Wie Ex-DFL-Boss Seifert kleine Sportarten groß machen will

Für sein neues Sport-TV-Projekt tingelt Christian Seifert sogar über die Dörfer.

Der Medien-Manager hat einst die Milliarden für die Fußball-Bundesliga reingeholt – und jetzt erklärt Seifert bei Bedarf kleinen Handball- oder Hockey-Clubs vor Ort, wie er sie groß herausbringen will. Dyn heißt das Projekt des früheren DFL-Chefs, das kurz vor dem Start steht und ab Mitte August Sportarten jenseits des Fußballs via Internet zeigt.

Seifert ist ein hervorragender Verkäufer und Erklärer. Wo der frühere Chef der Deutschen Fußball Liga (DFL) auftritt und seine Ideen präsentiert, scharen sich die Menschen um ihn. Sie hören gerne zu, wenn er etwa sagt: «Wir starten keine Plattform, wir starten eine Bewegung.»

Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe

Das Medienunternehmen Axel Springer SE hat er dazu bewegen können, Geld dafür auszugeben. «Wir planen potenziell mit Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe», hatte der Springer-Vorstandsvorsitzende Mathias Döpfner der Deutschen Presse-Agentur im Februar vergangenen Jahres gesagt, als das Projekt unter dem Namen S Nation Media startete. Das Medien-Start-up soll laut Döpfner «Sportarten in eine neue Dimension entwickeln».

Mehrere Ligen-Manager konnten Seifert mit dieser Idee überzeugen. Der Gründer und Gesellschafter schloss seitdem diverse Medienverträge ab, darunter mit den Bundesligen für Handball, Basketball, Volleyball, Tischtennis und Hockey. In weniger als einem Monat startet der Bezahl-Anbieter, die erste Übertragung auf Dyn ist am 23. August der Handball-Supercup.

Kann das klappen? «Ich will nicht der Nächste sein, der Geld mit Ligen verbrennt», sagt Seifert. Das lässt sich als Verweis auf Pay-Anbieter verstehen, denen Seifert in seiner Funktion als DFL-Boss einst Milliarden für die Bundesliga-Rechte abgerungen hat.

Branche skeptisch

Und jetzt soll es gelingen, mit Randsportarten wie Tischtennis oder Hockey im TV Geld zu verdienen? Die Branche ist skeptisch und äußert sich dazu lieber nicht öffentlich. Es klingt aber größter Respekt für den 54-Jährigen durch, wenn inoffiziell mehrere Medien-Manager sinngemäß sagen: «Wenn das einer schafft, dann Christian Seifert.»

Der Abstand zwischen der beliebtesten Sportart, also Fußball, und der Nummer zwei oder drei sei nirgends «so groß wie in Deutschland», erklärt Seifert: «Das muss nicht so bleiben, das kann man ändern.» Mit einem weiteren Verweis auf seinen früheren Job bei der DFL sagt er: «Nachdem ich den Großen größer gemacht habe», sei die Beschäftigung mit den vermeintlich Kleinen, «besonders reizvoll».

Ein wesentlicher Ansatz von Seifert ist es, nicht nur rund 2000 Partien live bei auf einer Pay-Plattform abzuspielen, sondern zwischen den Spieltagen präsent und kostenfrei zu sein. Dafür produziert sein Unternehmen bewegte Bilder, die andere Medien oder die Clubs selber ohne Gebühr über verschiedene digitale Wege ausspielen sollen. Zudem gibt es Vereinbarungen mit ARD, ZDF und Springers Fernsehsender Bild über Free-TV-Übertagungen.

Junge Menschen im Fokus

Vor allem junge Menschen hat Dyn im Blick, wenn ein Schwerpunkt auf der Verbreitung von Clips in sozialen Medien liegt. «Wenn sie eine Zukunft haben wollen, müssen sie die Schulhöfe gewinnen», lautet einer von Seiferts Leitsätzen. «Es muss gelingen, die Sportarten in die Mitte der Gesellschaft zu bringen.»

Nicht alle konnte Seifert überzeugen. Die Deutsche Eishockey Liga etwa widerstand dem Werben des Dyn-Chefs und verlängerte im Vorjahr den TV-Vertrag mit der Telekom. «Keine Frage, wir hätten uns gefreut, auch die DEL auf der Plattform zu haben», sagte der von Springer gekommene Dyn-Manager Marcel Wontorra nach dem Rückschlag beim Rechteeinkauf.

So dürfte es noch schwieriger werden, die ambitionierten Ziele zu erreichen. 700.000 potenzielle Kunden hat Dyn nach dpa-Informationen durch Marktforschung ermittelt und die Gewinnschwelle bei 500.000 errechnet. Das neue Sport-TV-Unternehmen kalkuliert dafür mit einem Jahres-Abo für 12,50 Euro pro Monat und einem 14,50-Euro-Modell bei monatlicher Kündigungsmöglichkeit. Auch beim Preis hat Seifert einen kleinen Seitenhieb für die Konkurrenz – wie den zuletzt immer teurer gewordenen Streamingdienst DAZN – parat, wenn er sagt: «Das ist kein Einführungsangebot – und wir sagen in einem Jahr: „Ätsch“.»

Michael Rossmann, dpa