prägte.
Nächste Generation steht bereit
In diesem Frühjahr schien sich tatsächlich mal so etwas wie ein Hoffnungsschimmer aufzutun. Nationalspieler Niklas Süle wechselte ablösefrei von München nach Dortmund, die sonst so makellosen Bayern verloren plötzlich in Bochum oder scheiterten im Pokal, das Gerüst der Abomeister um Neuer (36), Müller (32) und Weltfußballer Robert Lewandowski (33) wird auch nicht jünger und hat Stand jetzt nur Verträge bis Sommer 2023.
Doch macht das wirklich Hoffnung? Mit dem 1995er-Jahrgang um die Nationalspieler Joshua Kimmich, Serge Gnabry und Leon Goretzka steht die nächste Generation schon bereit. Und wenn Bundesliga-Stars wie Dortmunds Erling Haaland oder Leipzigs Christopher Nkunku auf dem Transfermarkt gehandelt werden, fällt wie selbstverständlich schnell auch der Name Bayern. Dass ein Gnabry nach Leipzig oder ein Müller nach Dortmund wechselt, darf man hingegen getrost ausschließen. Süles bemerkenswerter Seitentausch dürfte diesbezüglich schon den Gipfel markiert haben.
Playoff-Idee vs. Tradition
Auch BVB-Boss Hans-Joachim Watzke ist nicht allzu optimistisch, dass sich an den bestehenden Verhältnissen schnell etwas ändern kann. «Dass das fehlende Meisterrennen grundsätzlich ein Problem ist, bestreitet niemand», sagte Watzke bei «Zeit online». Was man gegen die Dominanz tun könne? «Helfen könnten – wenn man ehrlich ist – wohl nur krasse sozialistische oder extreme kapitalistische Instrumente», erklärte der verzweifelte Vereinsboss der Borussia.
Die Playoff-Idee ist – mit Blick auf Spannung und Abwechslung – zweifellos reizvoll, dafür genügt ein Blick in die vergangenen Jahre des DFB-Pokals. Dort gab es für die Münchner in zehn Spielzeiten nur fünf Titel – und beispielsweise Niederlagen gegen Frankfurt, bei Gladbach oder Zweitligist Holstein Kiel. Offen bleibt, ob die Liga bereit ist, jahrzehntelange Traditionen hinter sich zu lassen und den vollen Kalender noch mehr zu überfrachten, um wieder mehr Spannung im zuletzt eindimensionalen Meisterkampf zu generieren.