Südkorea nach Finale furioso im WM-Achtelfinale

Heung-Min Son und Co. stürmten nach dem Finale furioso ausgelassen zur südkoreanischen Fankurve und warfen sich im Freudentaumel zu Boden. Dann ließen sie sich auf einer langen Ehrenrunde feiern.

Zuvor hatten sie im Mittelkreis noch schier endlose Minuten ausgeharrt und gebannt auf die Handys der Betreuer geschaut, ehe die nächste asiatische Sensation bei der Fußball-WM in Katar perfekt war. Nur einen Tag nach dem japanischen Coup im Herzschlagfinale mit Deutschland hat auch Südkorea in einem ähnlich dramatischen Szenario das WM-Achtelfinale durch ein 2:1 (1:1) gegen den bereits qualifizierten Favoriten Portugal erreicht.

«Ich bin sehr stolz. Ich möchte allen Fans danken und freue mich, dass wir ihnen dieses Geschenk machen konnten», sagte Matchwinner Hee-Chan Hwang. Der einstige Profi des Hamburger SV und RB Leipzig war in den ersten beiden Spielen noch verletzt, nun machte er mit seinem Joker-Tor in der Nachspielzeit (90.+2) den erst dritten Achtelfinal-Einzug seines Landes bei der elften WM-Teilnahme perfekt. «Ich wollte im letzten Spiel unbedingt helfen. Das war der beste Weg, dem Team etwas zurückzugeben», betonte Hwang und der Mainzer Jae-Sung Lee meinte im Überschwang: «Wir wollen jetzt nur noch Spaß haben und das genießen.»

Südkorea träumt von WM-Märchen wie 2002

Keinen Spaß hatte Superstar Cristiano Ronaldo, der nach einer schwachen Vorstellung weiterhin auf den Tor-Rekord von Eusebio warten muss und das Geschehen nach seiner Auswechslung erstaunt von der Bank aus verfolgte. Denn in der Nachspielzeit hatten sich die Ereignisse überschlagen. Nach einem Konter erzielte Hwang nach Vorlage von Son den kaum mehr für möglich gehaltenen Siegtreffer für die Asiaten, dann begann das große Zittern. Denn im Parallelspiel zwischen Uruguay und Ghana (2:0) war noch nicht Schluss.

«Es hing nicht an uns, das war sehr schwierig», schilderte Sergio Costa die bangen Minuten. Der Assistenzcoach hatte seinen Chef Paulo Bento vertreten, nachdem dieser wegen der Roten Karte im Anschluss des Ghana-Spiels gesperrt war. «Wir haben das verdiente Ergebnis. Vielleicht nicht in diesem Spiel, aber wir haben in allen Spielen überzeugt», fügte Costa hinzu.

Und plötzlich wird in Südkorea wieder von einem ähnlichen WM-Märchen wie 2002 geträumt. Damals waren die Taeguk Warriors bei der Heim-WM unter Guus Hiddink bis ins Halbfinale gestürmt, ehe Michael Ballack mit seinem 1:0-Siegtor für Deutschland dem Siegeszug ein Ende gesetzt hatte. «Ich kann das nicht vergleichen. Ich habe die WM 2002 im Fernseher verfolgt. Ich kenne die Mannschaft von 2002 zu wenig. Ich kann nur sagen, dass die heutige Mannschaft sehr gut organisiert ist mit hochveranlagten Spielern. Wir sind sehr stolz auf das Team. Sie haben eine starke Persönlichkeit», betonte Costa.

2002 hatten die Koreaner zum Abschluss der Gruppenphase übrigens auch Portugal besiegt. Es war zugleich das letzte Länderspiel für Paulo Bento im portugiesischen Trikot. Zwischen 2010 und 2014 hatte er anschließend auch sein Heimatland mit mäßigem Erfolg trainiert, ehe er von Fernando Santos abgelöst worden war. «Wir haben eine gute Beziehung. Ich habe ihn umarmt», sagte Santos, der bereits seit zehn Jahren das Team um Ronaldo trainiert.

Ronaldo und Co. verärgert: «Wird uns eine Lehre sein.»

Und Santos war nach der ersten Pleite bei dieser WM darum bemüht, mögliche Missstimmungen rund um Ronaldo auszuräumen. Denn CR7 war nicht gerade bester Laune, als er vom Platz stapfte, blieb er doch wieder ohne Torerfolg. Damit liegt er in der WM-Bilanz weiter einen Treffer hinter seinem legendären Landsmann Eusebio (9). 

Es war ein Abend zum Vergessen. Vor dem Tor gelang dem fünfmaligen Weltfußballer nichts und dann war er auch noch beim ersten Gegentor von Young-Gwon Kim (27.) nicht ganz unbeteiligt. Nach einer Ecke machte der Superstar eine unglückliche Figur, als der Ball von seinem Rücken zu Kim prallte, der schließlich nur noch einschießen musste. Von den südkoreanischen Fans musste sich Ronaldo auch noch «Messi»-Rufe anhören. 

Der Gruppensieg war für Ronaldo und Co. allerdings nicht in Gefahr, wodurch die Portugiesen den vermeintlich leichteren Weg in der K.o.-Phase einschlagen werden. Santos ärgerte die Niederlage trotzdem, zumal sein Team vor 44 097 Zuschauern durch Ricardo Horta bereits in der fünften Minute in Führung gegangen war. «Das wird uns eine Lehre sein.» 

Stefan Tabeling und Miriam Schmidt, dpa