In Deutschland hat Basketball-Nationalspieler Dennis Schröder seinen Ruf durch die starke EM und die unerwartete Bronzemedaille kräftig aufpoliert – nun sollen ihn auch die Los Angeles Lakers so richtig kennenlernen.
«Für die Natio, das habe ich richtig gestellt. Aber jetzt gibt es hier die nächste Mission, die wird nicht einfach», sagte der 29-Jährige der Deutschen Presse-Agentur nach der Rückkehr in die kalifornische Metropole. «Wir haben das Zeug dazu und ich versuche alles in meiner Kraft, das richtig zu rücken, so wie ich das in der Natio auch gemacht habe.»
Hohn und Spott für Schröders ersten Auftritt in LA
Schon in der Saison 2020/2021 lief Schröder für den NBA-Rekordmeister auf. In einer durch die Corona-Pandemie noch weitgehend ohne Zuschauer absolvierten Spielzeit kam für den damaligen Titelverteidiger schon das Aus in der ersten Playoff-Runde gegen die Phoenix Suns. Obwohl LeBron James und Anthony Davis oft verletzt waren und dem Team damit die wichtigsten Spieler fehlten, stand danach vor allem der Point Guard aus Deutschland in der Kritik.
Lakers-Legende Magic Johnson ging sogar so weit und rief ihm hinterher: «Schröder? Ich denke nicht, dass er ein Laker ist.» Dass er zudem ein Angebot der Lakers über laut Medienberichten 84 Millionen US-Dollar für vier Jahre ablehnte und lieber als ablösefreier Spieler einen neuen Vertrag verhandelte, sorgte für zusätzlichen Hohn und Spott – denn statt, wie wohl erhofft, noch mehr Geld zu verdienen, unterschrieb er am Ende bei den Boston Celtics für 5,9 Millionen US-Dollar und eine Saison.
Nach seinem ersten Training für die Lakers bezog Schröder am Montag Stellung zu beiden Themen. Den Journalisten in Los Angeles gab er die gleiche Erklärung, auf die er sich zuvor an anderer Stelle schon berufen hatte: «Es gab nie einen Vertrag und ich habe nie was abgelehnt.» Am Rande des Vorbereitungsspiels der Lakers gegen die Minnesota Timberwolves bestätigte ein hoher Entscheidungsträger der Lakers diese Darstellung der Deutschen Presse-Agentur am Mittwochabend (Ortszeit). Man habe damals bei Schröders Beratern wegen Vertragsgesprächen angefragt, Schröders Seite wollte aber erst im Sommer verhandeln.
Die ersten Monate bei dem Glamour-Team in der amerikanischen Unterhaltungshauptstadt hat aber auch Schröder selbst als «komisch» erlebt. «Deswegen habe ich gesagt, ich spiele hier auch umsonst. Nur, um es geradezurücken und alle in die richtige Spur zu bringen», sagte er. «Es gibt hier noch ’ne offene Rechnung und wir müssen uns darum kümmern und den Titel gewinnen, das ist das Ziel.»
Angesprochen auf die Kommentare von Johnson zuckte er zunächst nur mit den Schultern. «Ich habe Magic Johnson noch nie getroffen und habe ihn noch nie gesehen. Ich würde niemals als erwachsener Mann über jemanden urteilen und reden, wenn ich ihn nicht kenne», sagte er schließlich. «Was Leute draußen sagen, die nicht dabei sind, was soll ich dazu sagen. Da geht es halt auch darum, relevant zu sein bei den Medien. Ich versuche, mich auf das zu konzentrieren, was vor mir liegt, und was ich kontrollieren kann.»
Schröder kennt Lakers-Coach bestens
Die Chancen, dass es im zweiten Anlauf besser funktioniert im legendären gelben Trikot mit den violetten Nummern, stehen gut. Denn Trainer der Lakers ist seit dieser Saison Darvin Ham, mit dem Schröder schon fünf Jahre bei den Atlanta Hawks zusammengearbeitet hat. «Ich kenne ihn seit Tag eins als Rookie», sagte Ham. «Er ist wie Familie für mich.»
Für Schröder ist Ham «der Hauptgrund, wenn ich ehrlich bin», dass es zu einem zweiten Versuch in LA kommt. Auch er bezeichnet ihn als «Familie». Ham seinerseits sieht besonders Schröders starke EM als entscheidenden Faktor, dass die Verantwortlichen um Lakers-Manager Rob Pelinka an einer erneuten Zusammenarbeit interessiert waren. «Seine Leistungen in diesem Sommer waren nichts weniger als unfassbar. Es zeigt seine Reife, wie er das Team geführt hat», lobte Ham. «Nicht nur die Statistiken, auch seine Energie, wie er die Gruppe zusammengehalten hat durch das Turnier, das zeigt ganz klar, wie sehr er gewachsen ist.»
Auch LeBron James verfolgte Schröders starke Leistung im Sommer und war deswegen überhaupt nicht beunruhigt, dass die Nummer 17 beim Comeback keinen seiner Würfe traf und in seinen neuneinhalb Minuten auch keine Vorlage zustande brachte. «Um Dennis mache ich mir keine Sorgen», sagte James. «Er hat genug Basketball gespielt, wir müssen einfach nur schauen, dass er aufholt», meinte James mit Blick auf die verpassten Trainingseinheiten.
Ob Schröder beim Auftakt in die Saison am 18. Oktober gegen Titelverteidiger Golden State Warriors in der Startaufstellung steht, ist offen. Er hat viel Vorbereitungszeit verpasst, dazu haben die Lakers auf seiner Position auch Patrick Beverley verpflichtet und den umstrittenen Russell Westbrook weiter unter Vertrag. An Schröders Motivation wird es jedenfalls nicht scheitern. «Ich werde alles tun für einen Sieg und dafür, diese offene Rechnung zu begleichen», betonte er. Damit die Leute in Los Angeles am Ende der Saison ebenso begeistert von ihm sind wie die Fans der deutschen Nationalmannschaft.