Zverev vor Comeback: «Das war mental nicht einfach»

Mehr als ein halbes Jahr war Alexander Zverev zum Zuschauen verdammt. Nach seiner schweren Fußverletzung im Halbfinale der French Open gegen Rafael Nadal erlebte der Tennis-Olympiasieger eine nicht immer einfache Zeit.

Doch nun gibt der 25-Jährige sein Comeback. Im Interview der Deutschen Presse-Agentur spricht Zverev über die lange Auszeit, seine Erwartungen und Fußball-Bundestrainer Hansi Flick.

Frage: Herr Zverev, nach einem halben Jahr Pause geben Sie endlich ihr Comeback. Wie geht es Ihnen nach der langen Pause?

Alexander Zverev: Danke, mir geht es gut, dem Fuß auch, das ist das Wichtigste. Ich bin froh, hier zu sein und gegen Spieler auf Topniveau zu spielen. Darum geht es jetzt für mich. Es ist klar, dass ich nach mehr als sechs Monaten Pause noch Zeit brauche. Ich brauche Zeit als Tennisspieler, mein Fuß braucht Zeit. Aber es ist sehr, sehr wichtig, jetzt mit den besten Spielern der Welt hier Matches zu spielen.

«Von Tag zu Tag besser»

Sie sind Anfang November, also vor rund einem Monat, wieder ins Training eingestiegen. Wie bereit fühlen Sie sich und gab es noch einmal Reaktionen im Fuß?

Zverev: Reaktionen im Fuß gibt es immer, das ist ganz normal. Dabei fühle ich, wie es von Tag zu Tag besser wird. Dass ich jetzt hier in der ersten Woche nicht mein bestes Tennis spielen werde, ist völlig klar. Das erwartet auch niemand von mir. Mein Ziel ist es, genug Tennis zu spielen vor Australien, damit ich jeden Tag und jede Woche besser werde.

Sie waren ziemlich genau ein halbes Jahr raus. Was war das Schlimmste in dieser Zeit? Die Ungewissheit?

Zverev: Der Rückschlag kurz vor dem Davis Cup in Hamburg war schlimm für mich: Ich hatte eigentlich gedacht, die eine Verletzung ist auskuriert und verheilt und dann sagt der Arzt, jetzt braucht aber der Knochen noch Zeit. Da dachte ich, Mist, jetzt geht das Ganze wieder von vorne los. Das war keine einfache Situation für mich, weil ich spielen wollte – beim Davis Cup und den Rest der Saison. Aber dann musste ich wieder von vorne anfangen und wieder pausieren. Das war mental nicht einfach. Aber jetzt bin ich wieder auf dem Platz bereit für Matches.

Haben Sie in der langen Pause überhaupt Tennis geschaut?

Zverev: Natürlich habe ich auch ein bisschen Tennis geschaut. Es gibt einfach Matches, die bekommt man überall auf der Welt mit: Das Wimbledon-Finale, das Endspiel der US Open oder die ATP Finals. Ich war ja auch nicht komplett verschwunden, aber jedes Match und jedes Turnier habe ich natürlich auch nicht gesehen. Denn das tat schon weh, dazu fehlt dann einfach die Lust.

Nach dem erneuten Rückschlag sind sie erst einmal auf die Malediven geflogen? Was war der Grund dafür?

Zverev: Nach dem Davis Cup durfte ich ja wieder drei, vier Wochen nichts machen. Und da haben wir gesagt, komm‘, ich habe jetzt über drei Monate im Gym gearbeitet, ich kann jetzt nicht einfach so weitermachen und direkt wieder ins Gym gehen. Als Familie haben wir deshalb entschieden, wir machen Urlaub. Das hat mir richtig gutgetan. Es war noch einmal ein Neuanfang und danach ging es auch wieder in die richtige Richtung.

Showevents in Saudi-Arabien und Dubai

Sie spielen jetzt zwei Showevents in Saudi-Arabien und Dubai. Welche Erwartungen haben Sie an diese beiden Veranstaltungen?

Zverev: Um jetzt komplett zu hundert Prozent zurückzukehren, brauche ich einfach die Matches und die Atmosphäre, mit den besten Spielern zusammen zu sein. Was ich erwarte ist einfach, dass ich von Woche zu Woche besser werde und das Vertrauen in den Fuß zurückgewinne, das ich mal hatte und wieder brauche. Sowas geht nicht erst in Australien. Ich kann nicht einfach zu den Australian Open reisen und erwarten, mein bestes Tennis zu zeigen. Von daher sind diese Turniere schon extrem wichtig gerade.

Auch wenn es noch etwas früh ist. Haben Sie sich schon Ziele gesetzt für das Jahr 2023?

Zverev: An meinen Zielen hat sich nichts geändert. Ich möchte immer noch einer der besten Spieler der Welt sein, ich möchte immer noch die größten Turniere der Welt gewinnen. Aber ich muss auch akzeptieren, nicht sofort wieder bei hundert Prozent zu sein. Klar wird das keine Frage von heute oder morgen sein. Das ist ein Prozess, durch den schon andere Spieler wie Dominic Thiem oder Rafael Nadal gegangen sind. Das akzeptiere ich auch, aber natürlich werde ich alles dafür tun, so schnell wie möglich wieder 100 Prozent zu erreichen.

Sie sind auch großer Fußball-Fan. Wie haben Sie das deutsche Ausscheiden in Katar verfolgt?

Zverev: Ich finde, dass wir 2018 wesentlich schlechter gespielt haben. Ich finde, dass wir eine Mannschaft haben, die auch in Zukunft gut spielen kann. Das erste Spiel gegen Japan ist aus der Hand geraten, aber danach haben wir ein gutes Niveau gespielt. Wenn wir aus der Gruppenphase rausgekommen wären, hätten wir auch ein gutes Turnier gespielt. Aber solche Dinge passieren im Sport, man kann nicht immer alles kontrollieren. Ich bin überzeugt davon, dass die nächsten Jahre gut sein werden für Deutschland. Ich finde Hansi Flick als Trainer sensationell. Er ist als Co-Trainer 2014 Weltmeister geworden, hat mit den Bayern danach alles gewonnen, was man gewinnen konnte. Es wäre ein Riesenfehler gewesen, ihn gehen zu lassen.»

Zur Person: Alexander Zverev (25) ist immer noch Deutschlands bester Tennisspieler – auch wenn er wegen einer Verletzung ein halbes Jahr pausieren musste. Sein größter Erfolg war Olympia-Gold in Tokio. Was ihm noch fehlt, ist ein Grand-Slam-Titel. Doch der soll nach seinem Comeback noch kommen.

Lars Reinefeld, dpa