Es war schon dunkel und die Fahrer hatten den Formel-1-Kurs in Spielberg längst verlassen, als fünf Stunden nach Rennende endlich das Ergebnis feststand. Weil rund 1200 Fälle mit dem Vorwurf des unerlaubten Verlassens der Strecke überprüft werden mussten, kam es im Nachgang des Grand Prix von Österreich am Sonntagabend zu einem Strafen-Chaos.
Acht Fahrer wurden nachträglich mit teilweise empfindlichen Sanktionen belegt, weil sie mehrfach nicht regelkonform innerhalb der weißen Fahrbahnmarkierungen geblieben waren. Einen solchen Fall gab es in der Motorsport-Königsklasse noch nie.
«Mehrmaliges Verlassen der Strecke ohne triftigen Grund»
Der Rennstall von Aston Martin hatte gegen das Rennergebnis Protest eingelegt. Der Vorwurf: Während des Laufes wurden nicht alle Vergehen geahndet. Dies war tatsächlich so und wurde nachgeholt. Erst gegen 21.45 Uhr wurde das finale Klassement veröffentlicht. Rekordweltmeister Lewis Hamilton von Mercedes, Carlos Sainz von Ferrari und Pierre Gasly von Alpine wurden durch ihre Strafen nach hinten versetzt und verloren WM-Punkte. «Mehrmaliges Verlassen der Strecke ohne triftigen Grund» hieß die offizielle Begründung. Schon während des Rennens wurden acht Strafen ausgesprochen, zudem wurden 96 Rundenzeiten gestrichen.
Durch die Masse an Strafen veränderte sich das Rennergebnis vom Sonntagnachmittag zwar noch, allerdings waren die Podestplätze davon nicht betroffen und Weltmeister Max Verstappen blieb der Sieger des Laufes. Zweiter in der Steiermark wurde Ferrari-Star Charles Leclerc vor Sergio Perez im zweiten Red Bull.
Die empfindlichste Sanktion erhielt der Franzose Esteban Ocon vom Alpine-Team, der mit vier Strafen belegt wurde. Insgesamt wurden auf seine Rennzeit 30 Sekunden aufaddiert. Außerdem wurden Verstöße von Nyck de Vries (Alpha Tauri/15 Sekunden), Lewis Hamilton (10), Pierre Gasly (10), Carlos Sainz (10), Logan Sargeant (Williams/10), Alexander Albon (Williams/10) und Yuki Tsunoda (Alpha Tauri/5) geahndet.
«Wir sahen wie Deppen aus, wie Amateure»
Ein Sprecher des Motorsport-Weltverbands Fia erklärte, dass eine «beispiellose Situation entstanden» sei und durch potenziell viele Regelbrüche nicht alle möglichen Verstöße noch während des Rennens überprüft werden konnten. Dazu hätten die Besonderheiten der Streckenführung und die Neigung vieler Fahrer, wiederholt außerhalb der weißen Linien zu fahren, beigetragen. Das gesamte Wochenende hatte es in Spielberg große Probleme gegeben, weil die Fahrer ihre Autos nicht innerhalb der weißen Linie halten konnten.
Weltmeister Max Verstappen hatte schon nach der Qualifikation gesagt, dass es in Spielberg schwerer als auf jedem anderen Kurs sei, die Pistengrenzen einzuhalten. «Am Ende einer Runde werden die Reifen zu heiß, dein Auto rutscht mehr, und dann reicht eine kleine Welle oder eine Kompression, um dich neben die Ideallinie zu drücken», sagte Verstappen: «Wir sahen wie Deppen aus, wie Amateure – unglaublich!»
Eine Wiederholung solch einer unwürdigen Situation soll unbedingt verhindert werden. Deswegen wurde den Streckenbetreibern empfohlen, den Kurs zu erneuern und am Ausgang der betroffenen Kurven neun und zehn ein Kiesbett zu installieren. Dann würden die Fahrer wohl automatisch langsamer fahren, da sie es nicht mehr riskieren würden, sich im Kies festzufahren.