Neapel-Ärger: Frankfurt verzichtet auf Auswärtskontingent

Vor dem brisanten Champions-League-Spiel von Eintracht Frankfurt beim italienischen Topclub SSC Neapel ist der Streit um eine Zulassung von Gäste-Fans eskaliert – mit einer überraschenden Reaktion des Fußball-Bundesligisten. Der Club werde «auf das Auswärtskontingent vollständig verzichten, sollte sich an der Verfügungslage nicht wider Erwarten noch kurzfristig etwas ändern», kündigte Vorstandsmitglied Philipp Reschke in einer Mitteilung des Vereins an.

Vorangegangen war eine erneute Wende in der Ticket-Posse. Nur einen Tag nach der Aufhebung des Fan-Ausschlusses sprach die Präfektur Neapel ein erneutes Verkaufsverbot für einen Teil der Anhänger der Hessen vor dem Achtelfinal-Rückspiel am Mittwoch (21.00 Uhr/DAZN) aus. Die neue Verfügung richtet sich gegen alle Einwohner der Stadt Frankfurt. Damit wollen die Behörden weiter verhindern, dass Fans des Fußball-Bundesligisten zu der Partie gegen den Serie-A-Spitzenreiter nach Neapel reisen.

«Der neue Erlass ist in Inhalt und Begründung nicht minder rechtswidrig und zudem auch völlig untauglich, weil zwei Drittel unserer Fans bekanntermaßen aus der Rhein-Main-Region und nicht aus Frankfurt kommen», kommentierte Reschke die Verfügung und fügte hinzu: «Es gäbe womöglich unzählige Wege, diesen Erlass faktisch zu umgehen und Teile unserer Fans in Stadion zu bringen. Aber erstens werden wir uns nicht in Postleitzahlengebiete aufspalten lassen. Und zweitens möchten wir niemanden vor Ort der offensichtlichen Gefahr behördlicher Willkür aussetzen, wie wir sie jetzt seit dem Hinspiel in beispielloser Form mit allen Verantwortlichen in Neapel erleben.»

Eilantrag zunächst stattgegeben

Zuvor hatte das zuständige Verwaltungsgericht der Region Kampanien einem Eilantrag der Hessen auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen das von der Präfektur Neapel erlassene Verbot stattgegeben, Eintrittskarten an Menschen mit Wohnsitz in Deutschland zu verkaufen. Das Gericht hatte seine Entscheidung unter anderem damit begründet, dass der generelle Ausschluss aller Fans aus Deutschland unverhältnismäßig sei. Darauf reagierte der Präfekt Claudio Palomba mit einer neuen Verfügung, die sich nur noch explizit gegen Fans mit Wohnort Frankfurt richtet.

Die Stadt wolle damit «Risiken für den Schutz der Ordnung und der öffentlichen Sicherheit» vermeiden, die möglicherweise bei der Anreise von Fans der Frankfurter nach Süditalien drohen könnten. Die Präfektur verwies zur Begründung auf Vorfälle rund um das Hinspiel. Am Rande des 0:2 der Eintracht war es in Frankfurt zu tätlichen Angriffen auf italienische Fans gekommen. Neun Personen wurden kurzzeitig in Gewahrsam genommen. 

Nachdem einer einstweiligen Verfügung des Europa-League-Siegers aus Frankfurt am Samstag stattgegeben wurde, hatten Vereinsverantwortliche noch jubiliert. «Das ist natürlich eine große und auch für unsere italienischen Anwälte unerwartete Genugtuung, ein Meilenstein», hatte Reschke die überraschende Wende in dem beispiellosen Fall kommentiert.

Neapel «zutiefst besorgt über die Entscheidung»

Ganz anders war die Stimmungslage bei der SSC Neapel nach dem Eilspruch des Gerichts. Man sei «zutiefst besorgt über die Entscheidung, den deutschen Fans Zugang zum Spiel zu gewähren», teilte der Verein mit und begründete seine Besorgnis mit «der konkreten Möglichkeit, dass es zu Ausschreitungen kommen könnte, wie der Analyseausschuss für Sportveranstaltungen des Innenministeriums feststellte». Das Verwaltungsgericht müsse «die Verantwortung für mögliche Vorfälle übernehmen», hieß es in der Mitteilung.

«Es ist natürlich unser Wunsch, dass unsere Fans nach Neapel reisen dürfen. Das ist immer eine unfassbare Unterstützung. Deshalb freut uns erst einmal dieser Entscheid. Das ist eine schöne Sache», hatte Frankfurts Sportvorstand Markus Krösche am Samstag nach dem mageren 1:1 (0:0) der Hessen bei der Generalprobe im Bundesliga-Heimspiel gegen den VfB Stuttgart über die Entscheidung des Gerichts gesagt. «Aber wir müssen die nächsten Tage abwarten.» Schon am Sonntagabend gab es einen neuen Sachstand.

Von Eric Dobias, dpa