Nach der Wiederwahl als Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes startet Thomas Weikert mit selbst geschaffenen Herausforderungen in die nächste Amtszeit bis 2026.
Bei der DOSB-Mitgliederversammlung in Baden-Baden wurde der 61-jährige Jurist aus dem hessischen Limburg mit 434 von 438 Stimmen gewählt. Als Vizepräsidenten wurden Verena Bentele, Kerstin Holze und Oliver Stegemann bestätigt. Der CDU-Politiker Jens-Peter Nettekoven rückte neu in die Führungscrew.
Weikert hatte im Dezember 2021 bei vorgezogenen Neuwahlen in einer DOSB-Führungskrise um seinen Vorgänger Alfons Hörmann den Chefposten übernommen. Für ihn ist die fast einhellige Wahl ein «klares Zeichen», dass man mit der bisherigen Arbeit zufrieden sei.
Anlauf für mögliche Olympia-Bewerbung
Der frühere Tischtennis-Weltpräsident bekam zudem nicht nur die einhellige Zustimmung der mehr als 400 Delegierten für einen neuen Anlauf für eine Bewerbung um Olympische und Paralympische Spiele. «Wir als Bund begrüßen und unterstützen das ausdrücklich», sagte Juliane Seifert, Staatssekretärin im Bundesinnenministerium (BMI). Sie vertrat die verhinderte Innenministerin Nancy Faeser (SPD).
Mit diesem Beschluss ist der DOSB beauftragt worden, im nächsten Jahr eine qualifizierte Grundsatzentscheidung vorzubereiten, ob es eine Bewerbung geben und wann sowie mit welchen Städten sie in Angriff genommen werden soll. Dazu gehört ein Dialog mit dem Sport, der Politik und vor allem der Gesellschaft. Erst Ende 2023 soll der DOSB-Konvent entscheiden, ob, für welches Jahr, mit welchen Städten und unter welchen Bedingungen sich Deutschland bewirbt. In den vergangenen drei Jahrzehnten waren sechs Olympia-Versuche erfolglos geblieben.
Leistungssportreform steht an
Das zweite Großprojekt seiner nun vierjähriger Amtszeit ist für Weikert eine Leistungssportreform, mit der ein weiteres Absacken primär auf Olympia-Level gestoppt werden soll. Seit 1992 in Barcelona und bis Tokio 2021 ist die Medaillenzahl von 82 auf 37 Edelplaketten gesunken. Nach einem schon zusammen von BMI und DOSB entwickelten Großkonzept soll im nächsten Jahr der Feinschliff erfolgen. Greifen könnte diese Neustrukturierung nach Weikerts Vorstellungen bei den Sommerspielen 2028 in Los Angeles.
«Das sind Weichenstellungen für die Zukunft des Sports», meinte der frühere Tischtennis-Weltpräsident, der aber auch noch viele andere Themen wie die Stärkung und Anerkennung des Breitensports auf seiner Agenda hat. Ein Bewegungsgipfel am 13. Dezember in Berlin mit Ministern von acht Ministerien sowie zahlreichen Interessengruppen soll ein Signal zum Aufbruch geben.
Menschenrechte in DOSB-Satzung verankert
Gelungen ist ihm bereits das Vorhaben, die menschenrechtliche Sorgfaltspflicht in der DOSB-Satzung zu verankern. Ein entsprechender Beschluss wurde in Baden-Baden gefasst. In der Präambel bekennt sich der DOSB nun zur Achtung aller national und international anerkannten Menschenrechte. «Die kontroversen Diskussionen über die Fußball-WM zeigen, wie viel Handlungs- und Haltungsbedarf es noch gibt», mahnte er.
Weikert will nach der Affäre um Vorgänger Hörmann, dem in einem anonymen Brief vorgeworfen wurde, eine «Kultur der Angst» im DOSB geschaffen zu haben, den Wandel in der Dachorganisation vorantreiben. Das Präsidium wird die Arbeit und die Entwicklung des DOSB zu einem modernen und integren Verband fortsetzen», kündigte er an. Dabei müsse man das Rad nicht neu erfinden. Vielmehr müsse man mit kluger, sachlicher und verbindender Verbandsführung den Mitarbeitern bestmögliche Bedingungen bieten, «damit der Verband mit seinen PS noch besser auf die Straße kommt».
Anonyme Briefe, wie sie im vergangenen Jahr bekannt wurden, hätten beim DOSB wieder für Unruhe gesorgt und seien nach seiner Ansicht unredlich. «Wir als Präsidium stehen für eine Kultur, dass etwaige Missstände bei der Ethikkommission, der Ombudsstelle oder beim Betriebsrat angezeigt werden können. Wir stehen dafür, dass alle Anschuldigungen ernst genommen und behandelt werden», sagte er. «Ich sage es aber ganz deutlich: Dass jeder anonyme Brief der letzten Zeit allein das Ziel hatte, Missstände oder Verfehlungen aufzuzeigen, das wage ich sehr zu bezweifeln.»