Prozess gegen Blatter und Platini startet

Es sind zwei der großen ungeklärten Fragen in der skandalumtosten Funktionärswelt des Fußballs. Warum flossen unter Joseph Blatter zwei Millionen Schweizer Franken von der FIFA an Michel Platini? Und wie erfuhren die Schweizer Strafermittler von der dubiosen Zahlung?

Ihre Position als mächtigste Männer im Weltfußball haben Blatter (86) und Platini (66) schon lange verloren – mit Spannung wird nun erwartet, ob im Prozess gegen die einstigen Freunde vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona im Kanton Tessin auch alle Hintergründe offengelegt werden können. Die wichtigsten Fragen zu der am Mittwoch beginnenden Verhandlung:

Was wird Blatter und Platini vorgeworfen?

Die Anklage lautet auf Betrug, Urkundenfälschung und mehrere andere Delikte. Den beiden früheren Spitzenfunktionären wird vorgeworfen, dass sie den Weltverband über eine angeblich noch ausstehende Forderung Platinis aus einer Beratertätigkeit für die FIFA und Blatter von Juli 1998 bis Mitte 2002 getäuscht haben. Im Jahr 2010 wurde eine – nach Ansicht der Bundesanwaltschaft – «fiktive» Rechnung über zwei Millionen Schweizer Franken des damaligen UEFA-Präsidenten Platini eingereicht und von Blatter bestätigt. Die Summe ging 2011 von der FIFA auf ein Konto Platinis, der Weltverband zahlte auch 229 126 Franken Sozialversicherungsbeiträge.

Was sagen die Beschuldigten?

Die Verteidigung Platinis sieht in dem Gerichtsprozess das «Ergebnis eines Komplotts». Man könne «detailliert darlegen, dass das Verfahren gegen Herrn Platini politisch motiviert war mit dem Ziel, ihn daran zu hindern, FIFA-Präsident zu werden», sagte Rechtsanwalt Dominic Nellen der Deutschen Presse-Agentur. Ziel sei gewesen, Platini als FIFA-Präsident «zu eliminieren». Der frühere Europameister galt als logischer Nachfolger Blatters. Stattdessen stieg sein früherer Vertrauter Gianni Infantino zum Weltverbandschef auf.

Die FIFA-Ethikkommission hatte Blatter und Platini 2015 für jeweils acht Jahre gesperrt. Auch wenn diese Sanktionen später reduziert wurden, bedeutete der Bann das Ende der Ambitionen Platinis auf den Posten als Weltverbands-Chef. Blatter hatte die Vorwürfe ebenfalls stets zurückgewiesen. Der Verhandlung blickt er «mit Optimismus» entgegen: «Ich hoffe, dass damit diese Geschichte ein Ende findet und alle Fakten sauber aufgearbeitet werden», ließ er zuletzt mitteilen.

Wie läuft der Prozess ab?

Insgesamt sind elf Verhandlungstage bis zum 22. Juni angesetzt. Ein Urteil soll am 8. Juli verkündet werden. Am Mittwoch wird Blatter vernommen, einen Tag später folgt Platini und die Zeugenaussagen beginnen. Die Sitzungstage sind nur von neun bis 13.30 Uhr angesetzt – mit Blick auf die Gesundheit Blatters, der Anfang 2021 nach einer Operation zeitweise im künstlichem Koma lag. Blatter und Platini droht jeweils eine Gefängnisstrafe von bis zu fünf Jahren. Im Falle einer Verurteilung gilt jedoch eine geringere Strafe als wahrscheinlich.

Welche Rolle spielt die FIFA?

Der Weltverband tritt als Nebenkläger auf, will sich das Geld zurückholen. FIFA-Präsident Infantino wird keinen Auftritt als Zeuge haben. Platini hatte den Ex-UEFA-Generalsekretär Ende vergangenen Jahres bei der französischen Justiz wegen aktiver Einflussnahme angezeigt. Treffen Infantinos mit dem Ex-Bundesanwalt Michael Lauber sind aber nicht Bestandteil des beginnenden Prozesses. Der FIFA-Chef hatte den Vorwurf einer Absprache stets zurückgewiesen. Im Mai 2021 durfte ein Schweizer Ermittler wegen Befangenheit nicht mehr weiter gegen ihn vorgehen.

Von Florian Lütticke, dpa