Klein aber fein – so kann man das deutsche Aufgebot für die Schwimm-Weltmeisterschaften mit fünf Wassersportarten in Budapest durchaus bezeichnen. Und es ist nicht chancenlos, was den Gewinn von Edelmetall anbelangt. Die größten Hoffnungen tragen dabei die Schwimmer.
Beckenschwimmen:
Alle reden von und über Florian Wellbrock. Mit recht. Der 24-Jährige geht als Titelverteidiger über 1500 Meter Freistil ins Rennen und will alles dafür tun, erneut Gold nach Hause zu bringen. Auch über 800 Meter Freistil rechnet er sich etwas aus, wobei er auf dieser Strecke nach wie vor auf das perfekte Rennen wartet. «Ich bin noch nie ein 800-Meter-Rennen geschwommen, mit dem ich richtig zufrieden war. Ich hatte immer irgendwas zu bemängeln und hoffe, dass ich diesmal zufrieden sein kann», sagte Wellbrock.
In seinem Schatten hat sich Vereinskollege Lukas Märtens zu einem ernsthaften Konkurrenten entwickelt, der aktuell von 400 Meter bis 1500 Meter Freistil die Jahresweltbestzeiten hält. Trainer Bernd Berkhahn traut ihm durchaus den großen Durchbruch zu, genau wie Märtens Lebensgefährtin Isabel Gose. Sie sieht vor allem über 800 Meter eine Chance. Zu den Kandidaten, die durchaus überraschen können, gehören auch Henning Mühlleitner, dem man vor allem über 400 Meter Freistil einiges zutraut, sowie Brustschwimmerin Anna Elendt und Freistilschwimmer Rafael Miroslaw, die in dieser Saison schon die deutschen Rekorde auf kurzen Strecken verbesserten.
Freiwasserschwimmen:
Wenn es einen klaren Favoriten über zehn Kilometer im Freiwasser gibt, dann heißt der Florian Wellbrock. Seit der WM 2019 dominiert der Magdeburger diese Strecke und krönte sich mit einem «perfekten Rennen, wenn es das überhaupt gibt» (Wellbrock), in Tokio zum Olympiasieger. Auch bei den Starts vor der WM zeigte der Magdeburger, dass man zuerst ihn schlagen muss, wenn man Weltmeister werden will. Erstmals geht der 24-Jährige auch über die fünf Kilometer an den Start und will auch da nach Medaillen greifen.
Die größten Chancen bei den Frauen rechnen sich die Olympia-Fünfte Leonie Beck über fünf und zehn Kilometer sowie Jeannette Spiwoks über fünf Kilometer aus. 25-Kilometer-Europameisterin Lea Boy gehört ebenfalls zu den Favoritinnen, vor allem auf der längsten Distanz. Was in der 4 x 1,5 Kilometer-Staffel, für die zunächst einmal Oliver Klemet, Wellbrock, Boy und Beck vorgesehen sind, möglich ist, bleibt abzuwarten. Schließlich wird das Teamrennen nur einen Tag nach Wellbrocks fest eingeplantem Beckenfinale über 1500 Meter ausgetragen.
Wasserspringen:
Was kommt nach den Rücktritten von Patrick Hausding und Martin Wolfram? So einiges, ist sich Bundestrainer Lutz Buschkow sicher. Nun haben andere die Chance, sich ins Rampenlicht zu springen. Die deutschen Meisterschaften Anfang Mai zeigten, dass es viel Potenzial im Lager der Wasserspringer gibt. Das größte besitzen die Olympia-Medaillengewinner Tina Punzel, Lena Hentschel und Lars Rüdiger. Punzel schaffte gleich vier Meistertitel und war dabei mit 3-Meter-Synchron-Partnerin Henschel eine Klasse für sich. Dieser Wettbewerb sollte auch die größten Medaillenchancen bieten. Angesichts des Fehlens der starken Russen, die wegen der Invasion in die Ukraine gesperrt sind, ist aber auch in anderen Wettbewerben Edelmetall möglich. Der DSV besetzt elf der zwölf Disziplinen. Lediglich Synchronspringen vom Turm der Männer findet aus Verletzungsgründen ohne deutsche Starter statt.
Wasserball:
Die deutschen Wasserballer nutzen die WM als Standortbestimmung. Weil wichtige Leistungsträger nicht mehr dabei oder verletzt sind, war der neue Bundestrainer Petar Porobic zu einem großen Umbruch gezwungen. Lediglich noch vier Spieler von der WM 2019 stehen im Aufgebot. Und die Gegner in der Vorrunde in Debrecen haben es in sich: Auf Japan folgen Kroatien, das seit 2007 immer mit WM-Medaillen dekoriert ist, sowie der Olympia-Zweite Griechenland. «Die Weltmeisterschaften sind in erster Linie dazu da, um nach dem Umbruch zu schauen, wo wir aktuell stehen», sagte Kapitän Moritz Schenkel dem DSV-Verbandsmagazin «Swim&More».
Synchronschwimmen:
Final-Teilnahmen sind das große Ziel der beiden DSV-Synchronschwimmerinnen Marlene Bojer und Michelle Zimmer. Die 29-jährige Bojer hat in Ungarn gleich vier Starts: Sowohl als Solistin als auch als Duett mit Zimmer geht sie in der Technischen Kür sowie in der Freien Kür ins Wasser. Bojer ließ am Freitag bereits Taten folgen. Als jeweils Elfte in den Vorkämpfen zog sie in die Finals der Technischen Kür als Solistin wie auch im Duett mit Zimmer ein – mehr als ein Achtungserfolg, weil erstmalig in der Geschichte des deutschen Synchronschwimmens, seit 2007 Technische und Freie Kür getrennt wurden. Bei den Europameisterschaften 2021 hatten sie im Duett mit Platz zehn in der Technischen Kür und Platz elf in der Freien Kür jeweils das beste DSV-Ergebnis in der EM-Geschichte dieser Disziplinen erreicht. Jetzt wird das bei der WM noch getoppt.