Die Verbandsnadel mit dem DEB-Logo trug Harold Kreis bereits stolz am Sakko, als der Deutsch-Kanadier in einem Münchner Hotel als neuer Eishockey-Bundestrainer präsentiert wurde.
In der Endphase seiner langen Trainerlaufbahn und im reifen Alter von 64 Jahren erfüllt sich für den ehemaligen deutschen Nationalspieler und einstigen Assistenten von Nationalcoach Uwe Krupp noch ein Herzens-Wunsch.
«Es ist für mich eine Riesenfreude und Ehre, die ich mit sehr viel Ehrgeiz, Respekt und Demut angehen werde», sagte Kreis. Sein ehemaliger Verteidigerkollege und heutiger Vizepräsident des Deutschen Eishockey-Bunds (DEB), Andreas Niederberger (59), verkündete an dem «sehr guten Tag» auf dem Podium umgehend die «nächsten Ziele» für die mit Kreis vereinbarten drei Vertragsjahre. Diese lauten: «Erreichen des Viertelfinals» bei der nächsten Weltmeisterschaft vom 12. bis 28. Mai in Finnland und Lettland sowie die direkte Qualifikation für die Olympischen Winterspiele 2026 in Mailand und Cortina d’Ampezzo.
Ziele «durchaus realistisch»
Kreis vernahm die Vorgaben zwei Plätze neben Niederberger regungslos. «Wir haben die Ziele von Verbandsseite zur Kenntnis genommen», sagte er. Sie seien aber «durchaus realistisch», bemerkte der Trainer-Routinier, hielt sich bei einer konkreten Aussage zu seiner eigenen Zielsetzung aber zurück. Er wolle auf jeden Fall den erfolgreichen Weg der vergangenen Jahre unter Marco Sturm (44) und Toni Söderholm (44) mit seinem künftigen Co-Trainer Alexander Sulzer (38) fortführen. «Die Mannschaft hat sich in den Jahren sehr gut entwickelt», lobte Kreis die jüngeren Vorgänger.
Kapitän Moritz Müller erzählte, dass die Verpflichtung von Kreis und Sulzer in Spielerkreisen sehr gut ankomme. «Es stehen beide für ein großes Maß an Qualität», sagte der langjährige Führungsspieler (36) der Deutschen Presse-Agentur. Auf die Frage, ob er Zweifel habe, dass der erfolgreiche Weg des Nationalteams der Vorgänger Söderholm und Sturm fortgesetzt werden könne, antwortete Müller: «Dafür ist es noch zu früh, das zu sagen. Von der menschlichen Seite mache ich mir keine Sorgen.» Er könne auf jeden Fall sagen, dass es immer schwer gewesen sei, gegen die von Kreis trainierten Mannschaften zu spielen.
Auch wenn er generell als Defensiv-Stratege angesehen wird, will Kreis als Bundestrainer einen «agierenden» und «spielsuchenden» Eishockey-Stil formen. Was er hasst, sei Unpünktlichkeit. Er mag keine Zeitverschwendung. «Ich komme schnell zur Sache», beschrieb er seine durchaus zupackende Art. Als «zielstrebig, geduldig, ausgeglichen» beschrieb er seinen Charakter.
DEB-Sportdirektor Christian Künast (51) berichtete, dass sich das Duo Kreis/Sulzer bei der Nachfolgeregelung für den im November zum SC Bern abgewanderten Finnen Söderholm «sehr schnell als Topkandidaten herausgestellt» habe. Beide versprühten «eine Passion» fürs Eishockey, lobte der ehemalige Torwart.
Im DEB-Outfit wie bei seiner Vorstellung wird man Kreis zunächst aber nicht mehr sehen. Denn bis zum Saisonende bleibt er Chefcoach der Schwenninger Wild Wings in der Deutschen Eishockey Liga. Nur 24 Stunden vor seiner Präsentation in München stand er im Schwarzwald beim Heimsieg des Tabellenneunten gegen Bremerhaven an der Bande. Da waren Kreis und Sulzer, Co-Trainer in Bremerhaven, noch Gegner. Jetzt werden sie zu DEB-Partnern. Sulzer war dafür «sofort Feuer und Flamme».
Aufwendige Doppelfunktion
Kreis weiß, dass ihn in der Doppelfunktion als Vereinscoach und Bundestrainer einiges an «Mehrarbeit» erwartet. Er werde aber erst jetzt intensiven Kontakt zu den Nationalspielern aufnehmen, auch zu den NHL-Profis wie Leon Draisaitl (27) oder Moritz Seider (21). Sportdirektor Künast wird im März – ohne Kreis – eine lange geplante Reise nach Nordamerika antreten, um dort mit den deutschen Topspielern zu sprechen.
«Der Harry kann sich aber auch sofort bei ihnen melden. Dafür braucht er nicht mein Go», bemerkte Ex-Torwart Künast lächelnd. Richtig los als Nationaltrainer geht es für Kreis aber erst nach dem letzten Spiel mit Schwenningen, wie er selbst betonte. Anfang April beginnt die WM-Vorbereitung – dann läuft in der DEL gerade das Playoff-Halbfinale.