«Das ist verrückt»: Verstappen dominiert auch in Silverstone

Nach der kurzen Triumphpose auf seinem Sieger-Auto tätschelte Max Verstappen seinem besten Fahrerlager-Kumpel Lando Norris gönnerhaft den Helm.

Die große Triumph-Party des Briten-Duos mit Norris und Rekordweltmeister Lewis Hamilton beim Heimrennen in Silverstone verhinderte der unbarmherzig überlegene Verstappen mit einer weiteren Machtdemonstration. 

Der zweimalige Formel-1-Weltmeister ließ sich auch von einem schwachen Start nicht beirren und fuhr beim Großen Preis von Großbritannien den sechsten Triumph nacheinander und den insgesamt achten Saisonsieg ein. «Das war nicht schlecht», funkte er an die Box. «Ein Mega-Tag für das Team», gratulierte Teamchef Christian Horner – es war auch noch der elfte Sieg von Red Bull saisonübergreifend nacheinander. «Das ist verrückt», betonte Verstappen. 

Lokalmatador Hamilton Dritter

Der 25 Jahre alte Niederländer verwies Norris im McLaren und Hamilton im Mercedes auf den zweiten und dritten Platz. Doch trübte das deren Freude nicht mal. «Es ist fantastisch», sagte Norris, der mit lauten «Lando, Lando»-Rufen gefeiert wurde. Und so wie Hamilton ist, wusste er umgehend, bei wem er sich nach einer starken Vorstellung von Startplatz sieben aus auch bedanken musste: «Ich habe es nicht geschafft, das war das Publikum, ich habe die Energie gespürt», sagte er. Es sei eine Ehre für ihn, vor ihnen zu fahren. 

Im Klassement baute Verstappen derweil seinen Vorsprung auf dem Weg zum Titel-Hattrick auf bereits unfassbare 99 Punkte aus auf seinen weiter schwächelnden Teamkollegen Sergio Pérez. Der Mexikaner wurde nur Sechster.

480.000 Zuschauer kamen nach offiziellen Angaben an den Grand-Prix-Tagen und diesmal war nicht die sogenannte Orange Army – Verstappens Fans – in der Überzahl. Zu den befürchteten Verzögerungen durch Protestaktionen von Klima-Aktivisten wie vor einem Jahr kam es zunächst auch nicht. Die zuständige Polizei hatte das Personal noch mal erhöht. 

Die Formel-1-Zuschauer bekamen nach einer packenden Qualifikation am Samstag, als Verstappen Norris die Pole Position in letzter Sekunden entrissen hatte, den spektakulären Gegenschlag ihres britischen Fahrers gleich zu Rennbeginn geboten. Im Kumpel-Duell zog Norris innen an Verstappen vorbei. 

«Sobald du den Helm aufziehst, vergisst du alles andere», hatte Norris mit Blick auf den Zweikampf zu Beginn betont. Der Jubel der Fans war gefühlt bis ins etwa 110 Kilometer entfernte London zu hören. Auch Brad Pitt, der sich wie Schauspiel-Kollege Damson Idris für die Dreharbeiten zu einem Formel-1-Hollywood-Film bei der britischen Nationalhymne mit aufgereiht hatte, bekam die Gänsehaut-Atmosphäre live mit. 

Filmreife Verfolgung

Immerhin konnte Verstappen die Attacke von Norris‘ Teamkollegen Oscar Piastri abwehren und machte sich filmreif auf die Verfolgung von Norris, seinem nach eigener Aussage «besten Freund» im Fahrerlager. Und lange dauerte es nicht, bis der Verstappen sich den aufmüpfigen Rivalen schnappte. In der fünften Runde zog der zweimalige Weltmeister vorbei und hatte so seinen schwachen Start nach der fünften Pole in Serie wieder wettgemacht. Nach 14 von 52 Runden lag er schon drei Sekunden vor Norris und knapp fünf vor Piastri. 

Von einer Safety-Phase nach einem Defekt am Haas von Kevin Magnussen profitierten andere mehr, wie zum Beispiel Hamilton, der auf Rang drei lag, als das Rennen wieder freigegeben wurde. Und der siebenmalige Champion hatte die weicheren Reifen drauf. «Na, wunderbar», kommentierte Norris, der sich um seine Chancen im direkten Duell sorgte, sich letztlich aber behaupten konnte, während für Ferrari wieder mal nichts zu holen war. 

Carlos Sainz, der Vorjahressieger, schaffte es nur auf Platz zehn, Teamkollege Charles Leclerc landete gerade mal einen Rang weiter vorn. Auch für Fernando Alonso, dessen Team Aston Martin seinen beeindruckenden Hauptsitz praktisch neben der Strecke hat, lief es nicht so gut. Der WM-Dritte aus Spanien wurde Siebter. Der einzige deutsche Stammpilot, Nico Hülkenberg, schleppte sich im Haas als 13. ins Ziel. 

Da konnte sich Verstappen schon längst wieder feiern lassen. Er kontrollierte auch dieses Rennen, in der Safety-Car-Phase ließ er wie auch Norris fix die Reifen wechseln. Alles unaufgeregt, alles kontrolliert. Beim Re-Start verteidigte er einmal mehr seine Führung.

Er machte auch diesen Sieg zur sportlichen Alleinunterhaltung nach seinem Konter gegen Norris. Acht seiner mittlerweile 43 Rennerfolge fuhr er allein in dieser Saison ein, zweimal hatte er sich Pérez geschlagen geben müssen. Einen anderen Sieger als Red Bull gab es 2023 noch nicht. Verstappens dritter WM-Titel in Serie wird immer mehr zur reinen Formsache in diesem Jahr.

Bereits in zwei Wochen kann er in Ungarn und eine Woche später bei seinem Beinahe-Heimspiel die Verfolger noch weiter distanzieren, ehe er sich nach der Sommerpause gleich mal mit seinem Voll-Heimspiel in Zandvoort auf den Rest der Saison einstimmen kann.  

Von Jens Marx und Thomas Wolfer, dpa