Müller die Konstante im Flick-System – aber nicht der «Papa»

Für die lobenden Worte des Bundestrainers kam Thomas Müller wahrscheinlich ein wenig spät.

Erst gegen Ende der Ausführungen von Hansi Flick vor dem schweren Spiel am Samstag (20.45 Uhr/RTL) in Ungarn wartete der 32-Jährige hinter der großen, schwarzen Trennwand im Raum «Feel 3» in Herzogenaurach – da hatte Flick längst deutlich gemacht, wie wichtig Müller für die Fußball-Nationalmannschaft wieder ist. «Er hat eine enorme Qualität», sagte der Bundestrainer. Auf und neben dem Platz.

«Ich versuche der Gleiche zu sein wie in den letzten Jahren in meinen Mannschaften», sagte dann Müller selbst. «Ich versuche, Input zu geben, wenn ich irgendetwas sehe, die Jungs auch zu kitzeln und zu provozieren, dass man sich selbst auch hinterfragt.» Das könne sportlich Dinge betreffen, aber auch alles darüber hinaus. Trotzdem, und da musste der 114-malige Nationalspieler grinsen, als «der Papa» der DFB-Auswahl fühle er sich nicht. «Und bin ich auch nicht.»

Unberechenbarkeit als Stärke

Die Rolle des Bayern-Profis in Flicks entstehendem WM-System ist klar definiert. Der staksig wirkende Offensivspieler sorgt wie auch beim deutschen Rekordmeister für die Spielzüge, mit denen kein Gegner rechnet. «Ich versuche, mich relativ logisch zu positionieren und logisch zu laufen», sagte Müller, der, wenn es mal nicht läuft wie beim 1:1 am vergangenen Samstag in Italien, mitunter fehl am Platz wirkt. In der gemeinsamen Zeit in München hatten Flick und Müller aber alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. «Er ist ein Spieler, der jeder Mannschaft guttut», sagte Flick.

2019 aussortiert

Sein Vorgänger Joachim Löw hatte das eine Zeit lang anders gesehen. Gemeinsam mit Mats Hummels und Jérôme Boateng war Müller im März 2019 aussortiert worden. Löw sah für das Trio nach der aus deutscher Sicht desolaten WM 2018 mit Vorrundenaus keine sportliche Zukunft mehr für die erfahrenen Weltmeister. Zumindest bei Müller war das eine gnadenlose Fehleinschätzung. Seit Löws Rückholaktion vor der EM im vergangenen Jahr gehört Müller zum engsten Stamm.

«Klar, ein paar Tore habe ich mir schon noch vorgenommen, für die Nationalmannschaft zu schießen», sagte Müller. Ob «zwei, drei oder fünf bis sieben», das sei ihm nicht egal, «aber es ist auch nicht so entscheidend». Bislang sind es 43 – Platz acht in der DFB-Bestenliste gemeinsam mit Uwe Seeler.

Nur den Gute-Laune-Onkel wird Müller während seiner verbleibenden DFB-Karriere kaum geben. Auch, wenn er das Zeug dazu hätte. Für «Spiel, Spaß und Spannung» sei im DFB-Teamquartier in Herzogenaurach gesorgt gewesen, warb Müller in Richtung des Frauen-Teams, das in Kürze die EM-Vorbereitung dort aufnehmen wird. Und er versprach: «Wir werden aufräumen.»

Von Jan Mies und Arne Richter, dpa