Läuferin Schmidt mit riesiger Fangemeinde: Auch Medienprofi

Auf das Rennen gegen Neymar muss Alica Schmidt noch warten. Brasiliens Fußball-Superstar hat anders als Mats Hummels die Herausforderung zu einem Duell auf der Tartanbahn noch nicht angenommen. So wie PSG-Profi Neymar hat aber auch Alica Schmidt wenig Zeit.

Im Mittelpunkt stehen für die 400-Meter-Läuferin aus Berlin nun die Leichtathletik-Weltmeisterschaften in den USA. Nach der WM vom 15. bis 24. Juli in Eugene ist die 23-Jährige für die deutsche Staffel auch bei den Heim-Europameisterschaften ab dem 15. August in München wichtig.

Millionen Follower

Alica Schmidt ist zwar nicht die schnellste deutsche Läuferin über die Stadionrunde. Das ist Corinna Schwab, die bei den deutschen Meisterschaften in Berlin Ende Juni im Halbfinale zwei Sekunden schneller war als die im Endlauf dann drittplatzierte Lokalmatadorin. Doch bei der Anzahl der Fans ist Alica Schmidt weit vorn, sehr weit sogar. 3,1 Millionen Follower hat sie Stand Anfang Juli bei Instagram – Weitsprung-Olympiasiegerin und Weltmeisterin Malaika Mihambo bringt es auf 146 000, obwohl sie in der öffentlichen Wahrnehmung hierzulande gefühlt viel präsenter ist als Alica Schmidt.

Die Läuferin vom SCC Berlin begann vor einigen Jahren mit dem Posten von Urlaubsfotos und hätte sich nicht träumen lassen, eines Tages so viele Fans zu haben. Auch Sponsoren sind aufmerksam geworden. Doch Schmidt betont, sie sehe sich nicht als Influencerin. «Ich bin Sportlerin und freue mich, dass mich so viele Leute verfolgen», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur am Rande der nationalen Meisterschaften im Olympiastadion.

PR-Termine und TV-Auftritte

Dinge wie ein Treffen mit Neymar bei einem PR-Termin oder ein Fernsehauftritt bei Kai Pflaume seien «Momente und Erfahrungen, die ich extrem zu schätzen weiß», sagte Schmidt der «Bild». Neymar habe nach der Aufforderung zu einem Sprint-Duell «dann doch einen kleinen Rückzieher gemacht», berichtete sie bei Sport1. Trotz Social Media, Sponsoren und PR betont Schmidt: «In erster Linie lebe und atme ich die Leichtathletik und bin zu Hause auf meinem Trainingsgelände.»

Der deutschen Leichtathletik hafte zu Unrecht das Image an, sie sei verstaubt, betonte Verbands-Vorstandschef Idriss Gonschinska jüngst. Der DLV will junge Menschen stärker über digitale Medien erreichen und mit bewegten Bildern arbeiten. «Menschen interessieren sich für Geschichten von Menschen», erklärte Gonschinska.

Wie das funktioniert, macht Alica Schmidt vor. Sie setzt sich nicht nur gut in Szene, sondern lässt ihre Follower auch teilhaben. Im jüngsten Video-Blog bei Youtube nahm sie die Zuschauer Anfang Juli auf eine viertelstündige Reise zu den deutschen Meisterschaften und berichtete freimütig über die Details rings um ihre Läufe. Die Fans sind ganz dicht dran und ausdrücklich aufgerufen, ihre Kommentare abzugeben. Bei Instagram antworte sie immer selbst, sagte Schmidt.

All die Aktivitäten seien indes nicht einfach zu koordinieren. Dabei unterstützt sie ihr Manager, die Fotos macht ihr Freund. «Es ist nicht immer einfach, es braucht auf jeden Fall gutes Zeitmanagement», erklärte die Läuferin. «Aber man muss einfach Prioritäten setzen, und bei mir ist es ganz klar der Sport. Alles andere kommt danach.»

Dritte bei den deutschen Meisterschaften

Ihre 52,42 Sekunden im deutschen Meisterschaftsfinale stellten Schmidt nicht ganz zufrieden. «Ich wäre sehr gern ein bisschen schneller gerannt», sagte sie trotz der Zufriedenheit über Rang drei und ihre Medaille.

Für die WM in Eugene im US-Westküstenstaat Oregon nominierte sie der Deutsche Leichtathletik-Verband am vergangenen Freitag. Dort gibt es neben der 4×400-Meter-Staffel zum Ende der Wettbewerbe auch eine Mixed-Staffel gleich zum Auftakt. «Ich habe mir in den vergangenen Monaten den Hintern aufgerissen und bin so glücklich, dass sich die harte Arbeit auszahlt», schrieb Schmidt bei Instagram voller Vorfreude und kündigte für Mittwoch die Abreise Richtung USA an, wo es zunächst nach Santa Barbara in Kalifornien geht. «Ich bin mega gespannt auf die Erfahrung», sagte sie in ihrem jüngsten Videoblog.

Die Welttitelkämpfe haben derzeit Vorrang vor allem anderen. Die folgende Heim-EM in München sei gleich wichtig und natürlich besonders schön. Dort dürften dann auch die Chancen auf eine weitere Medaille für Alica Schmidt gar nicht so schlecht stehen. Der nächste Videoblog kommt vielleicht schon von der WM.

Von Robert Semmler, dpa