Basketball-Bronze nur der Anfang – Nowitzki zuversichtlich

Die erste Medaille seit 17 Jahren soll für die deutschen Basketballer nur der Anfang gewesen sein. Nach den berauschenden EM-Festtagen mit Gänsehautmomenten in Köln und Berlin scheuen Dennis Schröder und Co. international keine Konkurrenz.

«Wenn wir alle zusammen haben, sind wir schwer zu schlagen», sagte Schröder. In diesem Sommer hat der NBA-Profi all seine Kritiker widerlegt und endgültig die Rolle des Anführers von Basketball-Legende Dirk Nowitzki übernommen.

Gemeinsam feierten Schröder und Nowitzki nach dem 82:69 gegen Polen mit den anderen Bronze-Helden um Feier-Biest Andreas Obst den dritten Platz. In der Lounge des Teamhotels am Lützowufer begossen die deutschen Riesen um Schröder und den so frech aufspielenden Franz Wagner den noch vor Wochen kaum für möglich gehaltenen Triumph bis spät in die Nacht.

Nowitzki war als EM-Botschafter stets dicht dabei und sieht den deutschen Basketball vor einer großen Zukunft. «Die Leistungsträger sind alle noch jung. Da ist viel drin. Manche waren ja auch nicht dabei aufgrund von Verletzungen. Basketball-Deutschland könnten rosige Zeiten bevorstehen», sagte Nowitzki in seiner Analyse der Europameisterschaft bei MagentaSport. Zu dem diesjährigen Kern könnten in Maximilian Kleber, Moritz Wagner und Isaiah Hartenstein drei weitere Hochkaräter aus der NBA dazustoßen.

2005 hatte Nowitzki das deutsche Team in Serbien zu Silber geführt – bis Sonntag das letzte Edelmetall. «Die Jungs haben sich absolut belohnt für ein tolles Turnier. Sie haben es absolut verdient», sagte Nowitzki. «Ich war auch schon mal in der Situation, dass ich das Halbfinale und dann aber auch das Spiel um Platz drei verloren habe», sagte Nowitzki mit Blick auf die EM 2001. «Ich freue mich, dass sie jetzt was in der Hand haben.»

«Einer der speziellsten Momente»

Der zwischenzeitlich etwas wacklige Erfolg gegen Polen tröstete das deutsche Team auch über das bittere Halbfinal-Aus gegen den späteren Europameister Spanien zwei Tage zuvor hinweg. «Wir hatten nach dem Sieg gegen Griechenland das Gefühl, dass sogar etwas mehr drin ist», sagte Bundestrainer Gordon Herbert, der das Team bei seinem ersten großen Turnier auf Anhieb aufs Podium coachte. «Das ist einer der speziellsten Momente in meinem Leben. Die Geburt der Kinder ist Nummer eins, aber das ist extrem speziell.»

Herbert flog schon am Montagmorgen zur Familie nach Finnland, um sich von den strapaziösen Wochen mit vielen Rückschlägen, am Ende aber noch mehr Highlights zu erholen. Doch schon in den Katakomben der Berliner Arena am Ostbahnhof richtete Herbert den Blick nach vorne. «Wenn man sich die erfolgreichen Nationalteams anschaut, dann waren sie längere Zeit zusammen, bevor sie erfolgreich waren. Wir fangen gerade erst an mit dieser Gruppe», sagte der 63 Jahre alte Kanadier.

Bei seinem Amtsantritt hatte Herbert einen Dreijahresplan ausgerufen. Nach dem erfolgreichen Auftakt bei der EM rücken nun die WM in Japan, Indonesien und auf den Philippinen im kommenden Jahr und die Olympischen Spiele 2024 in Paris in den Fokus. «Wir haben so viel Qualität in dieser Kabine – nicht nur die NBA-Spieler, auch die Euroleague-Profis», sagte Schröder, der nach seinen starken Leistungen vollkommen zurecht ins Allstar-Team der EM gewählt wurde.

«Hoffentlich ist es ein Startschuss für mehrere Jahre», sagte auch NBA-Profi Daniel Theis, der sich trotz Knieproblemen durch die Reha gekämpft hatte, um bei der EM im eigenen Land unbedingt dabei zu sein. «Das zeigt, was es ihnen bedeutet, für Deutschland zu spielen», lobte Herbert.

Aufgebot für kommende Länderspiele ohne NBA-Spieler

Wenn der Bundestrainer seinen Kader für die nächsten Länderspiele im November in der WM-Qualifikation gegen Finnland (10. November) und in Slowenien (13. November) wieder zusammenruft, wird der Großteil der Bronzemedaillengewinner aber fehlen. Das Wettbewerbschaos im internationalen Basketball sorgt dafür, dass die in der NBA beschäftigten Spieler dann nicht dabei sein können. Auch die Euroleague-Akteure drohen wegen Terminkollisionen auszufallen.

Im kommenden Sommer wollen sie dann aber alle wieder da sein. «Ich habe auf jeden Fall Bock», sagte Franz Wagner, der nach einer starken Debütsaison in der NBA während der EM noch einmal einen riesigen Entwicklungssprung machte und vor einer großen Karriere in den USA steht. «Franz wird dieses Nationalteam übernehmen, er hat einen unglaublichen Charakter», lobte Schröder, der auch weiter das Trikot mit dem Adler auf der Brust tragen will. «Ich werde hier so lange bleiben, bis ich nicht mehr laufen kann.»

Gemeinsam soll dann an diesen speziellen Basketball-Sommer angeknüpft werden, in dem sich Schröder und Co. in die Herzen der deutschen Sportfans gespielt und mit RTL sogar einen Sender zum Comeback im Free-TV verleitet hatten. «Ich denke, wir haben Basketball in Deutschland wieder sexy gemacht», sagte Schröder.

Von Lars Reinefeld und Patrick Reichardt, dpa