Zurückgekehrter Wille, wieder gewonnene Leidenschaft und der frühere Stanley-Cup-Sieger Philipp Grubauer stärken den Glauben an die Olympia-Wiedergutmachung. Mit dem NHL-Goalie als Trumpf stimmt der WM-Auftakt des deutschen Eishockeyteams zuversichtlich.
Das 2:1 gegen den Olympia-Dritten Slowakei am Samstag in Helsinki bedeutete einen ersten, wichtigen Schritt auf dem langen Weg ins Viertelfinale. Gegen Außenseiter Frankreich soll am Montag (19.20 Uhr/Sport1 und MagentaSport) der nächste Sieg her.
«Um in Richtung Viertelfinale zu schauen, ist es immer ein gutes Zeichen, wenn du gegen die Slowakei gewinnst», sagte Marcel Noebels vom Meister Berlin am Sonntag: «Wichtig ist, dass wir nach dem Sieg und der Euphorie da weitermachen, wo wir aufgehört haben. Wenn Grubi so hält, haben wir jedes Spiel eine Chance, Punkte zu holen.»
Reaktion gezeigt
Nach dem 3:5 gegen den starken Rekordweltmeister Kanada hatte der Olympiazehnte mit dem herausragenden Grubauer und mannschaftlicher Geschlossenheit eine Reaktion gezeigt. Eine weitere Niederlage hätte den Druck vor den entscheidenden Vorrundenpartien erhöht. «Das war extrem wichtig. Das hilft natürlich auch der Stimmung. Das ist ein Selbstvertrauens-Boost, das können wir gut gebrauchen», sagte Kapitän Moritz Müller und warnte: «Man darf jetzt keinen Fehler machen. Die drei Punkte sind nur was wert, wenn wir gegen Frankreich was holen.»
Dass der Sieg sogar in regulärer Spielzeit (drei Punkte) statt in der Verlängerung oder im Penaltyschießen (zwei) gelang, kann am Ende der Gruppenphase viel ausmachen. Die Slowaken sind neben Kanada und der Schweiz vermeintlich stärkster Gruppengegner und ein direkter Konkurrent ums Viertelfinale. «Denen drei Punkte abzunehmen, hilft ungemein», verdeutlichte Müller. NHL-Star-Verteidiger Moritz Seider meinte: «Das war enorm wichtig, aber das war uns klar.»
Hoffen lässt, dass sich der Weltranglisten-Neunte zu Beginn dieser WM mit einem offenbar besseren Teamgeist als vor drei Monaten in Peking und einem Schub dank der NHL-Profis präsentiert. Von einem solch üblen Auftritt gegen die Slowakei wie bei den ernüchternden Winterspielen war jedenfalls nichts zu sehen. «Vom Torwart bis zur vierten Sturmreihe, alle haben wirklich gut gearbeitet», bilanzierte Bundestrainer Toni Söderholm. Der 44-Jährige klang gar begeistert.
Nah an Idealvorstellung
Für Söderholm lag das zweite WM-Spiel «ziemlich nah» an seiner Idealvorstellung. «Das war fast das temporeichste Spiel, das ich in meinen letzten Jahren mit der Nationalmannschaft erlebt habe», sagte der Finne. Ende 2018 hatte übernommen. Das 0:4 gegen die Slowaken als Olympia-Tiefpunkt war der erste heftige Rückschlag unter ihm, nachdem sich der Verband nach der knapp verpassten WM-Medaille 2021 endgültig in der Weltspitze angekommen gefühlt hatte.
Im Vergleich zu Peking kann das NHL-Trio mit Seider, Ausnahmestürmer Tim Stützle und Grubauer einen entscheidenden Unterschied bewirken. «Da kommen Schüsse aufs Tor, und du denkst: «Leck mich am Arsch. Und der lacht sich kaputt. Es ist einfach ein Traum, das anzuschauen», schwärmte Eisbären-Stürmer Leo Pföderl von Grubauer. Der Mannheimer Routinier Matthias Plachta, wie Pföderl Torschütze gegen die Slowakei, würdigte den Goalie: «Unser Torhüter hat unwirklich gespielt. Er hat den einen oder anderen Unmöglichen noch rausgeholt.»
«Wir können echt viel erreichen»
Teamleistung und Moral stimmten aber eben auch und können Schlüsselfaktoren sein. Bereits gegen Titelverteidiger Kanada hatte die verjüngte Truppe Charakter bewiesen, als sie sich nach einem 1:5 noch mal zurückkämpfte. Nach dem Slowakei-Spiel sprach Seider von einem «unglaublichen Zusammenhalt» auch auf der Ersatzbank. «Wir haben eine gute Truppe. Es macht Spaß. Wir können echt viel erreichen, wenn wir wollen», sagte Noebels.
Frankreich nimmt als Außenseiter an der WM Teil. Der Weltranglisten-13. spielt nur mit, weil Russland und Belarus als Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine suspendiert wurden. «Man muss im Kopf haben, wo sie herkommen. Sie wollen sich beweisen. Viele werden sagen, sie gehören nicht hierher», sagte Söderholm. Der 44-Jährige erinnerte auch an seinen Satz, den er schon nach dem guten Schluss gegen Kanada gesagt hatte: «Wenn du glaubst, es geht einfach so weiter, hast du ein Problem.»