Xabi Alonso herzte nacheinander seine Spieler, dann winkte er noch einmal Richtung Tribüne und verschwand in die Kabine.
Die Bühne überließ der Trainer von Bayer Leverkusen seinen Spielern, die nach dem hart erkämpften, aber standesgemäßen 2:0 im Achtelfinal-Hinspiel der Europa League gegen Ferencváros Budapest am Donnerstag von ihren Fans im Regen gefeiert wurden, als sei das Viertelfinale schon erreicht. Kerem Demirbay mit einem frühen (10.) und Edmond Tapsoba mit einem späten Tor (86.) trafen für Bayer.
Alonso schielt nach Frankfurt: «Wir glauben an uns»
Dennoch dürfte das Rückspiel nochmal eine heiße Partie werden. Der 33-malige ungarische Meister zieht extra in die fast 70.000 Zuschauer fassende Puskas-Arena um, in der am 31. Mai auch das Endspiel stattfindet. Über 50.000 Tickets sind bereits verkauft.
«Auf dem Platz hatte ich das Gefühl, dass wir das Spiel sehr gut kontrollieren. Wir hatten in der zweiten Halbzeit kurz einen Durchhänger. Im Großen und Ganzen haben wir ein sehr gutes Spiel gemacht, sehr erwachsen und sehr konzentriert. Wir sind zufrieden, müssen aber weitermachen», sagte Bayer-Profi Nadiem Amiri und fügte mit Blick auf den Wettbewerb hinzu: «Wir spielen hier nicht einfach nur mit, um zu gucken, wie weit es geht. Wir haben eine gute Mannschaft, sehr viel Potenzial. Frankfurt hat es auch geschafft. Wir glauben an uns.»
Leverkusen tonangebend
Bei Ferencváros hatte Leverkusen schon im Vorjahr in deren eigentlichen Heimstadion mit 0:1 verloren. Damals war Budapest vom langjährigen Bundesliga-Trainer Peter Stöger trainiert worden. Inzwischen ist Stanislaw Tschertschessow, früherer Bundesliga-Torwart von Dynamo Dresden und langjähriger Nationaltrainer Russlands, Coach der Ungarn. Zuletzt stand Bayer, das 1988 den UEFA-Cup gewann und 2002 im Champions-League-Finale stand, 2020 in der Europa League unter den besten Acht. Inter Mailand war damals Endstation.
Für die Ungarn war schon das Hinspiel ein ganz besonderes. Erstmals seit 19 Jahren hatte ein ungarischer Club im Europacup überwintert, damals war es Debrecen. Nicht nur ungewöhnlich viele Journalisten begleiteten den ungarischen Meister, sondern auch über 2000 Fans. Und die waren phasenweise so lautstark, dass die Leverkusener Anhänger sich Mühe geben mussten, dagegen anzusingen.
Auf dem Platz gab aber zunächst Bayer den Ton an. Dass Demirbay das frühe Führungstor mit einem schönen Rechtsschuss aus 18 Metern erzielte, konnte man mit dem Attribut «ausgerechnet» versehen. Denn der Ex-Nationalspieler ist unter Alonso kaum gefragt. Und bei der Aufstellung mit ihm und Amiri als Doppel-Sechs hatte so manchen Bayer-Fan eine unschöne Erinnerung ereilt: Ein einziges Mal hatten die beiden Ex-Hoffenheimer zuvor vor der Abwehr zusammengespielt, dabei hatte es im Oktober 2021 ein 1:5 zu Hause gegen den FC Bayern gegeben. Allerdings waren in Robert Andrich und dem argentinischen Weltmeister Exequiel Palacios beide Stamm-Sechser gesperrt, Charles Aranguiz ist zudem verletzt. Am Donnerstag machten sie ihre Sache zumindest ordentlich.
Ferencváros setzt Nadelstiche – Bayer macht den Sack zu
Die Ungarn tauchten erst in der 26. Minute vor dem Leverkusener Tor auf. Das aber sehr gefährlich. Kristoffer Zachariassen lupfte den Ball aus sieben Metern über den herausstürmenden Bayer-Keeper Lukas Hradecky – aber an die Latte. Dieses Ausrufezeichen gab Budapest Rückenwind, bis zur Pause hielt der überlegene Tabellenführer der ungarischen Liga das Spiel offen.
Und auch danach agierten beide Teams weitgehend auf Augenhöhe, ehe kurz vor Schluss Bayer doch noch das so wichtige zweite Tor gelang. Der eingewechselte Adam Hlouzek setzte zunächst einen Freistoß aus 25 Metern an die Latte, den Abpraller köpfte Tapsoba ins Tor.