Wie die Formel 1 Fans und Geldgeber lockt

Brad Pitt gibt Gas im goldglänzenden Rennwagen, Schauspiel-Kollege Ryan Reynolds investiert sogar in einen Rennstall. Doch nicht nur Hollywood wird vom anhaltenden Boom der Formel 1 angezogen.

«Anscheinend überall auf der Welt findet man die Formel 1 sehr interessant», sagte der ehemalige Formel-1-Pilot Timo Glock der Deutschen Presse-Agentur, nicht ohne Bedauern anzufügen: «Es ist dramatisch zu sehen, dass wir in Deutschland nicht davon profitieren können.» Im Rennkalender für 2024 taucht Deutschland erneut nicht auf.

Der Formel 1 geht es auch so bestens. Die Dreharbeiten für einen teuren Hollywood-Streifen mit Brad Pitt vor dem Rennen in Silverstone am Wochenende sind dafür nur einer von vielen Beweisen. Die Rennserie hat es seit der Übernahme durch das US-Unternehmen Liberty Media geschafft, sich den Bedürfnissen potenzieller Fans (besser) anzupassen. Der Wandel sei derzeit beeindruckend schnell, sagte jüngst Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali: «Dinge, die vor einem Jahr unmöglich erschienen, gelingen heute im Handumdrehen.»

Das Interesse von Investoren

Mit umgerechnet rund 826 Millionen Euro gab jüngst Alpine Racing seinen Wert an. Der französische Rennstall ist derzeit nur im Mittelfeld der Formel 1. Von einem WM-Titel ist Alpine weit entfernt. Der kanadische Schauspieler Reynolds und dessen Kollege Rob McElhenney stecken dennoch Geld in das Team. Zusammen mit anderen Investoren kauften sie sich für 200 Millionen Euro ein.

«Bekanntermaßen einst ein Sport, in dem in wenigen Jahren Vermögen verschleudert wurden, oft mit wenig oder keiner Gegenleistung, sieht es so aus, dass die Zahlen in der Formel 1 sich addieren», schrieb der britische «Guardian» daraufhin. Und Domenicali erinnert sich: «Es gab in der Vergangenheit Teams, die wurden für ein Pfund verkauft, jetzt bietet der Markt fast Milliarden an und sie (Teams) lehnen es ab. Je mehr alles wächst, umso stärker wird das Geschäfts-Fundament, auf dem wir arbeiten.»

Die Sportbusiness-Plattform Spobis zitierte jüngst eine Analyse, wonach etwa eine Übernahme des Ferrari-Teams umgerechnet 2,85 Milliarden Euro kosten würde. Das entspreche einer Wertsteigerung von rund 130 Prozent seit 2018.

Und allein im ersten Quartal dieses Jahres konnte die Formel 1 die Gesamteinnahmen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nochmal steigern. Von rund 326,6 Millionen Euro vom 1. Januar bis zum 31. März 2022 wuchsen die Einnahmen für denselben Zeitraum in diesem Jahr um 21 Millionen US-Dollar auf rund 345,6 Millionen Euro.

Die Formel 1 sei nie in einer stärkeren Position gewesen, sagte Red Bulls Teamchef Christian Horner vor ein paar Wochen schon in Miami. «Wir erleben neue Märkte, neues Wachstum, neue Fans und eine neue Zielgruppe von Fans.» Laut dem Präsidenten des Internationalen Automobilverbandes haben aktuell mehr als fünf Teams ihr Interesse an einem Einstieg bei der Fia hinterlegt, wenngleich Mohammed Ben Sulayem in einem Interview der Nachrichtenagentur AP auch einräumte, dass nicht alle davon seriös seien.

Der neue Formel-1-Kurs: Erfahrbar statt unnahbar

Für Glock liegt einer der Gründe für den Boom der Rennserie auch darin, dass die Fans mehr Einblicke als früher haben. Lange Zeit galt die Formel 1 als unnahbar. «Hinter die Kulissen schauen zu lassen, hat sehr viel Positives gebracht für den Sport», sagte Glock mit Blick auf die Netflix-Serie «Drive to survive». Er wünscht sich allerdings, dass die TV-Sender das auch dementsprechend dürften, um einfach mehr zeigen zu können. Der ehemalige Formel-1-Pilot kennt beide Seiten, der 41-Jährige ist auch als TV-Experte für Sky im Einsatz.

Längst sind die Fahrerlager nicht mehr nur einem hochexklusiven Kreis vorbehalten, nicht selten herrscht Hochbetrieb. Diesmal in Silverstone erst recht, wo die Dreharbeiten zum geplanten Hollywood-Film mit Brad Pitt begonnen haben. Sie wollen unauffällig bleiben, tragen graue T-Shirts mit dem kleinen schwarzen Logo APXGP. Der Name eines fiktiven Rennstalls, der in Silverstone auch eine eigene Box bezogen hat.

Den Wagen frisierte Mercedes optisch, ein bisschen sieht das Formel-2-Modell aus wie ein vergoldeter Silberpfeil. Und es passt zur aktuellen Formel 1, derzeit sieht eben alles nach einer goldglänzenden Zukunft aus.

Von Jens Marx, dpa