Werner-Ausfall beendet die Leipzig-Party

Auf dem Nachtflug zurück in die Heimat feierte RB Leipzig noch den Einzug ins Achtelfinale der Champions League, doch einen halben Tag später zerstörte die schwere Verletzung von Timo Werner die Partystimmung.

Der Nationalspieler zog sich gegen Schachtjor Donezk einen Syndesmosebandriss zu und fällt für die WM in Katar aus. Das ergab eine MRT-Untersuchung.

«Diese Nachricht ist ganz bitter. Für Timo persönlich tut es mir sehr leid, weil er die WM verpasst, die er unbedingt spielen wollte. Aber vor allem für das Team ist Timos Ausfall ein herber Verlust. Wir wünschen ihm jetzt alle, dass er schnell wieder fit wird», sagte Fußball-Bundestrainer Hansi Flick

Werner ist mit der Verletzung, die schon Michael Ballack die WM 2010 gekostet hatte, nach Angaben des Clubs bis zum Ende des Jahres nicht einsatzfähig. Seinen bisher 55 Einsätzen und 24 Toren im DFB-Trikot werden in naher Zukunft keine weiteren hinzukommen. Deutschland trifft am 23. November in seinem ersten Gruppenspiel auf Japan.

Der 26 Jahre alte Werner war am Mittwoch beim 4:0 in Warschau gegen Donezk in der 14. Minute von Taras Stepanenko gefoult worden und musste wenige Minuten später ausgewechselt werden. Zunächst hatte es vonseiten des Clubs geheißen, dass die Verletzung möglicherweise nicht gravierend sei. Werner humpelte kaum, stieg relativ gut gelaunt in den Bus zum Flieger zurück nach Leipzig.

Für den 26-Jährigen ist die Nachricht in harter Schlag. Nach zwei eher enttäuschenden Jahren beim FC Chelsea war Werner im Sommer nach Leipzig zurückgekehrt. In einem gewohnten Umfeld, der Angreifer spielte schon von 2016 bis 2020 für die Sachsen, wollte Werner Spielpraxis und Selbstvertrauen für die WM sammeln. Flick hatte den Transfer ebenfalls begrüßt und Werner als Bereicherung für die Bundesliga bezeichnet.

«Timo Werner wird immer sehr kritisch gesehen»

Zuletzt hatte er den Angreifer noch gegen Kritik verteidigt. «Timo Werner wird immer sehr kritisch gesehen. Er hat mit die meisten Tore in den letzten Spielen geschossen. Wenn das früher Miro Klose gemacht hätte, dann wären alle begeistert gewesen», sagte der Bundestrainer beim Internet-Sender MagentaTV.

In den vergangenen Wochen fand der Schwabe tatsächlich wieder zu seiner Form. Drei Tore in den vergangenen drei Ligaspielen sowie Treffer in der Champions League bei Celtic Glasgow und gegen Real Madrid freuten nicht nur den Spieler, sondern auch den nicht mit vielen Stürmern gesegneten Flick.

Werner stand zuletzt sinnbildlich für den Leipziger Aufschwung. Die Mannschaft hat sich unter dem neuen Trainer Marco Rose gefunden. Zehn Spiele nacheinander ist das Team ungeschlagen, in Königsklasse sowie Pokal noch dabei und in der Fußball-Bundesliga auf dem Weg nach oben. «Qualität haben wir immer. Jetzt haben wir Mentalität, Leidenschaft und Einstellung auf dem Platz. Da kommt alles zusammen», sagte Spielmacher Emil Forsberg.

Forsberg lobt Trainer Rose

Den Auslöser für die Freisetzung der Extra-Prozente nannte der schwedische Nationalspieler auch gleich: «Das liegt viel am Trainer. Er ist gekommen, hat uns viel gepusht, nimmt uns jeden Tag im Training mit. Dann kommst du in Schwung und wir folgen ihm.» Als Marco Rose vor knapp zwei Monaten seine Stelle in Leipzig antrat, sah die Welt deutlich düsterer aus. Die Euphorie des Pokalsiegs war gnadenlos verpufft, Coach Domenico Tedesco hatte keine Lösungen mehr und musste gehen.

Für Rose war das Ja-Wort zu Leipzig nicht selbstverständlich. Schließlich ging es um einen Job in seiner Heimatstadt. Gedanken an die Tochter, die nach Niederlagen in der Schule womöglich gemobbt werden könnte, schossen dem 46-Jährigen durch den Kopf. Letztlich überwog in Roses Analyse das Positive und er unterschrieb einen Vertrag bis Sommer 2024. Das Zwischenfazit nach acht Wochen: Mit dem Coach hat Leipzig einen Volltreffer gelandet.

Rose ist es in kurzer Zeit gelungen, diverse Baustellen in der Mannschaft zu schließen. Er trieb Feingeistern wie Dominik Szoboszlai die Egoismen aus, verpasste der Mannschaft einen deutlich intensiveren und aktiveren Spielstil. In wettbewerbsübergreifend 13 Spielen holte Leipzig im Schnitt 2,23 Punkte. Beschränkt auf die Bundesliga wäre dies eine fast schon meisterliche Bilanz. Neunmal ging RB in diesen Spielen in Führung und jeweils als Sieger vom Platz.

Am Ziel ist Rose noch lange nicht

Hinzu kommt, dass der Trainer sich belehren lässt. Wie im Fall Christopher Nkunku. «Er hat mir auf die Sprünge geholfen», erklärte Rose. «In den ersten beiden Spielen hat er links offensiv gespielt. Dann kam er zu mir und hat gesagt, er muss näher zum Tor, weil er sich dort wohler fühlt. Er hat dann gleich getroffen, und das macht dann auch den Trainer froh, den Rat seines Spielers angenommen zu haben.» Der französische Nationalspieler schoss auch beim 4:0 gegen Schachtjor Donezk das wichtige erste Tor.

Rose gibt sich nach außen hin meistens gelassen. Nach dem Erreichen des Achtelfinales der Champions League und dem damit verbundenen Haken am ersten Saisonziel, gewährte er einen kleinen Einblick in seine Gefühlswelt. «Ich bin verantwortlich für das große Ganze und bin natürlich ein Stück weit erleichtert, dass es so läuft», sagte Rose. Doch dafür seien viele Menschen verantwortlich, bei denen er sich bedanken wolle.

Am Ziel ist Rose noch lange nicht. Irgendwann will er es seinem Vorgänger Tedesco gleichtun und einen großen Titel gewinnen. «Ich möchte, dass wir uns weiterentwickeln, besser werden, schärfer werden, ein absolutes Spitzenteam werden, das immer auf den Punkt da ist. Das ist eine große Herausforderung», sagte Rose. Aktuell ist man geneigt, diese Herausforderung nicht als unmöglich zu bezeichnen.

Tom Bachmann, dpa