Den Kampf um WM- und Olympiamedaillen hat Eric Frenzel schon oft gewonnen, gegen Ende seiner herausragenden Karriere kämpft er nun um seine Sportart. Die Nordische Kombination steht vor einer ungewissen Zukunft.
Für 2030 droht das Kräftemessen der besten Allrounder im Skispringen und Langlauf aus dem Olympia-Programm zu fliegen. Die Konsequenzen wären für die traditionsreiche Disziplin verheerend.
«Für mich ist das alles sehr, sehr willkürlich», sagt Frenzel zum möglichen Aus. «Dennoch müssen wir natürlich schauen, wie es nach 2026 aussieht. Was können wir bis dahin tun?» Ab dieser Saison, die am Freitag im finnischen Ruka beginnt (11.15 Uhr/Eurosport), geht es neben Weltcup-Punkten und Podestplätzen mehr denn je darum, für die Sportart als solche zu werben.
Druck vom IOC
Der Plan, bei den kommenden Winterspielen 2026 in Italien erstmals auch olympische Frauen-Wettkämpfe auszutragen, ist bereits gescheitert. Wenn sich nichts ändert, könnte es vier Jahre später dann auch die Männer erwischen. «Um es klar zu sagen – der Platz der Männer für 2030 ist nicht garantiert», sagte IOC-Sportdirektor Kit McConnell zuletzt im «Sportschau»-Interview.
Aus Sicht des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) interessieren sich zu wenige Menschen für die Kombination. Im Fernsehen, aber auch in Online-Medien oder auf Social-Media-Kanälen sind zu wenige dabei. Ein Problem der Sportart: In Norwegen, Österreich, Deutschland und Japan gibt es nur vier wirklich starke Nationen. Entsprechend packt die Kombination vor allem dort die Menschen.
«Beim IOC geht es nur um Zahlen, Zahlen, Zahlen. Alles drumherum, etwa Tradition, zählt nichts mehr», sagt Fabian Rießle, der 2018 bei Olympia in Pyeongchang Team-Gold gewann. «Es wird nur geschaut, wer die meisten Social-Media-Follower oder so einen Käse hat. Das hat mit dem olympischen Gedanken nichts zu tun.» Der zweimalige Olympiasieger Johannes Rydzek sieht «düstere Wolken, die für uns am Himmel aufziehen».
Sportart mit Tradition
Seit den ersten Winterspielen 1924 ist die Kombination dabei. Wäre die größtmögliche Bühne für die Sportlerinnen und Sportler nicht mehr erreichbar, würde die Attraktivität für den Nachwuchs stark sinken. Zudem wären die finanziellen Einschnitte groß. Was also tun?
«Ich glaube nicht, dass der Hebel, an der Sportart selber groß etwas zu verändern, der beste ist», sagt Rekordweltmeister Frenzel mit Blick auf neue Wettkampfformate, die die Kombination attraktiver machen sollen. Stattdessen müsse man schauen, «dass andere Nationen mit Fuß fassen und mit auf das Niveau kommen, wo wir sind».
In Trainingscamps wollen deutsche Trainer ihre Kollegen aus weniger erfolgreichen Kombi-Ländern fortbilden. Frenzel fordert aber auch ein Umdenken beim Wettkampfkalender. So sollten in mehr Nationen Wettbewerbe ausgetragen werden, beispielsweise im skisprungbegeisterten Polen oder außerhalb von Europa. Der 33-Jährige ist überzeugt: «Man wird die Nordische Kombination nur dann retten können, wenn man auch in anderen Nationen dieses Engagement für die Sportart weckt.»
Für dieses Jahr stehen die Austragungsorte in Finnland, Norwegen, Österreich, Deutschland, Frankreich und Estland bereits fest. Der große Saisonhöhepunkt, die Nordische Ski-Weltmeisterschaft, findet Ende Februar und Anfang März 2023 im slowenischen Planica statt. Frenzel will dann eine besondere Bestmarke aufstellen und mit dem Gewinn seines 18. Edelmetalls alleiniger WM-Medaillenrekordhalter werden. Derzeit teilt er sich die Rekordmarke von 17 Podestplätzen mit der norwegischen Langlauf-Legende Björn Dählie. Für Frenzel könnte die Karriere also mit einem historischen Erfolg enden. Die Zukunft seiner Sportart wird dann noch nicht geklärt sein.