Schon wieder nur 1:1: Kraftlose DFB-Elf enttäuscht in Ungarn

Manuel Neuer debattierte noch mit seinem ungarischen Torwartkollegen Peter Gulasci am Mittelkreis, der Rest der deutschen Mannschaft verschwand erschöpft und ernüchtert schnell in der Kabine.

Mit dem vierten 1:1 in Serie hat die Fußball-Nationalmannschaft ihre Fans enttäuscht und die WM-Erwartungen von Bundestrainer Hansi Flick gegen Ungarn erneut nicht erfüllt. Jonas Hofmann (9. Minute) verhinderte mit seinem schnellen Ausgleichstor als großer Lichtblick die erste Niederlage im zwölften Länderspiel unter Flick, der Premierensieg in der Nations League wollte nach den Remis gegen Italien und England auch in Budapest aber nicht gelingen.

Ungarn mit der frühen Führung

«Die Zielstrebigkeit im Spiel nach vorn, die Leichtigkeit haben gefehlt», sagte Kapitän Neuer. Zsolt Nagy (6.) nutzte die frühe Unordnung in der teilweise konfusen deutschen Defensive, der es ohne den geschonten Abwehrchef Antonio Rüdiger an Stabilität und Ordnung fehlte. Beim dritten Länderspiel binnen einer Woche blieb die DFB-Auswahl ohne den erst am Schluss eingewechselten Thomas Müller aber auch offensiv deutlich unter der von Flick geforderten Leistungsbereitschaft von 100 Prozent.

Auf dem Weg zu WM in Katar bleibt Flick noch ganz viel Arbeit. «Wir sind in einem Entwicklungsprozess. Da ist auch klar, dass es irgendwann mal Rückschritte gibt. Wir müssen aus diesem Spiel die Lehren ziehen», sagte der Coach. In der Nations League ist Deutschland zur Halbzeit der Gruppenphase mit drei Punkten näher am Abstiegsrang denn an der Finalteilnahme.

Die Chance zur Wiedergutmachung bietet sich immerhin schon am Dienstag, wenn Europameister Italien in Mönchengladbach im letzten Spiel vor der herbeigesehnten Sommerpause zu Gast ist. «Da wollen wir eine Rakete zünden», versprach Neuer bei RTL. Die Italiener führen die Gruppe nach dem 0:0 in England mit fünf Punkten vor Ungarn (4) an. Fehlen wird dann Innenverteidiger Nico Schlotterbeck, der nach seiner zweiten Gelben Karte gesperrt ist.

DFB-Elf mit der prompten Antwort

Kaum hatte die Partie Fahrt aufgenommen, musste Flick an seinem Urteil vom «guten Weg» zweifeln. Ein weiter Ball von Ungarns Willi Orban düpierte die deutsche Viererkette. David Raum ließ Attila Fiola bei der Flanke gewähren, Schlotterbeck stand beim Kopfball von Roland Sallai zu weit weg. Zwar konnte Kapitän Neuer mit einem Reflex parieren, doch Nagy jagte die Kugel im Nachschuss unter die Latte.

Gerade diese defensiven Aussetzer hatte Flick sich eigentlich verbeten, nachdem zuletzt weder gegen die Niederlande und Italien noch gegen England ein Zu-Null-Spiel gelungen war. Immerhin zeigten seine Schützlinge wie schon zum Auftakt der Nations League in Italien eine prompte Reaktion binnen drei Minuten. Schlotterbecks langer Pass erreichte den durchgestarteten Hofmann, Ungarns Keeper Gulasci verschätzte sich beim Herauslaufen. Der Gladbacher legte den Ball vorbei und schob ins leere Tor zum Ausgleich ein.

Jonas Hofmann trifft erneut

Schon gegen die Engländer hatte Hofmann den deutschen Treffer erzielt. In Italien bereitete der 29-Jährige das Ausgleichstor vor. In diesem Nations-League-Sommer gehört Hofmann bisher zu den Gewinnern bei der Suche nach dem WM-Kader für Katar.

Die schnelle Antwort aber gab den Gästen keine Sicherheit. Wie schon beim erzitterten 2:2 beim EM-Gruppenspiel im Vorjahr erwiesen sich die Gastgeber als höchst unbequemer Gegner. Flick gestikulierte eifrig am Spielfeldrand, wirkte schwer verstimmt von der Darbietung seiner Mannschaft. Zwar hatten die Deutschen deutlich mehr Ballbesitz, aber keine Spielkontrolle.

Ungarn organisiert und kompakt

In der Defensive wirkte die DFB-Auswahl gegen die schnell umschaltenden Ungarn sehr anfällig. Vor allem der Hoffenheimer Raum, angeblich von Borussia Dortmund umworben, geriet auf der linken Seite immer wieder in Not. Chancen wie durch den Kopfball von Geburtstagskind Kai Havertz (18.) und den Schuss von Raum (40.) vorbei am langen Pfosten blieben Mangelware. Neuer musste sogar das Remis gegen Fiolas Direktabnahme in die Kabine retten (44.).

Und es wurde auch nach dem Seitenwechsel nicht besser. Nur kurz erhöhte das deutsche Team das Tempo, bald hatten sich die Ungarn wieder in ihrer kompakten Defensive organisiert. Im Spiel nach vorn fehlten dem DFB-Team Ideen und Esprit. Nach viel Leerlauf tauchte plötzlich Hofmann wieder frei vor Gulasci auf, sein Zuspiel erreichte den mitgelaufenen Timo Werner aber nicht (72.).

Mit den Einwechslungen von Ilkay Gündogan, Müller und Julian Brandt wollte Flick noch einmal Impulse geben. Die beste Chance auf den Siegtreffer aber hatten die Ungarn, Neuer lenkte einen Fernschuss von Daniel Gazdag (81.) über das Tor. Auch in den letzten Minuten gelang dem deutschen Team nichts Zählbares mehr.

Von Arne Richter, Jan Mies und Christian Hollmann, dpa