Dank Routinier Kluge: Sprintstar Ewan beendet Pechsträhne

Mit einer unwiderstehlichen Sprintshow hat Caleb Ewan seine Pechsträhne am Staatstheater von Meiningen beendet und die erste Etappe der Deutschland-Tour gewonnen.

Der Australier wurde seiner Favoritenrolle gerecht und setzte sich klar vor dem Italiener Jonathan Milan durch, der ihn auf den letzten Metern erst noch eingeklemmt hatte. Auch die deutschen Profis zeigten ein starkes Finale. Max Kanter wurde Dritter vor Felix Groß.

«Das war ein sehr süßer Sieg nach ein paar durchschnittlichen Monaten. Mein Team hat nie das Vertrauen in mich verloren», sagte Ewan. Bei der Tour de France hatte der kleine Sprinter viel Sturzpech gehabt und einen Etappensieg verpasst. Erst am Anfang der Woche war der schnelle Mann aufgrund seiner bisher durchwachsenen Saison nicht für die WM in seiner Heimat nominiert worden. Seinen letzten Sieg hatte er Mitte April geholt.

Zu verdanken hatte Ewan den Erfolg unter anderem Routinier Roger Kluge. Der Bahnspezialist hielt den 28-Jährigen lange aus dem Wind. «Wir wollten am Ende so frisch wie möglich sein. Das ist uns gut gelungen», sagte Kluge. «Er saß dann bei Kristoff am Hinterrad bei Gegenwind, hat lange warten können und gewonnen. Ein guter Tag für uns.»

Keine Veränderungen an der Spitze

In der Gesamtwertung gab es an der Spitze keine Veränderungen. Zweitfahr-Weltmeister Filippo Ganna liegt zwei Sekunden vor dem Niederländer Bauke Mollema. Milan ist nun Dritter, Titelverteidiger Nils Politt hat als Vierter drei Sekunden Rückstand Ganna.

Der Kölner hat am Freitag gute Chancen, das Rote Trikot des Spitzenreiters zu übernehmen. Auf den 200,7 Kilometern von Meiningen nach Marburg müssen auf der Schlussrunde zwei Anstiege bewältigt werden, weshalb eine Sprintankunft auf dem Klassiker-Profil unwahrscheinlich ist.

Bereits kurz nach dem Start in Weimar formte sich eine vierköpfige Spitzengruppe. Das Ineos-Team von Ganna hatte zunächst kein Interesse an einer Verfolgung und ließ dem, Quartett auf der hügeligen Fahrt durch den Thüringer Wald einen Vorsprung von etwas mehr als vier Minuten. Dann erst übernahm Egan Bernal die Nachführarbeit und der Vorsprung schmolz.

Bernal: «glücklich, wieder dabei zu sein»

Bernal wäre eigentlich der Star der Rundfahrt. Doch für ihn ist die Deutschland-Tour erst das zweite Rennen nach seinem lebensgefährdenden Sturz im Januar. «Ich will so viele Rennen wie möglich fahren und Kilometer sammeln. Ich bin sehr glücklich, wieder dabei zu sein, nachdem ich fast tot war», sagte Bernal. Der 25-Jährige hatte beim Prolog in Weimar Platz 73 belegt, auf dem Weg nach Meiningen verlor er auf der Schlussrunde den Anschluss ans Feld.

Bernal war im Januar in seiner kolumbianischen Heimat im Training mit hoher Geschwindigkeit ungebremst in einen stehenden Bus gerast. Dabei hatte sich der Tour-Sieger von 2019 mehr als 20 Knochenbrüche zugezogen und lag drei Tage im Koma. Die Folgen spürt er noch heute. «Da ist eine Menge Metall in meinem Körper. Ich bin wie Robocop», sagte Bernal. Er hoffe, im nächsten Jahr «wieder eine normale Saison» zu haben.

Bis dahin genießt er es einfach, wieder im Radsport-Zirkus dabei zu sein. Schon Ende Juni war der Kletterspezialist vor dem Start der Tour de France nach Dänemark gereist, um die Rennatmosphäre zu spüren. «Ich wollte einfach bei den Jungs sein. Das hat mich sehr glücklich gemacht», sagte Bernal. Top-Ergebnisse darf man von ihm erst wieder im kommenden Jahr erwarten.

Von Tom Bachmann, dpa