Faeser und Neuendorf: «Kein Zeichen des Willkommens»

Nancy Faeser im – ausgerechnet – pinkfarbenen Anzug und ein Fan aus Münster mit einem Schweißband in Regenbogenfarben vor der Glitzerfassade von Dohas Bankenwelt. Das Duo verkörperte am ersten Spieltag der DFB-Auswahl jenseits des Stadions die Themen- und Stimmungslage der Deutschen bei der Fußball-WM in Katar.

Die Bundesinnenministerin und auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf äußerten sich vor einem großen Medienaufkommen deutlich verärgert über das Vorgehen der FIFA beim Verbot der «One-Love»-Kapitänsbinde – und auch über das der Sicherheitskräfte bei Spielen.

«Wir haben heute eine Antwort bekommen»

Faeser bezeichnete die Entscheidung des Weltverbandes FIFA als einen «großen Fehler. Es ist nicht in Ordnung, wie die Verbände da unter Druck gesetzt wurden.» Der DFB habe nach dem Eklat um die bunte Binde die FIFA angeschrieben und eine schriftliche Aussage angefordert, sagte Neuendorf. «Wir haben heute eine Antwort bekommen.» Die Antwort bestätigte alle bisherigen Informationen: Zunächst müsse der Schiedsrichter reagieren, wenn ein Spieler mit dieser symbolischen Binde auflaufe. Dann behalte sich die FIFA vor, bei solchen Vorgängen die eigene Disziplinarkommission anzurufen. Diese kann weitere Strafen verhängen. «Wir behalten uns eine rechtliche Prüfung vor», sagte Neuendorf.

Der Spitzenfunktionär und die SPD-Politikerin Faeser unterhielten sich an der deutschen Fanbotschaft ausführlich mit den Vertretern der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS) und dem aus Münster angereisten Anhänger Bengt Kunkel: Der Sportjournalismus-Student gibt an diesem Tag vor dem überdimensionalen WM-Maskottchen und dem Pokal an der Wand eines Einkaufszentrums ein Interview nach dem anderen.

Abgeführt wegen Regenbogenfarben-Schweißband

Kunkel hatte nach eigenen Angaben beim Spiel der Niederlande gegen Senegal mächtig Ärger bekommen wegen einer Binde und einem Schweißband in Regenbogenfarben und war von Polizisten während des Spiels von seinem Platz geführt worden. Faeser kritisierte vor Kameras und Mikrofonen die katarischen Behörden für deren Umgang mit Regenbogenabzeichen. «Das enttäuscht mich sehr», sagte sie. «Das ist nicht mein Verständnis von Sicherheitsgarantien, die mir der Innenminister gegeben hat.» Premier- und Innenminister Chalid bin Chalifa Al-Thani hatte Faeser Anfang November in Katar versichert, jeder sei zur WM willkommen.

Kunkel klagte bei Faeser, dass er von 15 Sicherheitsleuten bedrängt worden sei und seine Utensilien in den Müll geworfen worden seien. Er fragte die SPD-Politikerin: «Wer garantiert mir, dass das heute nicht wieder passiert?» Faeser sagte: «Ich kann Ihnen keine Garantie geben. Ich bin nicht für die Sicherheit hier zuständig.» Es sei aber toll, dass er hierher zur WM gekommen sei. Am Mittag machten sich Hunderte deutsche Fans auf Richtung Khalifa International Stadion, wie die DFB-Auswahl auf Japan traf. Um die Arena waren zahlreiche deutsche Trikots zu sehen.

Neuendorf zweifelt an Willkommens-Kultur

In einem Land, wo Homosexualität unter Strafe steht, war die Farbe von Faesers Outfit sicherlich als Zeichen zu sehen, auch wenn sie selbst sich dazu nicht äußerte. DFB-Präsident Neuendorf berichtete auch von einer Schalte mit weiteren europäischen Verbänden. «Wir haben von verschiedenen Teams die Nachricht bekommen, dass Regenbogenbinden abgenommen wurden», sagte er. Anhänger des Wales-Teams hatten berichtet, dass ihnen im Stadion Hüte mit farbigen Streifen abgenommen wurden.

Neuendorf erinnerte an die Worte von FIFA-Präsident Gianni Infantino, der ebenfalls angegeben hatte, «jeder» sei in Katar willkommen. «Das ist für uns kein Zeichen des Willkommens», sagte Neuendorf inmitten der aufregenden WM-Tage ganz ruhig.

Ulrike John und Jan Mies, dpa