Konstanze Klosterhalfen läuft bei der WM in Eugene ins Ungewisse. Ob sie nach ihrer Corona-Zwangspause in der Nacht zum Donnerstag (1.35 Uhr MESZ) topfit zum Vorlauf über 5000 Meter antreten wird, weiß sie nicht.
«Es hat länger gedauert als gedacht, bis ich vom Energielevel wieder auf dem alten Stand war. Ich war 15 Tage positiv», berichtete die 25-jährige Leverkusenerin im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur nach ihrer Ankunft im WM-Ort. «Die Vorbereitung war nicht optimal. Ich lasse mich deshalb bei der WM überraschen.»
Klosterhalfen verzichtet auf Doppelstart
Den vorgesehenen Doppelstart über 10.000 und 5000 Meter sagte sie wegen der verkürzten WM-Vorbereitung ab. «Ich hätte mir gewünscht, einen Monat zu haben, aber es waren halt nur zwei Wochen», sagte Klosterhalfen, die 2019 bei der WM in Doha Bronze über 5000 Meter gewann und somit in Eugene auch im Blickpunkt steht. «Ich habe selbst hohe Ansprüche, weiß aber, dass in den vergangenen zwei Jahren viel passiert ist», erklärte sie. «Ich bin erstmal froh, gesund hier mit einer nicht perfekten, aber guten Vorbereitung zu stehen. Ich schaue, die besten Rennen wie möglich zu machen.»
In diesem Jahr absolvierte sie nur drei Wettkämpfe im Freien. Die letzten Starts in ihrer Heimat waren am 12. und 17. September 2021 in Berlin und Trier. «Wenn man acht Monate keine Wettkämpfe macht, ist die Zeit etwas knapp. Deshalb haben wir die kleineren Meetings in den USA mitgenommen, um keine weiten Reisen machen zu müssen», begründete sie ihre raren Auftritte in der Heimat. Seit drei Jahren lebt sie zumeist in ihrem amerikanischen Trainingscamp in Portland/Oregon. Die WM im 175 Kilometer entfernten Eugene ist daher eine Art Heimspiel.
Auf die WM folgt die EM
Dass die Heim-EM ab dem 15. August in München ihr eine zweite Chance bei einem Titelkampf gibt, sich zu beweisen, sieht sie positiv. «Das war in meinem Kopf. Es ist schön zu wissen, dass noch etwas kommt», sagte Klosterhalfen. «Das ändert nichts daran, dass ich den Fokus erst auf die WM habe.» An der Isar möchte sie dann über 5000 und 10.000 Meter antreten: «Ja, geplant ist es.»
Die lange Leidenszeit mit der Corona-Infektion noch obendrauf war für sie schwer, ist aber auch eine Motivation für die Zukunft. «Das mental Härteste war, das Topniveau im Training nicht zeigen zu können. Ich versuche wieder daran anzuknüpfen», sagte die gebürtige Bonnerin. Größere Verletzungen gehörten zum Sport dazu. «Es hat mich stärker gemacht und ich freue mich auf die Jahre, die kommen.»
Klosterhalfen: «Laufen immer an erster Stelle»
Ob sie zukünftig auch an ihrem Image arbeiten will, nicht weiter als Phantom zu gelten, das Öffentlichkeit und Medien weitgehend scheut und vom Management abgeschottet wird, ließ sie offen. «Ich fühle mich eigentlich ganz wohl, was ich so mache. Laufen steht immer an erster Stelle», betonte Klosterhalfen. «Ich habe immer gesagt: Ich laufe nicht für viel Geld.» Von den ganzen Anfragen bekäme sie nichts mit. «Das läuft alles über die, die entscheiden, was gut für mich ist.» Sie wolle vor allem die Leistung für sich sprechen lassen.
«Konstanze ist eher ein anderer Typ, eher introvertiert und ganz anders. Man muss das akzeptieren», sagte Jürgen Kessing, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes. Die Hoffnung, dass das in weiter Ferne lebende Lauf-Juwel so wie Weitspringerin Malaika Mihambo Werbung für die zurzeit wenig glanzvoll dastehende Sportart machen könnte, hat Kessing aber nicht aufgegeben.
«Wenn man mal so einen Erfolg wie die Mihambo hat, dann kann man viel gelassener mit der Öffentlichkeit umgehen», meinte der SPD-Politiker. «Konstanze Klosterhalfen ist sehr ehrgeizig, hat aber das, was sie will, noch nicht ganz realisieren können. Aber wenn das erfolgt, wird sie ein ganz anderer Mensch sein.»
Spekulationen über «Jahrhundert-Talent»
Eine exzellente Läuferin ist sie fraglos längst – und für viele ein Jahrhundert-Talent. Ihr Name steht hinter vier deutschen Rekorden: Über eine Meile, 3000 Meter und 5000 Meter rannte sie die Bestmarken 2019 sowie die über 10.000 Meter im Februar 2021. Zuletzt war sie bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio Achte über 10.000 Meter.
Ein schwieriges Thema ist Klosterhalfens fragil wirkender Körper. Die Frage nach einer vermeintlichen Magersucht bleibt da nicht aus. Im Gespräch mit «The Red Bulletin» vom 14. Juni wurde sie darauf angesprochen. «Ich kann damit gut umgehen», antwortete sie in dem Magazin ihres Sponsors Red Bull, ob sie diese Spekulationen nerven würden. «Wichtig ist, mich komplett auf mich selbst zu konzentrieren. Ich fühle mich sehr wohl und fokussiere mich nur auf das Wesentliche: das Training und den Wettkampf.»