Triathlon-Superstar Jan Frodeno ließ jüngst erst seine lädierte Achillessehne untersuchen. Patrick Lange dreht eine lockere Laufrunde durch Hamburg mit Kai Pflaume.
Wenn am Samstag um die Titel bei der Ironman-WM gekämpft und geschwitzt wird, fehlen die Champions der Jahre 2015, 2016, 2017, 2018 und 2019. Doch nicht nur deswegen wird es eine Weltmeisterschaft unter besonderen Vorzeichen. Zum ersten Mal seit 1978, als im Februar desselben Jahres der kräftezehrende Wettkampf über 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen seine Premiere feierte, werden die Triathlon-Champions nicht auf Hawaii gekrönt.
Weltmeisterin Haug am Start
Für die Titelverteidigerin bei den Frauen kein Problem. «Für mich ist es persönlich egal, wo eine WM stattfindet», sagt Anne Haug: «Für mich ist eine WM eine WM.» Aus Sicht der Chancengleichheit sei es sogar nicht schlecht, eine WM an einem anderen Orten zu machen. Erst recht, weil Hawaii mit der Hitze, der extremen Luftfeuchtigkeit und den gefürchteten Mumuku-Winden mehr als eine Herausforderung ist. «Wir, die wir auf Hawaii gewonnen haben, müssen beweisen, dass wir es auch woanders können», sagt Haug der Deutschen Presse-Agentur.
Die 39-Jährige gewann – wie Frodeno – 2019 die bislang letzte WM. 2020 musste der Klassiker im Triathlon-Mekka wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden, 2021 war auch kein Rennen dort möglich. Die WM, die nun in St. George im US-Bundesstaat Utah steigt, ist der Nachholtermin. Im Oktober soll wieder auf Hawaii ein Kanonenschuss die Tausenden von Athletinnen und Athleten auf die Strecke schicken.
Frodeno und Lange hoffen auf Hawaii-Rennen
Dann wollen Frodeno, der wegen eines Teilrisses der Achillessehne nur daheim in Girona vornehmlich Schwimmen und Radfahren trainieren kann, und Lange, der sich im Trainingslager auf den Kanaren eine Schulterverletzung zugezogen hatte, wieder mit dabei sein.
Dass die famose deutsche Titelserie bis dahin Bestand hat, darf bezweifelt werden, auch wenn der Initiator in St. George dabei ist. 2014 feierte Sebastian Kienle seinen größten sportlichen Erfolg. 2019 schaffte er es bis auf Platz drei auf Hawaii. Doch in den vergangenen Jahren litt der mittlerweile 37-Jährige immer wieder unter Verletzungsproblemen. Nächstes Jahr will er seine Karriere beenden.
«In den vergangenen zwei Jahren hatte ich oft das Gefühl, verdammt, das war’s», sagte er bei seiner Rücktrittsbekanntgabe vor ein paar Monaten. Jetzt soll es das aber noch nicht gewesen sein: Entweder in Utah oder auf Hawaii will Kienle noch mal triumphieren. Irgendwie, auch wenn er weiß, wie groß die Herausforderung ist. «Ich würde nicht sagen unmöglich, aber es ist ziemlich schwer, am Samstag da oben in der Mitte zu stehen», sagte er bei der offiziellen Pressekonferenz, nicht ohne nebenbei gut gelaunt auch für einige Lacher zu sorgen, als er von seiner Trainingsmotivation während eines Toilettengangs berichtete. Top-Ten-Chancen dürften die beiden weiteren Deutschen, Florian Angert und Boris Stein, haben.
Ein Norweger ist einer der Favoriten
2014 gewann Kienle, 2015 und 2016 Frodeno, 2017 und 2018 Lange, dann wieder Frodeno. Durch das Fehlen des deutschen Duos rückt bei der Frage nach dem Topfavoriten einer noch mehr ins Blickfeld: Kristian Blummenfelt, 28 Jahre alt, Norweger und Abräumer des Vorjahres. Blummenfelt gewann den WM-Titel über die Kurzdistanz, Olympisches Gold und in einer famosen Rekordzeit bei seiner Langdistanz-Premiere den Ironman Cozumel. Leider habe es ein paar Absagen gegeben, sagte er mit Blick auf den zu Jahresbeginn ausgerufenen Kampf zwischen Norwegen und Deutschland mit seinen Topstars.
Neben Blummenfelt gehören unter anderen Landsmann Gustav Iden, zweimaliger Weltmeister über die halbe Distanz, Ex-Vizeweltmeister Lionel Sanders aus Kanada und der zweimalige Olympiasieger Alistair Brownlee aus Großbritannien zum Favoritenkreis. Auf dem Radkurs mit fast zweieinhalb Tausend Höhenmetern und einem hügeligen Marathon sind Überraschungen aber erst recht nicht ausgeschlossen. Es wird ein Kraftakt-Arbeitstag ohne Pause über mehr als siebeneinhalb Stunden.
«Auf so einer Strecke habe ich auch noch keinen Wettkampf gemacht», berichtet Haug. Über 900 Tage nach ihrem Triumph als erste deutsche Frau sagt sie mit Blick auf eine Titelverteidigung: «Einmal zu gewinnen, ist super. Es ein zweites Mal zu bestätigen, wäre etwas ganz Besonderes.»
Der Start der Frauen-Konkurrenz erfolgt fünf Minuten nach dem der Profi-Männer um 14.20 Uhr MESZ («sportschau.de») im Sand Hollow State Park. Dabei sein wird auch die Ironman-Hamburg-Gewinnerin von 2021, Laura Zimmermann. Fehlen wird Laura Philipp. Die 35-Jährige gehörte zu den Medaillenkandidatinnen, eine Corona-Infektion stoppte sie. Das gleiche Schicksal ereilte die 33-jährige Carolin Lehrieder. Wegen einer Hüftverletzung musste die dreimalige Vizeweltmeisterin Lucy Charles-Barclay aus Großbritannien ihren Start absagen.