Kritisch und einfühlsam: Coach Berkhahn als Medaillengarant

So richtig euphorisch ist Erfolgscoach Bernd Berkhahn auch nach der zweiten Goldmedaille seines Vorzeigeschwimmers Florian Wellbrock nicht. «Wir haben ja noch ein Rennen», sagt der Trainer und lacht.

Wenn man bei so vielen WM-Entscheidungen im Becken und Freiwasser Erfolg haben will, «ist man so ein bisschen im Tunnel», erklärt der 51-Jährige. «Die Euphorie kommt im Anschluss.» Fünf Einzelmedaillen haben deutsche Schwimmerinnen und Schwimmer in Budapest bislang gewonnen. Vier davon gehen auf das Konto von Berkhahns Trainingsgruppe Magdeburg mit dem viermaligen Medaillengewinner Wellbrock als Vorbild.

Die deutsche Elite trifft sich in Magdeburg

Rund um den Freiwasser-Olympiasieger mit dessen Ausnahmefähigkeiten, der auch einen großen Anteil an Staffel-Gold im Freiwasser hatte, hat Berkhahn an der Elbe ein Langstreckenteam der Extraklasse aufgebaut. Wer in Deutschland auf großen Distanzen etwas reißen will, wechselt nach Magdeburg.

Wellbrock kam aus Bremen, seine Frau und Olympia-Dritte Sarah aus Heidelberg. Der WM-Zweite Lukas Märtens und Isabel Gose, die in Ungarn dreimal ins Finale schwamm, trainieren ebenfalls bei Berkhahn. Zudem schloss sich der ukrainische Spitzenschwimmer Mychajlo Romantschuk wegen des Krieges in seiner Heimat der Gruppe an. Auch an seinen bislang zwei Medaillen hat Berkhahn einen Anteil.

Der Fachmann ist hilfsbereiter Lehrer und Ansprechpartner, aber auch Kritiker. Wenn ihm etwas nicht gefällt, dann sagt er das – auch öffentlich. Ob organisatorische Missstände oder sportliche Kritik: Berkhahn hat kein Problem damit, es anzusprechen.

Kommunikator – aber kein Schleifer

Der Coach gehörte im vergangenen Jahr zu den Unterzeichnern eines Briefes, in dem er und weitere namhafte Schwimm-Vertreter konkrete Informationen vom Vorstand des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) und Präsident Marco Troll forderten und unter anderem deutlich «intransparente und diffuse Kommunikation» bemängelten. Bei der WM kritisierte Berkhahn nach dessen Bronzemedaille über 1500 Meter Freistil Wellbrocks zu langsame Renngestaltung. Auch von hergeschenkten Vorteilen oder vertanen Chancen sprach er in der Vergangenheit in Bezug auf Wellbrock schon.

Bei den Trainingseinheiten in der Duna Arena redete der Coach immer wieder eindringlich mit seinem Musterschüler. Erklärte, gab Tipps. Berkhahn weiß genau, was er von seinen Sportlern will, und kann das offenbar auch sehr gut vermitteln. Ein Schleifer ist er dabei nicht. In Budapest merkt man, wie sehr er mit seinen Athleten leidet und wie ihm die Situation von Romantschuk und dessen Familie nahegeht.

Coach für Kurzstrecke gesucht

Die Sportlerinnen und Sportler schätzen seine Art. Kritik am Coach hört man von ihnen überhaupt nicht. Märtens, der bei den Weltmeisterschaften Zweiter über 400 Meter Freistil wurde, lobt Berkhahn als «sehr guten Trainer». Freiwasser-Bundestrainer Constantin Depmeyer sagt mit Bezug auf Wellbrock: «Er hat ein Top-Trainerteam um sich rum, ein Top-Betreuerteam. Das Magdeburger Gesamtkonstrukt wird die Leistung weiter aufbauen und forcieren.» Dieses Gesamtkonstrukt funktioniert in Deutschland auf der Langstrecke super. Auf der Kurzstrecke soll nun etwas Ähnliches gefunden werden.

Während sich Berkhahn noch mehr auf Wellbrock und dessen Trainingskollegen konzentrieren soll, sucht der DSV derzeit jemanden, der eine ähnliche Rolle für Kurzstrecken übernehmen kann. Auf den 50- und 100-Meter-Distanzen ist trotz der WM-Silbermedaille von der in den USA trainierenden Anna Elendt über 100 Meter Brust noch viel Potenzial für Verbesserungen.

«Ich glaube nicht, dass die Talente fehlen. Ich glaube aber, dass Talente auf den Kurzstrecken zu wenig gefördert und gefordert werden», hatte Wellbrock vor der WM gesagt. Was konkret verändert werden muss, kann er nicht sagen. Dafür aber: «Im Langstreckenbereich weiß ich, dass wir in Magdeburg mit den richtigen Trainingsmethoden arbeiten.» Und offenbar mit dem richtigen Trainer.

Von Thomas Eßer und Gerald Fritsche, dpa