Die Auswirkungen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine auf das Schwimmen erfährt Olympiasieger Florian Wellbrock von einem direkt Betroffenen.
Der ukrainische Top-Athlet und Wellbrock-Konkurrent Michailo Romantschuk hat sich auf Einladung des 24-Jährigen in Magdeburg auf die WM vorbereitet.
Romantschuk sei nach Deutschland gekommen, «als seine letzte Trainingshalle mit einem 50-Meter-Becken kaputt gebombt wurde», sagte Wellbrock der Deutschen Presse-Agentur. Wegen der Invasion ins Nachbarland sind russische Sportler bei der WM in Budapest ab diesem Freitag unerwünscht.
WM in Budapest startet am Freitag
Wellbrock will den Ausschluss nicht öffentlich bewerten. Sein Teamkollege Lukas Märtens kommentiert ihn so: «Ich stehe da voll dahinter. In Michailo Romantschuk haben wir ja gerade auch jemanden hier, der hautnah berichtet hat, was in der Ukraine passiert ist.»
Mit der Entscheidung, dass keine Athletinnen und Athleten aus Russland und Belarus in der ungarischen Hauptstadt starten dürfen, hatte sich der Weltverband Fina verhältnismäßig lange Zeit gelassen. So lange, dass unter anderem der Deutsche Schwimm-Verband schon Druck aufgebaut hatte. Der DSV hatte mit einem WM-Boykott gedroht, sollte Russland dabei sein dürfen. Nach den ursprünglichen Regeln wäre ein Start bei den Wettbewerben im Beckenschwimmen, Freiwasserschwimmen, Wasserspringen, Wasserball und Synchronschwimmen unter neutraler Flagge möglich gewesen.
Sportlich hat das Fehlen der Russinnen und Russen große Auswirkungen. Die starke Schwimm-Nation belegte bei den vergangenen Weltmeisterschaften im Medaillenspiegel Rang drei hinter China und den USA. In den Beckenschwimmwettbewerben gab es dreimal Gold. Im Synchronschwimmen gewannen Russinnen sogar neun von zehn Titeln.
Sportler werden in die Propaganda eingespannt
Der frühere Weltklasse-Wasserspringer Patrick Hausding sieht den Ausschluss der russischen Sportlerinnen und Sportler differenziert. Er zeigt auch Mitgefühl für die Athleten. «Man muss beide Seiten der Medaille sehen. Die russischen Springer sind bestimmt nicht aus politischen Gründen unterwegs. Deswegen tut es mir für sie schon irgendwie leid», sagte der Rekordeuropameister. «Auf der anderen Seite: Wenn man keine kollektiven Entschlüsse durchzieht, dann sieht es so aus, als ob alles in Ordnung sei, und das geht auch nicht.»
Der 33 Jahre alte Berliner sagte: «Ich kann nicht einschätzen, welche Rolle der russische Sport rund um den Ukraine-Krieg spielt. Ich weiß, dass ukrainische Springer mit russischen Springern in Kontakt waren, als der Krieg ausgebrochen ist. Da haben die Russen auch gesagt, dass es ihnen leidtut, was da passiert.»
Manche Sportler werden jedoch auch in die Propaganda von Russlands Präsident Wladimir Putin eingespannt oder bringen sich dort freiwillig ein. So nahm Rückenschwimm-Olympiasieger Jewgeni Rylow an einer Pro-Kriegs-Kundgebung im Luschniki-Stadion in Moskau teil.
Der 25-Jährige trug dort auf der Bühne neben seinen Medaillen von den Olympischen Spielen in Tokio ein «Z» in den Nationalfarben Russlands auf seiner Brust. Der Buchstabe ist mit Blick auf den Krieg ein nationalistisches Zeichen und prangt auf den in der Ukraine agierenden russischen Militärfahrzeugen. Die Chance, derartige Botschaften im Rahmen von Sportveranstaltungen zu verbreiten, haben er und andere russische Schwimmer bei der WM und auf absehbare Zeit auch bei anderen internationalen Events nicht.