Tennis-Damen weiter erstklassig – Schüttler stolz

Die schwangere Angelique Kerber postete in den sozialen Medien Fotos vom Strand, die zurückgetretene Andrea Petkovic fungierte als Expertin im Fernsehen.

Doch auch ohne ihre langjährigen Anführerinnen haben die deutschen Tennis-Damen die komplizierte Auswärtsaufgabe in Kroatien gelöst und den Verbleib in der Weltgruppe des Billie Jean King Cups mit gleich drei Einzel-Debütantinnen mit Bravour geschafft. «Die Mädels können verdammt stolz auf sich sein. Dieser Sieg ist für unsere und ihre Entwicklung verdammt wichtig», sagte der deutsche Teamchef Rainer Schüttler nach dem 3:1-Sieg in Rijeka erleichtert.

«Sehr erleichtert»

Ein Abstieg aus dem Kreis der 16 besten Tennis-Nationen hätte gravierende Folgen für das deutsche Damen-Tennis gehabt. «Aus der zweitklassigen Europa-Gruppe kommt man nicht so einfach raus. Das wäre ein Höllenritt geworden», sagte die deutsche Damen-Chefin Barbara Rittner. «Wir alle wussten, was hier auf dem Spiel steht und sind daher erst einmal sehr erleichtert.»

Jahrelang waren es die Damen, die das deutsche Tennis mit positiven Schlagzeilen versorgten. Kerber, Petkovic, Julia Görges und Sabine Lisicki – dieses Quartett bescherte den deutschen Fans so manche Sternstunde. Doch Petkovic und Görges haben ihre Karrieren inzwischen beendet, Kerber ist erst einmal in der Schwangerschaftspause – wer weiß, ob und wann die dreimalige Grand-Slam-Turnier-Siegerin danach zurückkommt. Lisicki spielt zwar noch, liegt nach mehreren schweren Verletzungen aber in der Weltrangliste nur noch auf Platz 380.

Neue Generation meistert Kroatien-Hürde

Und so musste es in Rijeka die neue Generation richten, von der bislang nur Jule Niemeier den Sprung in die erweiterte Weltspitze geschafft hat. Auf der 23 Jahre alte Dortmunderin lastete daher jede Menge Druck, dem sie am Freitag gegen die erste 16 Jahre alte Petra Marcinko nicht standhielt. Stattdessen lieferte die erst 20 Jahre alte Eva Lys gegen die kroatische Nummer eins Petra Martic und holte einen wichtigen Punkt.

«Das war nahezu ein perfektes Match von Eva», lobte Schüttler – der die in Kiew geborene und in Hamburg lebende deutsche Meisterin am Samstag dennoch außen vor ließ. Stattdessen kam überraschend Anna-Lena Friedsam wie schon zuvor Niemeier und Lys zu ihrem Einzeldebüt im prestigeträchtigen Mannschaftswettbewerb, der lange Fed Cup hieß. Und die 28-Jährige holte gegen Marcinko den entscheidenden dritten Punkt, nachdem Niemeier zuvor gegen Ana Konjuh ihre Auftaktpleite bravourös wettgemacht hatte.

Als der Sieg in Kroatien feststand, tanzten die deutschen Spielerinnen zusammen mit Schüttler und Rittner sowie dem Rest des Betreuerstabes ausgelassen im Kreis. Am Abend gab es in einer Bar dann noch eine kleine Feier. «Das haben sich die Mädels mehr als verdient», sagte Schüttler, der nur eine Marschroute vorgab. «Mir ist völlig egal, wann sie ins Bett gehen. Hauptsache nicht zu früh.»

Doch schon am Sonntag ging es für Teile des Teams bereits weiter zu den nächsten Turnieren. Schließlich sind Lys (123.) und Friedsam (145.) nicht so gut platziert, um beim ersten Grand-Slam-Turnier der neuen Saison in Australien automatisch im Hauptfeld zu stehen. Anders als Kerber und Co. müssen sie daher jede Chance wahrnehmen, um Punkte zu sammeln und vielleicht doch noch die komplizierte Qualifikation in Melbourne zu umgehen.

Optimistischer Schüttler

Von den Erfolgen der goldenen Generation um Kerber, Petkovic und Co. sind die neuen deutschen Tennis-Damen noch ein großes Stück entfernt. In Rijeka deuteten sie aber an, dass die befürchtete Lücke vielleicht doch nicht so groß ist wie befürchtet. «Die jungen Spielerinnen sind gut genug dafür. Je früher sie in die Pflicht genommen werden, desto besser ist es für den Umbruch», sagte Schüttler. Zumal in Nastasja Schunk oder Noma Noha Akugue noch weitere junge Spielerinnen nachrücken.

«Wir müssen uns keine großen Sorgen machen. Wir haben eine sehr gute Zukunft vor uns», sagte Petkovic als Expertin beim Tennis Channel. «Man muss auch mal Geduld haben. Zwei, drei Jahre werden sie noch brauchen, aber sie haben hier gezeigt, was in ihnen steckt», lobte Rittner das jüngste deutsche Team seit vielen Jahren. «Auch im Billie Jean King Cup werden wir an ihnen noch viel Freude haben.» Vielleicht schon 2023, wenn es zum Auftakt am 14./15. April im ersehnten Heimspiel gegen Brasilien mit der aktuellen Weltranglisten-15. Beatriz Haddad Maia geht.

Lars Reinefeld, dpa