Füllkrug zu WM? Debatte um Werder-Stürmer wird immer lauter

Niclas Füllkrug zur WM – das ist bei Werder Bremen jetzt ein Gemeinschaftsprojekt. «Ich werde es ihm im Training so schwer wie möglich machen, damit er für die WM gut vorbereitet ist», sagte sein Teamkollege Niklas Stark und lachte. Der Abwehrspieler gehörte unter Joachim Löw selbst einmal zur Nationalmannschaft.

Füllkrug zur WM – das ist knapp sieben Wochen vor dem Eröffnungsspiel in Katar aber vor allem eine immer lauter werdende Diskussion, in die sich längst Mitspieler, Medien, TV-Experten und Bremer Fans eingeschaltet haben. «Lücke für Deutschland», schallte es am Samstagabend nach dem 5:1-Sieg gegen Borussia Mönchengladbach durch das Wohninvest Weserstadion. «Lücke» ist der Spitzname des 29 Jahre alten Stürmers, der gegen Gladbach erneut zweimal traf und nun mit sieben Toren nach acht Spieltagen die Torjägerliste der Fußball-Bundesliga anführt.

Was die Debatte aber genauso antreibt, ist der Missstand, dass die einstige Mittelstürmer-Nation Deutschland schon seit Jahren keinen Gerd Müller, Rudi Völler, Jürgen Klinsmann oder Miroslav Klose mehr herausgebracht hat. Timo Werner ist in der Nationalmannschaft gesetzt, aber welchen Angreifer sollte der Bundestrainer sonst noch mit zur WM nehmen? Lukas Nmecha vom VfL Wolfsburg schien lange Zeit der aussichtsreichste Kandidat zu sein, doch der ist aktuell verletzt und hat in dieser Saison nicht einmal halb so viele Tore erzielt wie Füllkrug. Deshalb sagte der Rekordnationalspieler Lothar Matthäus am Wochenende bei Sky: «Hansi Flick ist nicht blind. Er sieht das auch.»

Füllkrug ist entspannt

Füllkrug selbst verhält sich bei diesem Thema so klug, wie es nur geht: Er lässt allein seine Tore und Leistungen für sich sprechen. «Ich bin da entspannt», sagte er im ZDF-Sportstudio auf die Frage nach einer möglichen WM-Teilnahme. Er könne das nicht beeinflussen, weil er das ja auch nicht entscheide. Auch Werder-Trainer Ole Werner meinte: «Es ist ein gutes Zeichen, wenn ein Spieler damit öffentlich in Verbindung gebracht wird. Es spricht auch dafür, dass er nicht in einer ganz blinden Mannschaft spielt. Es müssen aber andere entscheiden, wie sie damit umgehen.»

Die Frage, ob Füllkrug in die Nationalmannschaft gehört, kam vor vier Jahren schon einmal auf. Nur stellen sich die Bremer aktuell deutlicher geschickter an, als es sein Ex-Club Hannover 96 damals tat. 2018 brachte 96-Manager Horst Heldt den Stürmer von sich aus ins Gespräch – und das auch noch zielsicher zu Beginn jener Saison, in der Hannover am Ende sang- und klanglos absteigen sollte.

Karriere der Extreme

Diese Episode zeigt aber auch: In Füllkrugs Karriere löste bislang gern ein Extrem das andere ab. In seiner ersten Bundesliga-Saison als Stammspieler schoss er Hannover 2017/18 mit 14 Toren zum Klassenerhalt. Danach wollte Borussia Mönchengladbach bis zu 18 Millionen Euro für ihn zahlen. Doch 96-Boss Martin Kind lehnte ab, Füllkrug blieb in seiner Heimatstadt – und erlitt in den folgenden zwei Jahren je einen Knorpelschaden und Kreuzbandriss im Knie.

Auch mit Werder stieg er aus der Bundesliga ab und noch vor genau einem Jahr wäre ihn der damalige Trainer Markus Anfang am liebsten losgeworden. Doch all diese Erfahrungen haben den Stürmer reifer, fokussierter und auch selbstbewusster gemacht. Beim Umgang mit seinen schweren Verletzungen ignorierte er irgendwann sogar die ärztlichen Empfehlungen und setzte auf Muskelaufbau statt auf Schonung. Der Erfolg gibt ihm jetzt recht. «Leistungen sollten belohnt werden. Für mich ist er momentan der beste deutsche Stürmer», sagte Marvin Ducksch, sein kongenialer Partner bei Werder. Jetzt fehlt nur noch das Urteil des Bundestrainers.

Sebastian Stiekel und Jörg Soldwisch, dpa