Charles Leclerc stieg im ungewohnten gelben Overall auf seinen roten Ferrari und ließ sich von den begeisterten Tifosi feiern.
Der Monza-Sieger von 2019 gab sich keiner Gedanken über irgendwelche Rechenspiele wegen unzähliger und unübersichtlicher Startplatzstrafen seiner Konkurrenten hin und raste euphorisiert von den Fans zur Pole beim Großen Preis von Italien. «Es ist wunderbar», sagte der 24 Jahre alte Monegasse. «Ich bin viel Risiko eingegangen, ich wusste, es war die letzte Runde.»
Tifosi fiebern Heimsieg entgegen
Mit dem finalen Versuch rettete er die 17. Pole seiner Karriere und nährte die Hoffnungen auf einen Heimerfolg von Ferrari im Hochgeschwindigkeits-Mekka Monza. Denn WM-Spitzenreiter und Titelverteidiger Max Verstappen kam zwar auf Platz zwei in der Qualifikation, war aber mit einer Startplatzstrafe von fünf Rängen angetreten.
Weil auch Carlos Sainz (3. im Ferrari), Sergio Perez (4. im Red Bull) und Lewis Hamilton (5. im Mercedes) neue Teile über dem erlaubten Kontingent in ihre Autos bekommen hatten, müssen sie auch nach hinten rücken – allerdings unterschiedlich weit. Großer Profiteur davon ist George Russell, der als Sechster die K.o.-Ausscheidung beendet hatte und auf Startrang zwei vorrückt.
Und selbst Mick Schumacher, letzter im lahmen Haas an einem bereits problembeladenen Wochenende, und Sebastian Vettel, 17. im Aston Martin, werden Plätze auf dem sogenannten Grid an diesem Sonntag (15.00 Uhr/Sky) nach vorn klettern. Aston Martin geht von Platz elf für Vettel aus, Haas bei Mick Schumacher von Position 17.
Verstappen glaubt an seine Sieg-Chance
Doch auch Verstappen zeigte sich zuversichtlich, der selbst von Startrang sieben ausgeht. «Es sei denn, ich bin dumm.» Eine saubere erste Runde, dann schnell die Lücke schließen und er habe auch gute Chancen, Leclerc zu schlagen, der vor dem 16. Saisonrennen ebenso wie Perez satte 109 Punkte Rückstand auf Verstappen im Klassement hat. Rechnerisch kann der Niederländer beim letzten Saisonrennen in Europa in diesem Jahr seinen zweiten Weltmeister-Titel noch nicht perfekt machen, wohl aber beim darauffolgenden Grand Prix Anfang kommenden Monats in Singapur.
Allen voran will Leclerc genau das verhindern und wird dabei auch wieder auf die volle Unterstützung der Zehntausenden von Tifosi im Autodromo Nazionale di Monza setzen können. Wie schon in der K.o.-Ausscheidung.
Denn es wurde laut, als zunächst Sainz und dann Leclerc im ersten Zeitabschnitt die Bestzeit fuhren. Statt orange wie zuletzt in Spa-Francorchamps und Zandvoort im Zeichen der Fans von Verstappen dominiert knapp 20 Kilometer von Mailand entfernt Ferrari-rot, selbst wenn die Rote Göttin diesmal als Reminiszenz an die Heimat von Gründer Enzo Ferrari ein bisschen Modena-gelb trägt. Verstappen beeindruckte das wenig, er schnappte sich die schnellste Runde im ersten K.o.-Abschnitt, der für das deutsche Duo schon das Aus bedeutete.
Vettel wollte es nicht glauben. «Ich fürchte, wir sind raus, Sebastian», bekam er ins Auto gefunkt. «Das kann nicht sein», entgegnete Vettel. Platz 17 im Aston Martin auf dem Kurs, auf dem er vor 14 Jahren seine erste Pole und danach seinen ersten Grand-Prix-Sieg gefeiert hatte, damals am Steuer eines Toro Rosso.
Die Leiden des Mick Schumacher
Bei Mick Schumacher reihte sich der nächste unverschuldete Rückschlag ein. Am Freitag hatte er seinen Wagen im ersten Training dem ehemaligen Formel-1-Piloten Antonio Giovinazzi überlassen müssen, im zweiten Training stoppte dann ein Motordefekt den Deutschen. In der Einheit vor der Qualifikation gab es Probleme mit der Kupplung, insgesamt konnte Mick Schumacher nur 17 Trainingsrunden absolvieren und wurde Quali-Letzter hinter Teamkollege Kevin Magnussen.
«Man hat gar keine Referenzpunkte», erklärte Schumacher. Er sei nicht «allzu happy». Weil einige besser platzierte Fahrer noch höhere Startplatzstrafen bekommen, wird er sogar etwas nach vorn rücken. Denn klar war unter anderem, dass Sainz und Hamilton wegen ihrer Strafen eigentlich hinter Schumacher müssten, ebenfalls der vorzeitig ausgeschiedene Yuki Tsunoda.