Unaufgeregt und routiniert: Frapparts historisches Spiel

Stéphanie Frappart drehte sich noch einmal prüfend zu Manuel Neuer um und lief dann lächelnd auf den Rasen. Der Münzwurf zur Seitenwahl, der Anpfiff um Punkt 22.00 Uhr Ortszeit – die Französin begann ihren historischen Einsatz als erste Schiedsrichterin bei einer Männer-WM unaufgeregt und fokussiert.

Das frühe Tor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft im Entscheidungsspiel in Katar gegen Costa Rica verhalf der 38-Jährigen zunächst zu ruhigen ersten Minuten – dann folgte das Drama.

Die Französin bekam bei der enorm spannenden Gruppenentscheidung viel zu tun, musste diskutieren, ermahnen. Das vierte deutsche Tor kurz vor Schluss wurde lange vom Video-Assistenten geprüft. Es gibt deutlich leichtere Premieren auf einer der größten aller Fußball-Bühnen.

Meilenstein für Schiedsrichterinnen

«Was für ein Meilenstein in der Geschichte für Schiedsrichterinnen», hatte die frühere Bundesliga-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus-Webb (43) wenige Stunden vor dem Spiel der Deutschen Presse-Agentur gesagt. Sie sprach von «weltweiter Aufmerksamkeit für diese Ansetzung».

Zur sehen bekamen die Millionen TV-Zuschauer auch einen auffälligen Fehler von Frapparts Assistentin Karen Diaz Medina. Die Mexikanerin übersah bei einer Rettungstat von Costa Ricas Torwart Keylor Navas, dass der Ball bereits deutlich die Torauslinie überquert hatte. Auswirkungen auf die Partie hatte das nicht. Im Fokus stand ohnehin Frappart.

«Dass die deutsche Mannschaft von der Ansetzung betroffen ist, ist sicher auch kein Zufall, da in Deutschland ja bereits seit Jahren Schiedsrichterinnen zum natürlichen Wochenendbild gehören», sagte Steinhaus-Webb. Sie war 2017 die erste Frau, die ein Bundesligaspiel der Männer geleitet hatte.

Champions-League, Qualifikationspartie, WM-Spiel

Routiniert liefen sich Frappart und ihre Assistentinnen, neben Karen Diaz Medina auch Neuza Back aus Brasilien, vor dem Spielbeginn warm, während im Al-Bait Partymusik aus den Boxen dröhnte. In der französischen Ligue 1 kommt Frappart seit 2019 zum Einsatz, im Dezember 2020 leitete sie als erste Frau ein Champions-League-Spiel der Männer. Es folgte die erste von einer Frau geleitete WM-Qualifikationspartie Anfang 2021.

Neben Frappart sind bei der WM in Katar noch die Japanerin Yoshimi Yamashita und Salima Mukansanga aus Ruanda nominiert, sie kamen bisher aber nicht zum Einsatz. «Ich bin überzeugt, dass die Schiedsrichterinnen überzeugen werden», sagte Steinhaus-Webb. Der ARD-«Sportschau» sagte sie zudem: «Die Kolleginnen stehen natürlich unter großer Beobachtung und großem Druck, weltweit werden sie jetzt beäugt. Sie schlagen nicht nur für sich selbst eine Schneise, sondern für das weibliche Schiedsrichterwesen weltweit.»