VfB Stuttgart trennt sich von Sportdirektor Mislintat

Sportdirektor Sven Mislintat ist weg, der Cheftrainer noch nicht gefunden: Inmitten der sportlichen Abstiegsnot ist es mit der einst angestrebten Kontinuität beim VfB Stuttgart endgültig vorbei.

Mit der Trennung von Mislintat steht der schwäbische Fußball-Bundesligist vor einem weitreichenden Neuanfang und sucht neben dem künftigen Chefcoach nun auch einen neuen Sportdirektor. Nach der Hängepartie um Mislintat ebenso wie in der Zukunftsfrage um Interimscoach Michael Wimmer sollen die zentralen Führungspositionen bis zum Trainingsauftakt am 12. Dezember besetzt werden, kündigte der VfB an.

«Eine gemeinsame Entscheidung»

Die Gespräche mit Mislintat hatten sich gezogen, ein Abschied hatte sich allerdings seit Längerem angedeutet. Der noch bis zum  30. Juni 2023 laufende Vertrag wurde nun mit sofortiger Wirkung aufgelöst. «Ein aus Sicht des VfB absolut marktgerechtes Angebot» habe der 50-Jährige, einst bei den glamouröseren Clubs Borussia Dortmund und FC Arsenal angestellt, nicht angenommen. «Die Verhandlungen jetzt zu beenden, ist eine gemeinsame Entscheidung aller Verantwortlichen», sagte der Vorstandsvorsitzende Alexander Wehrle. 

Wehrles Vorgänger Thomas Hitzlsperger hatte Mislintat im Frühjahr 2019 zum VfB gelockt. Mit ihm und dem im Oktober freigestellten Trainer Pellegrino Matarazzo hatte Mislintat einst ein erfolgreiches Trio gebildet. Dass ihm seine weitreichenden Kompetenzen, die ihm Hitzlsperger gestattet hatte, wichtig sind, hatte Mislintat nicht verheimlicht. Der Verantwortungsbereich dürfte nun ein zentraler Faktor dafür gewesen sein, dass sich der gebürtige Dortmunder nach «mehrtägigen» Gesprächen mit dem Vorstand und dem Aufsichtsrat verabschiedet. Nach «Kicker»-Informationen war entscheidend, dass Mislintat auf eine Klausel aus seinem bisherigen Vertrag bestand, dass er das letzte Wort in allen sportlichen Belangen habe.

Keinen gemeinsamen Nenner gefunden

Noch während der Verhandlungen musste sich Mislintat gefallen lassen, dass medial Hannovers Sportdirektor Marcus Mann und Greuther Fürths Geschäftsführer Rachid Azzouzi als potenzielle Nachfolger gehandelt wurden und werden. «Wir haben in unseren Gesprächen keinen gemeinsamen Nenner für eine Fortsetzung meiner Tätigkeit beim VfB gefunden», ließ sich Mislintat zitieren: «Ich bedauere das sehr, weil mir der VfB in den vergangenen Jahren zu einer echten Herzensangelegenheit geworden ist, und ich gerne weiter meinen Teil zu einer positiven Entwicklung dieses großen Vereins beigetragen hätte.»

Das von Mislintat zusammengestellte Team der Schwaben entwickelte sich nach der Rettung vor dem nächsten Abstieg am letzten Spieltag der vergangenen Saison allerdings in den vergangenen Monaten nicht wie erhofft. Seine Transferpolitik wurde zuletzt kritischer betrachtet, als es Mislintat lange beim VfB gewohnt war. Bei vielen Fans erfreute er sich dennoch trotz der schwierigen sportlichen Situation großer Popularität.

Das Verhältnis zu Wehrle galt dagegen als belastet, seitdem der Vorstandsvorsitzende den sportlichen Bereich ohne Rücksprache breiter aufgestellt und die Ex-Weltmeister Sami Khedira und Philipp Lahm als Ratgeber geholt hatte. Der frühere VfB-Kapitän Christian Gentner soll vom 1. Januar 2023 an als Leiter der Lizenzspielerabteilung anfangen.

Trainer und Sportdirektor gesucht 

Wie es nun beim Tabellen-16. weitergeht? Die Ankündigung, in weniger als zwei Wochen einen neuen Trainer und einen Sportdirektor präsentieren zu können, lässt sich auch so deuten, dass sich der Verein schon intensiver mit der Nachfolge-Regelung beschäftigt hat. 

Die Zeit drängt. Matarazzo war bereits vor gut sieben Wochen darüber gestolpert, dass der VfB in dieser Saison so lange wie noch nie auf den ersten Sieg warten musste. Interimstrainer Michael Wimmer hatte vor der WM-Pause für sechs Bundesliga-Spiele übernommen, davon die drei Heimspiele gewonnen und ist nun einer der Kandidaten. Früh gehandelt wurden zudem der vereinslose Jess Thorup und Alfred Schreuder von Ajax Amsterdam. Auch über eine mögliche Rückkehr von Bruno Labbadia wurde beim Pay-TV-Sender Sky zuletzt spekuliert.

Kristina Puck, dpa