Nach zwei Jahren schmerzvoller Hawaii-Entbehrungen droht nun auch noch das Ende einer deutschen Serie.
Dreifach-Champion Jan Frodeno macht nach einer Hüftentzündung nur den Zuschauer und Anpeitscher, Zweifach-Weltmeister Patrick Lange kämpfte mit Problemen bis in den Sommer, und Ex-Titelträger Sebastian Kienle tritt zum letzten Mal mit gerade mal einer «Fünf-Prozent-Siegchance» an. Bei der erstmals zweigeteilten Ironman-Weltmeisterschaft im Urlaubsparadies heißt es aber ohnehin erstmal: Ladies first. An diesem Donnerstag (Start: 18.25 Uhr MEZ/ZDF-Livestream ab 18.15 Uhr) treten die Profi-Frauen unter anderem mit Anne Haug und Laura Philipp an.
In Hawaii gehen über 5000 Sportler an den Start
«Es fühlt sich an, als wäre es zehn Jahre her», sagte Haug in Kailua-Kona mit Blick auf ihren großen Triumph vor drei Jahren: Als erste Deutsche hatte sie über die 3,86 Kilometer Schwimmen, 180,2 Kilometer Radfahren und 42,2 Kilometer Laufen im Triathlon-Mekka den WM-Titel geholt. 2020 und 2021 hatte es dann keine WM auf Hawaii wegen der Corona-Pandemie gegeben.
Entsprechend vorfreudig und gespannt ist die Atmosphäre beim diesjährigen Massen-Event mit Exklusiv-Prädikat auf Big Island. Über 5000 dürfen mitmachen, weil sie die Qualifikation teilweise schon vor drei Jahren geschafft haben. Sonst sind es rund 2500. Deswegen starten die Profis nun auch erstmals nach Geschlechtern getrennt. Die Männer sind am Samstag dran. Die Meinungen zum neuen Format – eher zurückhalten bis negativ. Zumal die Kosten noch mal deutlich gestiegen sind. Der Mythos droht ins Wanken zu kommen.
Für Anne Haug, für Laura Phlipp und die weiteren deutschen Profi-Frauen wird das keine Rolle spielen, wenn ein Kanonenschuss in der Bucht von Kailua-Kona das Rennen an diesem Donnerstag um 6:25 Uhr Uhr Ortszeit startet. Philipp, die in Hamburg Anfang Juni in 8:18:20 Stunden so schnell wie keine andere Frau jemals zuvor einen Ironman bewältigte, sieht sich nicht in der Rolle der Goldkandidatin.
Philipp: «Man darf hier einfach keine Fehler machen»
«Aber ich bin sicher da, falls eine der Topfavoritinnen vielleicht einen schlechten Tag erwischt», sagte die 35 Jahre alte Heidelbergerin in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Ich glaube, ich bin mittlerweile eine der Besten auf der Ironman-Distanz. Und sollte bei mir mal alles zusammenkommen und mein Körper eben auch an dem Tag mit der Hitze zurechtkommen, dann ist das drin.» Die Nachhol-WM im Mai in St. George hatte sie wegen einer Corona-Infektion auslassen müssen, 2019 war Philipp auf Hawaii Vierte geworden. Auch sie weiß, was Haug in einem Video bei welt.de und bild.de betonte: «Man darf hier einfach keine Fehler machen.»
Die Konkurrenz ist bei Frauen und Männern enorm groß. Lief es oft nur auf ein Duell hinaus, ist die Liste der potenziellen Podest-Anwärterinnen und -anwärter lang. Zumal das Rennen den Körper wegen der großen Hitze gepaart mit hoher Luftfeuchtigkeit mehr als nur an die Schmerzgrenze und die Psyche durch die Geradeausstücke auf dem Rad und beim Laufen ans Limit bringt.
«Du kommst hierher und du denkst, du bist wer. Die Insel zeigt dir, dass du ein niemand bist», betonte Kienle vor seinem letzten Auftritt auf Hawaii. 2012 startete er dort zum ersten Mal, wurde 2014 Weltmeister. Nun will er vor allem den Zieleinlauf genießen – am Endes des Roten Teppichs wird auch sein etwas mehr als ein Jahr alter Sohn warten: «Das hat das Potenzial zum emotionalen Höhepunkt.»
Während bei den Frauen unter anderem die fünfmalige Ironman-Weltmeisterin Daniela Ryf aus der Schweiz das hochkarätige Feld anführt, fällt ein Name überall und praktisch immer, wenn es um den Sieg bei den Männern geht: Kristian Blummenfelt.
Norweger Blumenfelt «das Maß der Dinge»
Und das als Hawaii-Neuling. Der 28 Jahre alte Norweger ging vor nicht mal einem Jahr zum ersten Mal bei einem Ironman an den Start – und siegte in famoser Zeit im November 2021 in Mexiko. Olympiasieger, ITU-Weltmeister, Langdistanz-Weltmeister war er auch im vergangenen Jahr geworden. Die Ironman-WM von 2021 gewann er im Mai dann auch noch. Bei einem Laborversuch auf dem Lausitzring kam er zudem im Sommer nach 6:44:26 Stunden ins Ziel – allerdings nicht nach sonst üblichen Wettkampfregeln.
Dennoch ist Blummenfelt das Maß der Dinge. «Du musst eigentlich erstmal hier deine Erfahrungen sammeln, einmal, zweimal dreimal. Aber wir haben nicht die Zeit», sagte er bei der Pressekonferenz zum Rennen. Er will den Fokus nach der Ironman-WM wieder auf die Kurzdistanz und die Olympischen Spiele 2024 in Paris legen.
Wie es geht auf Hawaii, weiß Lange, der Weltmeister von 2017 und 2018. Auch wenn das Trainings- und Wettkampfjahr durch eine Schulterverletzung nach einem Radsturz Februar und einer Corona-Infektion im Sommer alles andere als optimal war, sei er bereit, betonte der gebürtige Hesse. Sein Vorzeitiges Aus 2019 habe ihn nur stärker gemacht. «Ich will die Antwort am Samstag geben», sagte der 36-Jährige.
Eigentlich fehlt nur einer, auch wenn er dort ist. Frodeno (41) reiste nach Hawaii, auch aus einem bestimmten Grund nach viel Verletzungspech und Absagen in diesem Jahr. «Ich hoffe, dass das Ganze hier seine Wende nimmt», sagte er in einem Inteview der «Welt».