«Wie Leicester City»: Union Berlin mischt die Liga auf

Schalkes weit gereister Abwehrroutinier Maya Yoshida dachte in Bezug auf den 1. FC Union Berlin schon an eine der größten Fußball-Sensationen der vergangenen Jahre.

«Sie haben nicht die Qualität wie Bayern München», setzte der 34-Jährige nach der Berliner Toreshow beim 6:1 auf Schalke an. «Aber sie folgen ihrer Struktur sehr streng und spielen gut – genau wie Leicester City vor ein paar Jahren.»

Auch der völlig überraschende englische Meister von 2016 habe nicht die besten Spieler und das meiste Geld gehabt: Mit guter Organisation und klaren Strukturen hätte der Premier-League-Club die Schwergewichte aus Manchester, London und Liverpool aber übertrumpft und den Meistertitel gewonnen. So weit ist Union zwar noch nicht, doch der Kurzzeit-Tabellenführer mischt auch in dieser Saison schon wieder die Bundesliga auf.

Zehn Punkte aus vier Spielen «nehmen wir gerne mit»

Zehn Punkte aus vier Spielen, das hatten die Berliner selbst nicht erwartet. «Aber wir nehmen das gerne mit», sagte Verteidiger Robin Knoche am Samstag und lächelte. Der 30-Jährige hob die «Kompaktheit» und das «Kollektiv» als Stärken des Europa-League-Starters hervor.

Jahr für Jahr schaffen es die Köpenicker, die Abgänge von unverzichtbar scheinenden Leistungsträgern aufzufangen. Top-Torjäger Taiwo Awoniyi ist weg, dann wirbeln halt Sheraldo Becker und Neuzugang Jordan Siebatcheu die gegnerischen Abwehrreihen durcheinander. Becker erzielte beim FC Schalke 04 bereits seine Treffer drei und vier in dieser Spielzeit. Joker Sven Michel zeigte mit einem Doppelpack zudem, dass sich Trainer Urs Fischer auf seine zweite Reihe verlassen kann.

«Da ist einfach jeder da. Das ist das, was uns auszeichnet», stellte Knoche mit Blick auch auf die Einwechselspieler fest. Die weiteren Berliner Treffer gelangen dem auffälligen Morten Thorsby und Janik Haberer. Für Schalke traf der Ex-Unioner Marius Bülter per Handelfmeter. Sechs Tore in einem Bundesligaspiel waren Union noch nie gelungen.

Zur Tabellensituation: «Das kann man sich als Foto einrahmen»

Eine Woche vor dem Topspiel gegen den FC Bayern im Stadion An der Alten Försterei präsentierte sich das Fischer-Team gegen defensiv sehr fehleranfällige Schalker vorne extrem effizient. In der Abwehr ließ der Aufsteiger von 2019 aus der Hauptstadt vor allem im zweiten Durchgang kaum etwas zu.

Die Effizienz hob auch Fischer hervor. Der Schweizer blieb trotz des so fulminanten Sieges gewohnt sachlich. «Wichtig ist für uns, das richtig einzuordnen», sagte er. «Es war ein sicherlich am Schluss zu hohes Resultat nach 90 Minuten.» Zur Tabellensituation am vierten Spieltag sagte er: «Das ist ein schönes Bild, das kann man sich als Foto einrahmen. Aber mich interessiert es nach dem 34. Spieltag.»

Von Thomas Eßer, dpa