Nach Dolls Strafrunde: Biathleten zum WM-Auftakt Sechster

Fernab der feiernden norwegischen Mixed-Staffel verschwand der völlig frustrierte Benedikt Doll auf seinen Ski zum Auslaufen und wollte nur noch alleine sein.

Eine Strafrunde des 32 Jahre alten Routiniers im Liegendschießen kostete das deutsche Quartett zum Auftakt der Biathlon-WM in Oberhof die ersehnte erste Medaille. Nur Platz sechs gab es beim stimmungsvollen Heimspiel am Rennsteig für Vanessa Voigt, Denise Herrmann-Wick, Doll und Roman Rees.

«Ärgert mich schon sehr»

«Es ärgert mich schon sehr. Es war nicht dem Wind geschuldet, sondern mein Schießen war einfach vogelwild. Das Schießen war einfach eine Katastrophe, dann habe ich noch gezittert. Dafür trainiert man eigentlich nicht 20 Jahre Biathlon», sagte der enttäuschte Doll im ZDF: «Mir tut es leid für die Teammitglieder. Das ist sehr, sehr ärgerlich.»  

Insgesamt neun Nachlader und eine Extrarunde waren beim überlegenen Sieg von Titelverteidiger und Olympiasieger Norwegen zu viel. Die Favoriten schossen zwar genauso schlecht wie die Deutschen, hatten aber am Ende auch dank Superstar Johannes Thingnes Bö 1:26,5 Minuten Vorsprung. Der Weltcup-Dominator hat mit dem Auftaktgold die Chance, als Erster im Biathlon-Sport überhaupt den Golden Slam mit Titeln in allen Rennen zu schaffen. Italien wurde Zweiter, zum Dritten Frankreich fehlte dem DSV-Quartett rund eine halbe Minute.

Die TV-Interviews ließ der «Capitano» des deutschen Männer-Teams noch über sich ergehen, zu mehr fehlten ihm dann wohl die Worte, zu groß war die Enttäuschung. Schon nach seinem Rennen hatte Doll alleine in der Wechselzone gesessen, die Hände vors Gesicht geschlagen und wollte am liebsten mit niemandem sprechen.

Zuspruch von Herrmann-Wick

«Es ist uns allen schon passiert. Es ist die größte Schmach für einen selber, aber man kann sich da gut reinversetzen, mir ist das auch schon passiert», sagte die stark laufende Herrmann-Wick und nahm Doll in Schutz: «Wir gewinnen gemeinsam, wir verlieren gemeinsam. Wir halten als Team zusammen.»

Sportdirektor Felix Bitterling vom Deutschen Skiverband räumte ein: «Man muss anerkennen, dass wir nicht gut genug fürs Podium waren. Man muss die Athleten wieder aufbauen. Ich denke aber nicht, dass die Stimmung wahnsinnig schlecht wird.» Das sah Schlussläufer Rees nach der ersten von zwölf Entscheidungen in Oberhof ähnlich. «Es ist natürlich bitter, wenn das passiert, aber die WM geht ja erst los.»

Deutschland wartet nun allerdings bereits seit 2019 auf eine WM-Medaille mit der Mixed-Staffel. Im schwedischen Östersund hatte es vor vier Jahren Silber gegeben. Den bislang letzten Titel gewann die Mannschaft 2017 in Hochfilzen. «Unser Ziel ist, in den nächsten Tagen anzugreifen», sagte Bitterling, der resümieren musste: «Heute ist es von A bis Z nicht gelaufen.»

Startläuferin Voigt übergab in ihrem Wohnort nach einem durchwachsenen Auftritt als Elfte mit 1:00,7 Minuten Rückstand hinter den führenden Französinnen an Herrmann-Wick. Im vergangenen Jahr bei den Olympischen Winterspielen in Peking hatte sich die 25-Jährige in diesem Wettbewerb noch zwei Strafrunden geleistet, damals reichte es für das Team nur zum unbefriedigenden Rang fünf.

Starker Herrmann-Wick-Auftritt

Genau ein Jahr und einen Tag nach ihrem Olympiasieg im Einzel ging Herrmann-Wick bei ohrenbetäubendem Lärm und traumhaftem Winterwetter in der bestens gefüllten Rennsteig Arena angriffslustig in die Loipe. Bei der ersten WM der Skijäger in Deutschland seit elf Jahren zeigte die 34-Jährige einen ganz starken Auftritt und brachte das deutsche Team auf Rang drei nach vorne.

Bevor sie am Freitag im Sprint in den Kampf um Gold eingreifen will, ging nur der letzte Schuss daneben. «Ich bin mit einem guten Selbstbewusstsein hergekommen. Es ist schön zu sehen, dass der Weg so weitergeht», sagte Herrmann-Wick, die im Weltcup bisher für die einzigen beiden deutschen Siege gesorgt hatte.

Doch Doll versagten dann bei eigentlich perfekten Bedingungen die Nerven und er musste in die Strafrunde. Deutschland fiel mit mehr als einer Minute Rückstand wieder auf Position acht zurück. Auch Rees konnte dann nichts mehr nach vorne ausrichten. 

Von Thomas Wolfer und Sandra Degenhardt, dpa