Super League hofft für neuen Anlauf auf deutsche Vereine

Mit einem Deutschen an der Spitze und geändertem Konzept nehmen die Macher der Super League einen erneuten Anlauf für die Revolution in Europas Clubfußball.

Der frühere RTL-Deutschland-Chef Bernd Reichart soll das bereits einmal gescheiterte Projekt der Großmächte Real Madrid, FC Barcelona und Juventus Turin vertreten – und dabei im Ringen um Milliarden auch die vehemente Ablehnung der Bundesliga aufbrechen. 

«Natürlich möchte ich auch den deutschen Clubs vermitteln, was sich an der Herangehensweise geändert hat», sagte Reichart, neuer Chef von A22 Sports Management, das die Super League unterstützt, der Deutschen Presse-Agentur. «Ich freue mich auf Gespräche in jedem europäischen Territorium, natürlich auch in Deutschland. Ich werde gerade die Offenheit des Wettbewerbs hinterlegen.»

Ursprungsform gescheitert

Das Super-League-Projekt war in seiner Ursprungsform im April 2021 krachend gescheitert. Die Europäische Fußball-Union UEFA, die mit der Champions League den wichtigsten internationalen Clubwettbewerb organisiert, hatte massiven Widerstand geleistet. Von den zunächst zwölf Top-Clubs, die eine Abspaltung angestrebt hatten, zogen sich neun innerhalb weniger Stunden wieder zurück. Deutsche Clubs gehörten nicht zu den Gründungsmitgliedern.

Der Widerspruch reichte bis in die höchste Politik. Bundesinnenministerin Nancy Faeser geißelte das Projekt zuletzt im «Kicker» als «unsolidarisch» und betonte: «Wer den Fußball liebt, ist gegen eine Super League.» DFB-Präsident Bernd Neuendorf bezeichnete den Vorstoß der Clubs als «Frontalangriff auf das europäische Sportmodell und die Grundwerte des Sports».

Besonders starke Kritik hatte es unter anderem am Konzept gegeben, das durch feste Startplätze von Clubs die sportliche Qualifikation aushebelte. Dem wollen die Macher nun entgegentreten. «Es gibt keine Formatskizze, die bereitliegt», sagte Reichart zu den neuen Plänen. Das Konzept einer permanenten Mitgliedschaft sei vom Tisch. «Alle beteiligten Clubs haben in den letzten Tagen stark hinterlegt, dass es um ein Format gehen muss, das offen ist und sportlichen Leistungen Rechnung trägt.»

Finanziell angespannte Lage

Die finanziell angespannte Lage durch die Corona-Pandemie sehen die Super-League-Macher unter anderem als Argument auf ihrer Seite. Gerade die spanischen und italienischen Top-Clubs sind hoch verschuldet, Barcelona und Juve stehen trotz Rekordminus vor dem Abstieg in die Europa League. 

«Das Fußball-Ökosystem ist nicht mehr nachhaltig, die Pandemie hat diesen Trend noch beschleunigt, das System ist instabil geworden und finanziert sich nicht mehr selbst», sagte Reichart. «Der europäische Clubfußball verliert seine führende Rolle im Weltsport, weil er nicht Woche für Woche die besten Spiele anbietet. Die Konsequenzen sind zum Teil dramatisch, vor allem das jüngere Publikum schaut lieber andere Angebote und immer weniger Live-Fußball.»

Mit dem Streit um die Führungsrolle im europäischen Vereinsfußball beschäftigen sich längst die Gerichte. Derzeit liegt die Grundsatzfrage, ob die UEFA und der Weltverband FIFA mit ihren Wettbewerben – wie laut Klage angeprangert – ein Kartell bilden, beim Europäischen Gerichtshof. Die «European Super League Company» hatte Klage gegen die UEFA und FIFA bei einem Gericht in Madrid eingereicht, dieses hatte den EuGH gebeten, EU-Recht für das Verfahren auszulegen. Ein Urteil wird im kommenden Jahr erwartet.

«Ich bin sehr gespannt»

Unabhängig von der Entscheidung des Gerichts hatte UEFA-Chef Aleksander Ceferin das Super-League-Projekt bereits als «tot» bezeichnet. «Wenn jemand etwas gebetsmühlenartig für tot erklärt, werde ich misstrauisch und würde dem auf den Grund gehen», sagte Reichart. «Ich bin sehr gespannt und sehr motiviert zu sehen, wie die Clubs wirklich denken und ob Aleksander Ceferin qua Amt wirklich für alle Clubs in Europa spricht.»

So bleibt abzuwarten, ob die Prognose von Bayerns Ex-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge eintreffen wird. «Das Thema ist vom Tisch», hatte das Mitglied der UEFA-Exekutive zuletzt im Februar orakelt. «Es wird nie wieder eine privat organisierte Super League geben.» Zumindest die – in der Öffentlichkeit womöglich verbrannte – Bezeichnung ist noch nicht festgeschrieben. «Auch dafür gilt, dass wir offen mit der Fußballfamilie in die Diskussion gehen», sagte Reichart. «Auch der Name Super League ist nicht gesetzt.»

Von Florian Lütticke und Jan Mies, dpa